Ein Auszubildender hatte in seinem Facebook-Profil in der für alle Nutzer öffentlich einsehbaren Rubrik "Arbeitgeber" die Worte "Menschenschinder", "Ausbeuter" und "Leibeigener" angegeben. Dabei erstellte das Unternehmen, in dem er beschäftigt war, selbst unter anderem auch Facebook-Präsenzen für seine Kunden. Als der Arbeitgeber die Schmähungen entdeckte, kündigte er dem Azubi fristlos.
Dagegen klagte der Auszubildende, der zum Zeitpunkt der Kündigung 27 Jahre alt war, vor dem Arbeitsgericht Bochum. Zunächst mit Erfolg. Zwar werteten die Bochumer Richter die Einträge des Auszubildenden als beleidigend. Sie verwiesen aber darauf, dass das gesamte Facebook-Profil des Klägers auf eine unreife Persönlichkeit und auf mangelnde Ernsthaftigkeit schließen lasse.
Daher vertraten sie die Ansicht, der Arbeitgeber hätte ein klärendes Gespräch führen oder eine Abmahnung aussprechen sollen. Eine fristlose Kündigung sah das Arbeitsgericht dagegen als nicht berechtigt an und verwies weiter auf die besondere Fürsorgepflicht des Arbeitgebers während der Ausbildung.
Dies sah das Landesarbeitsgericht Hamm allerdings anders und wies die Kündigungsschutzklage ab. Die Äußerungen des Auszubildenden wurden als Beleidigung eingestuft. Die Arbeitsrichter sahen laut Urteilsbegründung eine „massive Beeinträchtigung der Ehre des Arbeitgebers“.
Erschwerend käme hinzu, dass zur Facebook-Seite nicht nur ein beschränkter Personenkreis Zugang gehabt habe, die Äußerungen vielmehr für jeden zugänglich im Netz standen. Weiter führten die Hammer Richter aus, dass der Auszubildende nicht annehmen durfte, dass seine Äußerungen keine Auswirkungen haben würden. Eine Revision hat das Gericht nicht zugelassen, das Urteil ist damit rechtskräftig.
Arbeitnehmer unterliegen einer Loyalitätspflicht
Wären die Facebook-Einträge nicht frei einsehbar gewesen, hätte man diese vermutlich als im privaten Umfeld getätigte negative Äußerungen über den Arbeitgeber und nicht als öffentliche Beleidigung eingestuft. Zudem hätte bei einem wesentlich jüngeren Auszubildenden die Reife der Persönlichkeit und die besondere Fürsorgepflicht des Arbeitgebers während der Ausbildung möglicherweise eine höhere Gewichtung erhalten. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang dagegen der Umstand, dass der Arbeitgeber selbst Facebook-Seiten für Kunden erstellt.
Zwar gilt das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung selbstverständlich auch in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Studi-VZ. Arbeitnehmer haben aber eine arbeitsvertragliche Loyalitätspflicht gegenüber dem Arbeitgeber. Danach müssen die berechtigten Interessen des Unternehmens gewahrt und unwahre Äußerungen oder ehrverletzende Tatsachenäußerungen unterlassen werden.
Die Entscheidung hat auch für Bewerber große Relevanz. Zwar dürfen sich Arbeitgeber generell nur in sozialen Netzwerken mit berufsbezogenem Fokus wie LinkedIn oder XING über Bewerber informieren, nicht jedoch bei Angeboten mit freizeitorientiertem Fokus wie Facebook. Die Unterscheidung gilt aber nicht bei öffentlich zugänglichen Äußerungen über den Arbeitgeber. Selbst wenn kritische Kommentare in sozialen Netzwerken nicht öffentlich einsehbar sind, sollte der Arbeitnehmer bedenken, dass auch solche Äußerungen an seinen Arbeitgeber weitergeleitet werden können.
Arbeitgebern ist zu empfehlen, ein gemeinsames Verständnis für eine angemessene private Nutzung sozialer Netzwerke durch einen entsprechenden Leitfaden herzustellen, der die zu achtenden Rechte und Pflichten aufzeigt. Damit können Arbeitnehmer dafür sensibilisiert werden, dass private Aktivitäten in sozialen Netzwerken arbeitsrechtliche Folgen haben können. Durch einen Leitfaden kann der Arbeitgeber auch klarstellen, welche Art von Informationen als Geschäftsgeheimnis angesehen werden, die entsprechend in sozialen Netzwerken nicht veröffentlicht werden dürfen.
Ferner sollte deutlich werden, was als kritische Äußerung in sozialen Netzwerken für den Arbeitgeber akzeptabel ist, welche Einschränkungen sich in dieser Hinsicht für Führungskräfte ergeben und wo durch den Arbeitgeber die Grenze zur Schmähkritik oder Beleidigung gesehen wird.
Ein Beitrag von Aziza Yakhloufi, Rechtsanwältin und Leiterin der Arbeitsrechtspraxis bei Rödl & Partner, Eschborn