Reform der Erbschaftsteuer Steuern aufs Firmenerbe sind unfair und unnötig

Seite 3/4

Weniger kleingerechnetes Vermögen

Auf der einen Seite soll – ganz nach dem Willen der SPD – großes Vermögen stärker besteuert werden. Die Reform sieht daher vor, künftig nur noch einen Anteil von maximal zehn Prozent des Verwaltungsvermögens am Betriebsvermögen zuzulassen. Ist das Verwaltungsvermögen größer, gibt es keine Steuernachlässe. Um Steuergestaltungen vorzubeugen, muss das Verwaltungsvermögen außerdem mindestens zwei Jahre vor dem Erbfall eingebracht worden sein. Dominiert das Verwaltungsvermögen mit einem Anteil von 90 Prozent und mehr das Betriebsvermögen, ist eine Steuerbegünstigung gänzlich ausgeschlossen.

Heranziehung der Privatvermögen

Unternehmen mit einem kalkulierten Wert von 26 Millionen Euro und mehr, müssen sich laut Entwurf zudem einer „Verschonungsbedarfsprüfung“ stellen und dabei auch ihre privaten Vermögensverhältnisse offenlegen. Dadurch sollen vermögende Erben großer Unternehmen seltener als bislang von der Steuerverschonung profitieren. Auch Erbschaften und Schenkungen der vergangenen zehn Jahre fließen in die Vermögensaufstellung ein. Wer jedoch kein Vermögen besitzt, aus dem er die Erbschaftsteuer bezahlen kann, soll komplett steuerfrei bleiben.

Die bisherige Regelung geht mit einer 85-prozentigen Schonung des Betriebsvermögens nicht ganz so weit. Nach der Reform muss der Firmenerbe allerdings bis zur Hälfte seines Privatvermögens für die Begleichung der Erbschaftsteuer opfern. Je größer das Vermögen, umso geringer fällt die Steuerschonung aus.

Steuerrechtsanwalt Pott rechnet deshalb damit, dass viele Unternehmer jetzt prüfen, ob ihnen durch die gesetzliche Neuregelung der Erbschaftsteuer auf Betriebsübertragungen Nachteile oder Risiken entstehen. Im nächsten Schritt dürfte es zu Anpassungen in der Aufteilung von Privat- und Betriebsvermögen kommen. „Es gibt immer Gestaltungsspielräume. Deshalb ist auch noch keine Panik ausgebrochen.“, so Pott.

Alternative: Abschmelzmodell

Erben, die ihre Vermögensverhältnisse nicht offen legen wollen, können den Reformplänen zufolge auch das alternative Abschmelzmodell wählen. Hierbei erfolgt der Steuernachlass nicht pauschal, sondern sinkt mit zunehmenden Betriebsvermögen.

Weiterhin soll dabei gelten: Wer Steuernachlässe beansprucht, muss Arbeitsplätze erhalten und darf nicht verkaufen.

Was Erben wissen sollten
Alleinerbe Der Alleinerbe erbt als einzige Person. Er tritt rechtlich „in die Fußstapfen des Verstorbenen“ und übernimmt dessen gesamte Rechte, aber auch Pflichten. Quelle: dpa
Gesetzliche Erbfolge Die gesetzliche Erbfolge greift immer dann, wenn kein Testament oder Erbvertrag vorliegt. Danach wird der Nachlass zwischen dem Ehepartner und den Verwandten des Verstorbenen aufgeteilt, wobei Kinder und Enkel des Erblassers Vorrang vor Eltern, Großeltern oder anderen Angehörigen genießen. Quelle: REUTERS
Annahme der ErbschaftWer in Deutschland erben will, muss dafür in der Regel nichts tun. Vor allem braucht er die Annahme des Erbes nicht zu erklären. Dieses Phänomen heißt im Juristen-Deutsch “Von-Selbst-Erwerb.“ Quelle: AP
Ausschlagung der Erbschaft Wer nicht erben will, kann (und muss) die Erbschaft innerhalb einer Frist von sechs Wochen ausgeschlagen. Die Zeit läuft ab dem Moment, in dem der Betreffende von der Erbschaft und deren Gründen erfahren hat. Nach Ablauf der Frist ist eine Ausschlagung in der Regel nicht mehr möglich. Lediglich in Ausnahmefällen besteht die Möglichkeit, die Annahme der Erbschaft anzufechten. Quelle: REUTERS
EhegattentestamentVerheiratete und eingetragene Lebenspartner können ein gemeinschaftliches Testament errichten. Eine weit verbreitete Form ist dabei das sogenannte Berliner Testament. Dabei setzen sich die Eheleute gegenseitig zu alleinigen Vollerben ein. Erst wenn beide Partner verstorben sind, werden auch die Kinder bedacht. Sie werden zu Schlusserben, also zu Erben des länger lebenden Ehegatten ernannt. Quelle: dpa
Pflichtteil Ein Erblasser kann bestimmte Personen von der Erbfolge ausschließen, aber nicht immer verhindern, dass diese Personen etwas aus seinem Nachlass erhalten. Grund: Der sogenannte Pflichtteil garantiert den nächsten Angehörigen des Erblassers also eine Mindestteilhabe an seinem Nachlass. Quelle: dpa
EnterbungHat er Erblasser einen oder mehrere gesetzliche Erben von der Erbfolge ausgeschlossen oder sie bei der Verteilung des Nachlasses nicht erwähnt, spricht man von Enterbung. Handelt es sich bei den fraglichen Personen um enge Angehörige, können sie oft zumindest seinen Pflichtteil verlangen. Quelle: obs

Nun aber sollen künftig schon Erben von Unternehmen mit mehr als fünf Mitarbeitern für den Steuernachlass verpflichtet werden, die Arbeitsplätze über fünf bzw. sieben Jahre zu erhalten und dies auch nachzuweisen.

Für Christian Rödl, geschäftsführender Partner der Anwaltskanzlei Rödl & Partner, ist die Reform damit in der komplett falschen Richtung unterwegs: „Je größer der wirtschaftliche Erfolg, je höher der Beitrag zur Beschäftigung und je mehr Steuern die Unternehmen in Deutschland zahlen, desto teurer wird künftig die Nachfolge.“

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%