Riskante Börsengeschäfte So funktioniert die Hoeneß-Spekulation

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Unter dem Radarschirm der Behörden

„Ich weiß, das ist doof. Aber ich zahle volle Steuern.“
„Herr Hoeneß, sind Sie ein Zocker?“, fragte das Handelsblatt 2011 im Interview. Die Antwort: „Nein, das bin ich nicht. Früher war ich zwar spekulativer unterwegs, habe etwa mit Devisen gehandelt. Ich war aber nie ein Daytrader oder so etwas. Kurz rein und schnell wieder raus – das entspricht nicht meiner Überzeugung. Ich versuche, Ideen zu entwickeln, die ich dann langfristig verfolge.“ Quelle: AP
Das Handelsblatt fragte weiter: „Beschäftigen Sie sich täglich mit der Börse?“ Hoeneß: „Nein, das kann man nicht, dafür fehlt mir auch die Zeit. Vermutlich würde ich auf Dauer sowieso verrückt werden, wenn ich jede noch so kleine Veränderung beobachten würde.“ Quelle: REUTERS
„Ich weiß, dass das doof ist. Aber ich zahle volle Steuern.“ Interview mit der Bild-Zeitung, 2005 Quelle: dpa
„Und es kann doch nicht der Sinn der Sache sein, ins Gefängnis zu wandern, nur um ein paar Mark Steuern zu sparen.“ Interview mit der Welt, 2002 Quelle: AP
„Natürlich will ich Erfolg, aber nicht um jeden Preis. Wenn es um Geld geht, muss man auch mal zufrieden sein.“ Im Interview mit Brand Eins, 2011 Quelle: dpa
„Wenn die Unternehmer alle in die Schweiz gehen, ist auch keinem geholfen. Mit einer Reichensteuer geht es dem kleinen Mann kein Stück besser.“ Bei Maybrit Illner, 2009 Quelle: REUTERS
„Keine Regierung der Welt kann mein Vermögen klein machen. Das mache ich schon selber – indem ich Fehler mache. Mir ist inzwischen egal, ob ich 20, 50 oder 100 Prozent Steuern zahle. Mir geht es um die kleinen Leute.“ Interview mit der Abendzeitung München, 2002 Quelle: dpa

„Ich hatte Kunden aus Deutschland, die waren genauso durchgeknallt wie Hoeneß. Die haben jeden Tag bis zu 30 mal bei mir angerufen“, sagt ein ehemaliger Vontobel-Banker. Bei 20 Millionen Mark Startkapital „hat Vontobel Hoeneß vermutlich eine Kreditlinie von 100 Millionen oder mehr zum Spekulieren gegeben“. Das Risiko war auch für die Bank überschaubar. Es gibt bei Devisen Unmengen historischer Daten, die Schwankungsbreite der Kurse ist kurzfristig gering. Und als Sicherheit waren immerhin die 20 Millionen von Hoeneß da. „Da laufen dann zig Wetten mit großem Einsatz nebeneinander, kaum eine länger als zwei Wochen, oft nur einen Tag“, sagt der Ex-Vontobel-Mann, „das ist reine Spielbank.“ Die Kreditlinie für solche Top-Kunden habe die Bank täglich berechnet – und gut an Zinsen und Provisionen verdient.

Zocker können sich im Steuergeflecht schon mal verheddern. „Vermeintlich neutrale Positionen können über Nacht durch Währungseffekte zu Gewinnen werden, die versteuert werden müssen“, sagt Jens Wöhler, Vorstand bei SBroker, der auch Heavy Trader mit bis zu 5.000 Transaktionen im Jahr betreut. Deutsche Banken weisen diese Gewinne aber aus.

Wie aus einem von 1,35 Dollar auf 1,39 Dollar steigenden Euro-Kurs 130.000 Euro Profit entstehen. (zum Vergrößern bitte anklicken)

Grenzenlos verschoben

Banken-Service mit Derivaten und Devisen wissen auch Reiche zu schätzen, die nicht in erster Linie Gewinne machen, sondern Geld verschieben wollen. „Mithilfe von Optionsgeschäften könnten ganze Konten in der Schweiz abgeräumt werden – ohne jede Überweisung, die Spuren hinterlassen würde“, sagt der Steuerrechtler Thomas Koblenzer, der vermögende Kunden betreut. Über die Finanzmärkte werden mithilfe der Banken Millionen verschoben. „Anleger denken sich so was nicht selber aus. Vermögenden werden Optionsgeschäfte von Bankern angedient“, weiß Koblenzer.

Theoretisch funktioniert das so: Schwarzgeld in der Schweiz soll nach Singapur. Eine einfache Überweisung würde digitale Spuren hinterlassen, Bargeld im Koffer ist zu riskant. Also eröffnet der Kunde ein Konto in Singapur und zahlt einen kleinen Betrag bar ein – die Margin als Sicherheit für mögliche Verluste.

Nun wird ein Zins- oder Devisengeschäft mit dem Schweizer Konto abgeschlossen, bevorzugt außerbörslich, sodass kein anderer Marktteilnehmer dazwischenfunken kann. Der Währungsmarkt ist groß genug, sodass Deals unter dem Radarschirm der Behörden bleiben. Der Kunde handelt dann mit sich selbst, und zwar so, dass er in der Schweiz verliert und in Singapur das Konto anschwillt.

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