Die Sparkasse Allgäu war durch das Finanzamt Kempten aufgefordert worden, für die Zeit ab dem 1. Januar 2001 Auskunft über Konten und Vermögenswerte von deutschen Kunden zu geben, die Konten oder Depots in der österreichischen Zweigstelle führten und verstorben waren.
Diese Auskunft verweigerte die Sparkasse Allgäu mit dem Hinweis auf die europarechtliche Niederlassungsfreiheit. Sie argumentierte, dass das österreichische Recht auch für sie Anwendung finde. Insoweit bestehe in Österreich keine vergleichbare Anzeigepflicht und die Preisgabe dieser Information unterliege einem dort strafbewehrten Bankgeheimnis.
Dieser Auffassung hat nun der EuGH eine Absage erteilt: Deutsche Bankinstitute mit Filialen im Ausland können sich nicht auf die Niederlassungsfreiheit und das im Mitgliedsstaat geltende Recht berufen.
Zur Person
Rechtsanwältin Ulrike Grube leitet bei Rödl & Partner ein Team von Juristen im Bereich "Prävention und Verteidigung". Sie berät u.a. international tätige mittelständische Unternehmen und natürliche Personen zu sämtlichen wirtschafts- und steuerstrafrechtlichen, aber auch allgemeinen strafrechtlichen Fragestellungen. Ihr Leistungsspektrum reicht von der präventiven Beratung bin hin zur Strafverteidigung (individual und corporate defense) in laufenden Steuer- und Wirtschaftsstrafverfahren. Ein weiterer Schwerpunkt neben der langjährigen Selbstanzeigenberatung liegt in der Beratung von mittelständischen international tätigen Unternehmen bei der Einführung von Compliance-Management-Systemen.
Die Ausprägung und der Wortlaut des deutschen Erbschaftsteuergesetzes und somit die Anzeigepflicht der Konten und der Vermögensstände verstorbener Kunden gelte auch für Geschäfte der Filialen deutscher Bankinstitute im Ausland.
Quintessenz: Die zunehmende Transparenz der Geldströme in der Europäischen Union führt nun zur Anwendung von deutschem Recht im Ausland – eine erstaunliche Wendung! Bisher war man der Auffassung, dass das jeweilige ausländische Recht vor Ort zur Anwendung käme. Dies ist nun zumindest für die erbschaftsteuerlichen Regelungen nicht mehr der Fall.
Niederlage für die Niederlassungsfreiheit und den Gleichbehandlungsgrundsatz
Das wegweisende Urteil lässt nun den Rückschluss zu, dass sich Filialen deutscher Bankinstitute auch in anderen Staaten nicht auf die gegebenenfalls dort ebenfalls gesetzlich verankerte Regelung des Bankgeheimnisses berufen können. Das ist ein deutlicher Fingerzeig bereits im Vorfeld des Internationalen Informationsaustausches - eine herbe Niederlage für die Niederlassungsfreiheit und den Gleichbehandlungsgrundsatz!
Allerdings ist zu hinterfragen, ob davon heute noch viele Bankkunden betroffen sind. Denn zwischenzeitlich wurden häufig die ausländischen Bankfilialen deutscher Bankinstitute verkauft. Somit gilt in den einstigen Filialen dann nicht mehr zwingend deutsches Recht, sondern das des jeweils anderen Mitgliedsstaates. Ob hier für die verbliebenen deutschen Kunden günstigere Regelungen gelten, ist offen.
Chance zur Selbstanzeige wahren
Insofern sollten deutsche Kunden mit ererbtem und nicht deklariertem Vermögen im Ausland nun noch vor Inkrafttreten des Internationalen Informationsaustausches tätig werden, um sich selbst noch eine Selbstanzeige zu ermöglichen.
Sollte die Auskunft der Bankinstitute vorher erteilt werden und ein Abgleich mit der Steuerakte erfolgen, ist die Tat entdeckt. Damit wäre es für eine strafbefreiende Selbstanzeige zu spät.