Rein rechtlich

Was dürfen Mieter – und was nicht?

Claudia Tödtmann
Claudia Tödtmann Redakteurin Management & Karriere

Lüftungspflichten für Raucher, Musikunterricht oder Haustier-Haltung: Die Rechtsanwältin Kristina Brinkmann erklärt, was Vermieter und Nachbarn dulden müssen und was sie verbieten dürfen. Ein Überblick.

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Lautschnarcher müssen ausziehen
Madonnen-Figur Quelle: Creative Commons - Andreas-Praefcke
Ein Mann schläft schnarchend auf der Couch Quelle: Fotolia
Eine Person sitz auf derToilette Quelle: Fotolia
Zwei Verlobungsringe liegen beieinander Quelle: Fotolia
An einem berliner Sozialbau sind Satelitenschüsseln zu sehen Quelle: dpa
Zwei Pizzabäcker bereiten Pizza vor Quelle: AP
Freilaufende Hühner und ein Hahn auf einer verschneiten Wiese Quelle: dpa

Der Düsseldorfer Raucher Friedhelm A. hat den Prozess gegen seine Vermieterin verloren und muss nun nach 40 Jahren seine Wohnung räumen. Aber weniger weil er raucht, sondern vielmehr weil er nichts dagegen unternommen hat, dass sein Zigarettenrauch in den Hausflur zieht und die Mitmieter belästigt. Sprich, weil er nicht genug lüftet. Ob Belästigung durch blauen Dunst im Mehrfamilienhaus generell einen Kündigungsgrund sein kann, wird nun voraussichtlich der Bundesgerichtshof klären. Daher hier ein Überblick: Welches Verhalten von Mietern müssen Vermieter und Nachbarn schon heute dulden, was dürfen sie verbieten?

Rauchen in der Wohnung

Der Bundesgerichtshof hat schon 2006 entschieden: Rauchen gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch einer Wohnung und kann nicht per se verboten werden (Aktenzeichen VIII ZR 124/05). Deshalb hat auch das Landgericht Düsseldorf im Fall Friedhelm A. nicht das Rauchen an sich beanstandet, sondern dass er nicht ausreichend gelüftet hat. Aus Hausflur oder Treppenhaus dürfen Vermieter den blauen Dunst sehr wohl verbannen.

Kristina Brinkmann Quelle: PR

Zieht der Rauch dennoch in die Wohnungen der Nachbarn und fühlen die sich belästigt, können sie womöglich die Miete kürzen, wie beispielsweise das Amtsgericht Charlottenburg entschied (Aktenzeichen 211 C 3/07). Weil der Tabakgeruch des Kettenrauchers von nebenan durch Wände und Decken drang, verpflichteten die Berliner Amtsrichter den Vermieter dazu, die Wohnung entsprechend abzudichten. Bis dahin durfte der gestörte Mit-Mieter die Miete um zehn Prozent kürzen.

Eng wird es für Raucher auch dann, wenn sie so übermäßig qualmen, so dass die Wohnung darunter leidet. Lassen sich die Spuren exzessiven Rauchens nicht durch die üblichen Schönheitsreparaturen beseitigen, so entschied der BGH, macht sich der Mieter im Zweifel schadensersatzpflichtig (Aktenzeichen VIII ZR 37/07).

Darüber streiten Mieter und Vermieter vor Gericht

Grillen auf dem Balkon? Nur elektrisch

Grillen auf dem Balkon oder im Garten ist erlaubt – es sei denn es ist im Mietvertrag oder einer Hausordnung ausdrücklich verboten. Wer dann trotzdem zum Anzünder greift, riskiert schlimmstenfalls die Kündigung (Landgericht Essen, Aktenzeichen 10 S 438/01).

Die Gerichte halten in zahlreichen Urteilen die Fahne der Rücksichtnahme auf die Nachbarn hoch: Nach einem Urteil des Landgerichts Düsseldorf ist auf dem Balkon Grillen mit Holzkohle tabu (Aktenzeichen 25 T 435/90). Die Frage, wie oft gegrillt werden darf, ohne dass der Nachbar erfolgreich einschreiten könnte, beantworten die Gerichte quer durch die Republik unterschiedlich: Die Spanne reicht von dreimal zwei Stunden im Jahr (Landgericht Stuttgart, Aktenzeichen 10 T 359/96) bis zweimal im Monat (Landgericht Aachen, Aktenzeichen 6 S 2/02).

Hund, Katze, Maus

Das Halten von Kleintieren in der Wohnung belästigt üblicherweise die Hausgemeinschaft nicht und ist nach allgemeiner Auffassung erlaubt. Der Vermieter darf hier auch keine Unterschiede je nach Tierart machen. So gab der Bundesgerichtshof einer Mieterin Recht, die in ihrer Wohnung zwei Katzen halten wollte – laut Mietvertrag sollten aber nur Vögel und Fische erlaubt sein. Diese Einschränkung erklärte der BGH für unwirksam, weil es die Mieterin unangemessen benachteilige und eine Erlaubnis oder ein Verbot immer vom konkreten Einzelfall abhänge (Aktenzeichen VIII ZR 340/06).

Steht im Mietvertrag also nichts zu Haustieren, ist zwischen den Interessen von Vermieter und Mieter abzuwägen: Entscheidendes Kriterium ist der vertragsgemäße Gebrauch der Wohnung. Über die Regelungen in einem formularmäßigen Mietvertrag dürfen Vermieter die Tierhaltung jedenfalls nicht generell ausschließen. Das hat der Bundesgerichtshof einer Vermieterin deutlich gemacht, die regelmäßig eine Klausel verwendete, nach der die Mieter sich verpflichteten „keine Hunde und Katzen zu halten.“ Da hier im Einzelfall gar nicht geprüft werde, ob die Tierhaltung ohne Beeinträchtigung der Wohnung und ohne Belästigung der übrigen Mieter möglich sei, sah der BGH in der Klausel eine unangemessene Benachteiligung des Mieters (Aktenzeichen VIII ZR 168/12).

Diese Urteile sollten Mieter beim Auszug kennen
SchönheitsreparaturenGrundsätzlich muss kein Mieter bei Auszug die Wohnung renovieren. Nach dem Gesetz sind Schönheitsreparaturen Sache des Vermieters. Nur wenn im Mietvertrag eine wirksame Schönheitsreparaturklausel vereinbart ist, muss der Mieter renovieren, heißt es beim deutschen Mieterbund. Am 22. Januar hat sich auch der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage nach Schönheitsreparaturen beschäftigt: Es ging um einen Fall, bei dem der Mieter laut Mietvertrag alle Bohr- und Dübellöcher so verschließen sollte, dass sie nicht mehr sichtbar sind. Außerdem sollte er eventuell durchbohrte Kacheln fachgerecht ersetzen. Der Kläger wehrt sich dagegen, dass er sich bei seinem Auszug vor knapp vier Jahren an der Renovierung der Wohnung beteiligen sollte - gemessen an Mietdauer und Abnutzungsgrad. Die Entscheidung hat der BGH aber erst einmal vertagt. Quelle: dpa
StreichenRot, gelb und blau - wer als Mieter seine Wände im Stil von Piet Mondrian streichen mag, kann das tun. Bei Auszug muss das Kunstwerk aber wieder überstrichen werden, entschied der BGH im November 2013. Tut er das nicht, kann der Vermieter Schadenersatz verlangen beziehungsweise die Renovierungskosten auf den Mieter abwälzen (BGH, Az.: VIII ZR 416/12). Die Wände müssen allerdings nicht weiß gestrichen sein. Vermieter können einen Anstrich in "hellen, neutralen, deckenden Farben" verlangen (BGH, Az.: VIII ZR 198/10). Quelle: dpa
TapetenAuch die Tapeten dürfen eine Neuvermietung nicht erschweren. Wer in der ganzen Wohnung Fototapete geklebt hat, muss diese bei Auszug auch wieder entfernen. Raufasertapeten oder dezente Mustertapeten muss der Vermieter aber akzeptieren. Die müssen übrigens auch nicht weiß sein - nur eben auch nicht neonpink (Az.: 14 S 221/00). Quelle: AP
RauchenFurore machte ein Mann, der wegen seines starken Rauchens aus seiner Wohnung fliegen sollte. Grundsätzlich kann aber jeder Mieter in seiner Wohnung rauchen - so lange er niemanden belästigt (Az.: 24 C 1355/13). Sollte die Wohnung allerdings durch starkes Rauchen so schwer beschädigt sein, dass weder putzen noch tapezieren etwas gegen den Nikotinfilm ausrichten können, kann ein Vermieter die Renovierungskosten auf den Mieter umlegen. Quelle: dpa
Böden erneuernWer in seiner Mietwohnung über dem teuren Parkett Teppich verklebt, muss den Beim Auszug wieder entfernen. Grundsätzlich muss der Mieter den Fußboden so zurücklassen, wie er ihn vorgefunden hat (Az.: 212 C 239/00). Für normale Abnutzungsspuren ist der Vermieter zuständig und muss die Böden erneuern. Geht der Mieter aber nicht pfleglich damit um, sondern sengt Brandlöcher hinein oder macht dicke Kratzer ins Parkett, muss er für den Schaden aufkommen. Quelle: dpa/dpaweb
EinbautenWer an der Bausubstanz seiner Mietwohnung etwas verändern will - fliesen, einen neuen Fußboden verlegen oder eine neue Holzdecke anbringen, sollte immer vorher seinen Vermieter fragen. Denn grundsätzlich müssen Mieter alle Einbauten - von der Einbauküche bis zum Badezimmerspiegel - wieder entfernen, wenn sie ausziehen. Es sei denn, der Einbau wertet die Immobilie auf (Landgericht Hamburg, Az.: 311 S 128/04). Quelle: dpa/dpaweb
Äußeres ErscheinungsbildWas viele nicht wissen: Wenn dem Vermieter sein Haus von Außen nicht gefällt, kann er eingreifen. Beispielsweise kann er den Mieter maßregeln, wie dieser seinen Balkon zu gestalten hat. Das Amtsgericht Spandau entschied kürzlich, dass ein Vermieter seinem Mieter verbieten darf, auf der Terrasse einen Pavillon aufzustellen. In dem entsprechenden Fall hatte der Bewohner für die Sommermonate einen weißen Pavillon auf seiner Terrasse im ersten Obergeschoss installiert. Das Gericht sah darin einen dauerhaften Eingriff und vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache, wofür der Mieter die Genehmigung des Vermieters hätte einholen müssen. Quelle: dpa

Ob das Haustier artgerecht gehalten wird, spielt mietrechtlich übrigens keine Rolle, wie der BGH im Fall eines Collie-Besitzers in Hamburg entschied (Aktenzeichen VIII ZR 329/11). Dessen Vermieter hatte den Mietvertrag gekündigt mit der Begründung: Ein Collie sei für die Haltung in einer Altbauwohnung zu groß und zu schwer; die Wohnung werde dadurch in erhöhtem Maße abgenutzt. Der BGH stellte sich auf die Seite des Mieters: Entscheidend sei die Vereinbarung im Mietvertrag, und wenn darin die Hundehaltung nicht ausdrücklich verboten ist, darf der Mieter auch einen Collie halten. Anhaltspunkte für eine Belästigung der übrigen Mieter sah das Gericht nicht.

Hausmusik

Rücksichtnahme auf die Nachbarn ist auch Maßstab für das Musizieren in den eigenen vier Wänden. Grundsätzlich ist Hausmusik in Mehrparteienhäusern erlaubt, weil es zum Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit zählt. Die Gerichte wägen allerdings ab mit dem Recht auf Ruhe und Entspannung der übrigen Mieter. Das Landgericht Düsseldorf hat daher beispielsweise Klavierspielen wochentags nur bis 20 Uhr, an Feiertagen und Wochenenden bis 19 Uhr erlaubt (Aktenzeichen 22 S 574/89).

Ein generelles Musizierverbot im Mietvertrag ist nach einem Urteil des OLG Hamm unzulässig (Aktenzeichen 15 W 122/80). Es dürfen aber Zeitfenster und -grenzen im Mietvertrag oder in der Hausordnung festgelegt werden. Stört ein Hobbymusiker gleichwohl wiederholt den Hausfrieden, kann ihm nach vorheriger Abmahnung gekündigt werden.

Gibt der Mieter sogar Musikunterricht aus, kann der Vermieter ohnehin einschreiten: Musikunterricht ist eine gewerbliche Nutzung der Wohnung und die muss der Vermieter nicht dulden - egal ob sich die Mitmieter über den Lärm beschweren (Bundesgerichtshof, Aktenzeichen VIII ZR 213/12).

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