Der Düsseldorfer Raucher Friedhelm A. hat den Prozess gegen seine Vermieterin verloren und muss nun nach 40 Jahren seine Wohnung räumen. Aber weniger weil er raucht, sondern vielmehr weil er nichts dagegen unternommen hat, dass sein Zigarettenrauch in den Hausflur zieht und die Mitmieter belästigt. Sprich, weil er nicht genug lüftet. Ob Belästigung durch blauen Dunst im Mehrfamilienhaus generell einen Kündigungsgrund sein kann, wird nun voraussichtlich der Bundesgerichtshof klären. Daher hier ein Überblick: Welches Verhalten von Mietern müssen Vermieter und Nachbarn schon heute dulden, was dürfen sie verbieten?
Rauchen in der Wohnung
Der Bundesgerichtshof hat schon 2006 entschieden: Rauchen gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch einer Wohnung und kann nicht per se verboten werden (Aktenzeichen VIII ZR 124/05). Deshalb hat auch das Landgericht Düsseldorf im Fall Friedhelm A. nicht das Rauchen an sich beanstandet, sondern dass er nicht ausreichend gelüftet hat. Aus Hausflur oder Treppenhaus dürfen Vermieter den blauen Dunst sehr wohl verbannen.
Zieht der Rauch dennoch in die Wohnungen der Nachbarn und fühlen die sich belästigt, können sie womöglich die Miete kürzen, wie beispielsweise das Amtsgericht Charlottenburg entschied (Aktenzeichen 211 C 3/07). Weil der Tabakgeruch des Kettenrauchers von nebenan durch Wände und Decken drang, verpflichteten die Berliner Amtsrichter den Vermieter dazu, die Wohnung entsprechend abzudichten. Bis dahin durfte der gestörte Mit-Mieter die Miete um zehn Prozent kürzen.
Eng wird es für Raucher auch dann, wenn sie so übermäßig qualmen, so dass die Wohnung darunter leidet. Lassen sich die Spuren exzessiven Rauchens nicht durch die üblichen Schönheitsreparaturen beseitigen, so entschied der BGH, macht sich der Mieter im Zweifel schadensersatzpflichtig (Aktenzeichen VIII ZR 37/07).
Darüber streiten Mieter und Vermieter vor Gericht
Modernisierung: 1,0 % der Konfliktfälle
Quelle: Deutscher Mieterbund; Mai 2013
Schönheitsreparaturen: 2,2 %
Andere Gründe: 9,1 %
Kündigung: 9,7 %
(fristlos, ordentlich und wegen Eigenbedarf)
Mieterhöhung: 12,9 %
Mietkaution: 18,3 %
Betriebskosten: 19,9 %
Vertragsverletzungen: 26,9 %
(zum Beispiel Mietmängel, Mietschulden, Beschädigung)
Grillen auf dem Balkon? Nur elektrisch
Grillen auf dem Balkon oder im Garten ist erlaubt – es sei denn es ist im Mietvertrag oder einer Hausordnung ausdrücklich verboten. Wer dann trotzdem zum Anzünder greift, riskiert schlimmstenfalls die Kündigung (Landgericht Essen, Aktenzeichen 10 S 438/01).
Die Gerichte halten in zahlreichen Urteilen die Fahne der Rücksichtnahme auf die Nachbarn hoch: Nach einem Urteil des Landgerichts Düsseldorf ist auf dem Balkon Grillen mit Holzkohle tabu (Aktenzeichen 25 T 435/90). Die Frage, wie oft gegrillt werden darf, ohne dass der Nachbar erfolgreich einschreiten könnte, beantworten die Gerichte quer durch die Republik unterschiedlich: Die Spanne reicht von dreimal zwei Stunden im Jahr (Landgericht Stuttgart, Aktenzeichen 10 T 359/96) bis zweimal im Monat (Landgericht Aachen, Aktenzeichen 6 S 2/02).
Hund, Katze, Maus
Das Halten von Kleintieren in der Wohnung belästigt üblicherweise die Hausgemeinschaft nicht und ist nach allgemeiner Auffassung erlaubt. Der Vermieter darf hier auch keine Unterschiede je nach Tierart machen. So gab der Bundesgerichtshof einer Mieterin Recht, die in ihrer Wohnung zwei Katzen halten wollte – laut Mietvertrag sollten aber nur Vögel und Fische erlaubt sein. Diese Einschränkung erklärte der BGH für unwirksam, weil es die Mieterin unangemessen benachteilige und eine Erlaubnis oder ein Verbot immer vom konkreten Einzelfall abhänge (Aktenzeichen VIII ZR 340/06).
Steht im Mietvertrag also nichts zu Haustieren, ist zwischen den Interessen von Vermieter und Mieter abzuwägen: Entscheidendes Kriterium ist der vertragsgemäße Gebrauch der Wohnung. Über die Regelungen in einem formularmäßigen Mietvertrag dürfen Vermieter die Tierhaltung jedenfalls nicht generell ausschließen. Das hat der Bundesgerichtshof einer Vermieterin deutlich gemacht, die regelmäßig eine Klausel verwendete, nach der die Mieter sich verpflichteten „keine Hunde und Katzen zu halten.“ Da hier im Einzelfall gar nicht geprüft werde, ob die Tierhaltung ohne Beeinträchtigung der Wohnung und ohne Belästigung der übrigen Mieter möglich sei, sah der BGH in der Klausel eine unangemessene Benachteiligung des Mieters (Aktenzeichen VIII ZR 168/12).
Ob das Haustier artgerecht gehalten wird, spielt mietrechtlich übrigens keine Rolle, wie der BGH im Fall eines Collie-Besitzers in Hamburg entschied (Aktenzeichen VIII ZR 329/11). Dessen Vermieter hatte den Mietvertrag gekündigt mit der Begründung: Ein Collie sei für die Haltung in einer Altbauwohnung zu groß und zu schwer; die Wohnung werde dadurch in erhöhtem Maße abgenutzt. Der BGH stellte sich auf die Seite des Mieters: Entscheidend sei die Vereinbarung im Mietvertrag, und wenn darin die Hundehaltung nicht ausdrücklich verboten ist, darf der Mieter auch einen Collie halten. Anhaltspunkte für eine Belästigung der übrigen Mieter sah das Gericht nicht.
Hausmusik
Rücksichtnahme auf die Nachbarn ist auch Maßstab für das Musizieren in den eigenen vier Wänden. Grundsätzlich ist Hausmusik in Mehrparteienhäusern erlaubt, weil es zum Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit zählt. Die Gerichte wägen allerdings ab mit dem Recht auf Ruhe und Entspannung der übrigen Mieter. Das Landgericht Düsseldorf hat daher beispielsweise Klavierspielen wochentags nur bis 20 Uhr, an Feiertagen und Wochenenden bis 19 Uhr erlaubt (Aktenzeichen 22 S 574/89).
Ein generelles Musizierverbot im Mietvertrag ist nach einem Urteil des OLG Hamm unzulässig (Aktenzeichen 15 W 122/80). Es dürfen aber Zeitfenster und -grenzen im Mietvertrag oder in der Hausordnung festgelegt werden. Stört ein Hobbymusiker gleichwohl wiederholt den Hausfrieden, kann ihm nach vorheriger Abmahnung gekündigt werden.
Gibt der Mieter sogar Musikunterricht aus, kann der Vermieter ohnehin einschreiten: Musikunterricht ist eine gewerbliche Nutzung der Wohnung und die muss der Vermieter nicht dulden - egal ob sich die Mitmieter über den Lärm beschweren (Bundesgerichtshof, Aktenzeichen VIII ZR 213/12).