Insofern kam die Regierung der umfangreichen Kritik des Bundesverfassungsgerichts an der bisherigen Regelung tendenziell nach. Die Verfassungsrichter hatten vor allem die allzu weitreichenden Ausnahmen des alten Gesetzes für Firmenerben als unverhältnismäßig gerügt, weil sie dazu führten, dass die Mehrheit der Unternehmen nicht mehr der regulären Besteuerung im Erbfall unterliegt.
Bislang bleiben nämlich zumeist 85 bis 100 Prozent des Firmenerbes steuerfrei. Sogar Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern blieben steuerfrei, wenn sie Arbeitsplätze – nachgewiesen anhand der Lohnsumme – in den fünf bis sieben Jahren nach Antritt des Erbes erhalten und das Unternehmen nicht verkaufen.
Die Kritik der Richter entzündete sich vor allem an der Berechnung des begünstigten Betriebsvermögens, das der Gesetzgeber schonen will.
Das Verwaltungsvermögen betroffener Firmen darf dabei bislang bis zu 50 Prozent des Betriebsvermögens ausmachen. Da das Verwaltungsvermögen, zum Beispiel liquide Mittel oder Minderheitsanteile an Kapitalgesellschaften, für die Betriebsführung keine Rolle spielt, ist eine derart weitreichende Einbeziehung unproduktiven Kapitals unverhältnismäßig und eröffneten Steuerschlupflöcher, urteilten die Verfassungsrichter seinerzeit. Dem Anspruch des Gesetzgebers, nur produktives Betriebsvermögen steuerlich zu schonen, um damit Arbeitsplätze zu erhalten, würde diese Regelung nicht gerecht.
Das Bundesverfassungsgericht argumentierte, dass zwar die Privilegien für kleinere und mittlere Unternehmen bei der Erbschaftsteuer kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes seien, allerdings sei die Ausgestaltung des Gesetzes und das Ausmaß der Privilegien in Teilen verfassungswidrig.
Um das zu ändern, hatte der Bund wie erwähnt eineinhalb Jahre Zeit bekommen, bis zum 30. Juni 2016.
Was soll die Erbschaftsteuerreform ändern?
Der Kompromiss, den die Regierungskoalition am 20. Juni verkündete, sieht eine Reihe von Anpassungen vor, ist allerdings auch kein Bruch mit dem bisherigen, bürokratisch aufwändigen Verfahren.
Auf breite Zustimmung trifft vor allem die Reform der Berechnungsmethode des Unternehmenswertes. Um die Unternehmenswerte an das Niedrigzinsumfeld anzupassen, sieht die Reform eine Anpassung der Rechnungsgrößen vor. Die sinkenden Zinsen hatten nämlich in den vergangenen acht Jahren dazu geführt, dass Unternehmen bei gleichem Umsatz und Gewinn heute um 50 bis 60 Prozent höher bewertet werden.
Einerseits wird diese Überbewertung nun korrigiert, andererseits sollen künftig auch Schulden und Budgets für Investitionen des Unternehmens besser berücksichtigt werden, sofern die Investitionen auch binnen zwei Jahren nach dem Erbfall erfolgen.
Im Ergebnis sinken die Unternehmensbewertungen – und damit die Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer – nach der Reform für alle übertragenen oder vererbten Unternehmen. Zudem ist auch noch Befreiung von 30 Prozent des Betriebsvermögens für Familienunternehmen drin, wenn es durch Entnahmeverpflichtungen oder Verfügungsbeschränkungen nicht frei oder nur mit Abschlägen veräußerbar wären. All das senkt die Steuerlast für die Erben zunächst, insbesondere bei Familienunternehmen.