Eine Firma aus dem thüringischen Arnstadt hatte sogenannte "Bulk-Ware", aus Latex bestehende Kondom-Rohlinge, aus dem Ausland importiert. Die Kondome wurden im deutschen Werk endbearbeitet, einer Qualitätskontrolle unterzogen, in Folie eingeschweißt, mit Chargennummer, Verfallsdatum, CE-Kennzeichnung sowie einem Beipackzettel versehen und in eine Faltschachtel aus Karton verpackt. Das fertige Produkt wurde sodann mit der in Siegelform aufgemachten Behauptung "KONDOME – Made in Germany" beworben. Eine Abmahnung und ein gerichtlicher Antrag auf Unterlassung folgten auf dem Fuße.
Die Kennzeichnung der Kondome als "Made in Germany" war irreführend und damit wettbewerbswidrig. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm (Az.: I-4 U 95/12) begründet dieser Hinweis nämlich die Erwartung des Verbrauchers, alle wesentlichen Fertigungsschritte des in Rede stehenden Produkts seien in Deutschland erfolgt. Dies gelte zumindest für den maßgeblichen Herstellungsvorgang, bei dem die Ware genau die Eigenschaften erhalte, die für die Wertschätzung des Verkehrs im Vordergrund stehen.
Hier wurde der Käufer getäuscht. Weder der überwiegende noch der maßgebliche Teil der Herstellungsschritte, durch den die Kondome die von den Kunden geschätzten Eigenschaften erhalten, war in Deutschland erfolgt. Der Herstellungsprozess sei vielmehr bereits im Ausland abgeschlossen gewesen. Das bloße Einsiegeln, Verpacken und auch die in Arnstadt durchgeführte Qualitätskontrolle haben mit der Herstellung des eigentlichen Endprodukts Kondom nichts mehr zu tun. Im Gegenteil: Sie setzen eine abgeschlossene Fertigung des Endproduktes voraus. Durch die Aussage "Made in Germany" wird dem Verbraucher daher ein unrichtiger, weil von den tatsächlichen Gegebenheiten abweichender Eindruck über die geographische Herkunft des vertriebenen Produkts vermittelt.
Die Zulässigkeit einer solchen Herkunftskennzeichnung hängt in der Praxis also vor allem davon ab, welche Eigenschaften oder Bestandteile der Ware wertbestimmend sind, ob der entscheidende Wertschöpfungsanteil in Deutschland entstanden ist und ob die deutsche oder ausländische Herkunft von Teilen der Ware die Kaufüberlegungen des Kunden beeinflusst.
Ursprünglich Ende des 19. Jahrhunderts als Warnhinweis vor billiger Importware eingeführt, steht die Herkunftsbezeichnung "Made in Germany" heute weit über die Grenzen der Bundesrepublik hinaus für ausgezeichnete Qualität. Deutsche Produkte werden weltweit geschätzt. Hoch ist deshalb die Versuchung, auch einmal über wesentliche ausländische Produktionsschritte hinweg zusehen. Derartigen Mogelpackungen erteilen die deutschen Richter regelmäßig eine strikte Absage. Im Sinne des Produktionsstandorts Deutschland völlig zu Recht.