Das Bundesjustizministerium (BMJ) hat eine Umfrage bei Justizbehörden, Verbraucherverbänden und Versicherern ausgewertet. Es ging um den Verdacht, dass Versicherer (auch Rechtsschutz) Leistungen an die Versicherten systematisch kürzen oder verzögern. Die Justiz fand keine Belege für den Verdacht, Verbraucherverbände sehen weiterhin Indizien.
Zuletzt hat sich das Verhältnis zwischen Rechtsschutzversicherern und ihren Kunden zugespitzt: 2008 bis 2012 erhöhte sich die Zahl der Beschwerden beim Versicherungsombudsmann in der Sparte Rechtsschutz um ein Fünftel.
Häufig gibt es Ärger zwischen Versicherer und Kunde, wenn Tarifklauseln so formuliert sind, dass sich die Bedingungen sowohl zugunsten als auch zulasten des Versicherten auslegen lassen. Seit 1994 gibt es keine gesetzlich normierten Vertragswerke für Rechtsschutzpolicen mehr. „Versicherte müssen sich daher mit einer Vielzahl an Tarifvarianten herumschlagen“, sagt Versicherungsberaterin Nikel. Nicht alles, was die Versicherer ins Kleingedruckte hineinschrieben, halte einer gesetzlichen Überprüfung stand.
Jüngstes Beispiel ist der Streit um die „Effektenklausel“, mit der die meisten Rechtsschutzversicherer ihre Haftung für Kosten, die bei Prozessen wegen Kapitalanlagen anfallen, regeln. Der Bundesgerichtshof entschied, dass diese Klausel zweier Versicherer für den Durchschnittskunden nicht nachvollziehbar und daher unwirksam sei (IV ZR 84/12, IV ZR 174/12). Im Original steht, dass kein Rechtsschutz bestehe „für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Anschaffung von Effekten (beispielsweise Anleihen, Aktien, Investmentanteile) sowie der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (beispielsweise Immobilienfonds)“.
Die Begriffe „Effekten“ und „Grundsätze der Prospekthaftung“ gäben keine ausreichenden Hinweise, welche Kapitalanlagen nicht abgedeckt seien, fanden die Richter.
Anlegerfreundliche BGH-Urteile
„Die BGH-Urteile haben auch Auswirkungen auf andere Versicherer, weil es sich um Klauseln handelt, die den Musterbedingungen des GDV entsprechen. Wenn wir die Fälle, die verjährt sind, ausklammern, kommen auf uns Mehrkosten von etwa sechs Millionen pro Jahr zu“, sagt Klaus Heiermann, Generalbevollmächtigter des Versicherers Arag.
Auch Thomas Hansen*, 53, aus Itzehoe, könnte von den anlegerfreundlichen BGH-Urteilen profitieren. Nach dem Tod seiner Frau steckte er 100.000 Euro, die eine Risikolebensversicherung wegen des Todesfalls an ihn ausschüttete, in den offenen Immobilienfonds CS Euroreal der Schweizer Bank Credit Suisse. Sein Anlageberater hatte ihm den Fonds als sicheres Investment empfohlen. Während der Finanzkrise jedoch setzte der Anbieter Credit Suisse die Rücknahme zeitweise aus. Am Ende hatte Hansen gut 35.000 Euro verloren.
Versenktes Geld
Hansen wollte den Anlageberater wegen Falschberatung belangen, sein Rechtsschutzversicherer wollte dafür jedoch nicht einstehen. Nach dem Tod seiner Frau hätten sich die Vertragsbedingungen geändert, so der Versicherer. Folge: Anders als im ursprünglichen Vertrag, der für das Ehepaar galt, würden Klagen wegen Kapitalanlagen nun nicht mehr abgedeckt.
Nachdem der BGH die Effektenklausel gekippt hatte, knickte der Rechtsschutzversicherer aber ein. Derzeit wartet Hansen auf dessen Zusage, die Prozesskosten zu übernehmen. Spielen bald noch die Richter mit, würde Hansen sein im CS Euroreal versenktes Geld wiedersehen.