Schaumwein, Alkopops, Pferde Bagatellsteuern schaden viel und bringen wenig ein

Aufwendige Steuern mit geringem Ertrag sind eine deutsche Spezialität. Der Steuerzahlerbund fordert ihre Abschaffung, doch deutsche Politiker denken lieber über neue Lasten für die Bürger nach.

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Hier schmeißt der Staat das Geld zum Fenster raus
Das Schwarzbuch 2017/18, herausgegeben vom Bund der Steuerzahler Deutschland. Quelle: dpa
Münchner Maximilianeum Quelle: dpa
Schutzwürdige Bäume in Hameln Quelle: dpa
Wohncontainer für Flüchtlinge Quelle: dpa
Bundestag Quelle: dpa
Frankfurt am Main Quelle: dpa
Ehrenbürg-Gymnasium in Forchheim Quelle: dpa

Eins steht fest: Weder Alkopops noch Pferde machen den deutschen Fiskus reich. Sowohl auf die alkoholhaltigen Süßgetränke als auch auf die Reittiere erhebt der Staat Steuern. Doch beides bringt kaum Geld in die Kasse, weniger als eine Million Euro pro Jahr. Damit zählen die Alkopop- und Pferdesteuer zu den sogenannten Bagatellsteuern, eine Spezialität aus deutschen Landen.

Gar keine Bagatelle aber ist ihre Zahl, wie der Bund der Steuerzahler gerade in einer aufwendigen Studie festgestellt hat: Insgesamt 21 Bagatellsteuern haben dessen Mitarbeiter in Deutschland gefunden. Dazu zählen nach der Definition des Steuerzahlerbundes alle Steuern, die einen Anteil von maximal 0,2 Prozent am Gesamtsteueraufkommen haben.

Kaffeesteuer bringt eine Milliarde Euro

Bisweilen können sich auch diese kleinen Sätze derart läppern, dass das Wort Bagatellsteuer wie ein Euphemismus erscheint. So fällt die Kaffeesteuer unter die Definition, sie bringt immerhin eine Milliarde Euro pro Jahr ein, dicht gefolgt von der umstrittenen Luftverkehrsabgabe. Irgendwo in der Mitte taucht die Schaumweinsteuer auf, einst eingeführt zur Finanzierung der kaiserlichen Flotte. Die gibt es längst nicht mehr, doch die Abgabe auf Sekt blieb uns erhalten, sie garantiert dem Fiskus rund 400 Millionen Euro jedes Jahr.

Feuerschutzsteuer aus Tradition

Die meisten Ministeuern bringen aber wenig Ertrag und viel bürokratischen Aufwand. Der Bund der Steuerzahler fordert daher, Bagatellsteuern am besten ganz abzuschaffen. Einige könnten auch, um Verwaltungskosten zu sparen, in andere Steuern integriert werden. Doch selbst das ist im politischen Alltag häufig schwierig. Ende 2013 forderten Politiker der großen Koalition in Berlin, die Feuerschutzsteuer (Aufkommen gut 400 Millionen Euro) in der allgemeinen Versicherungssteuer (zwölf Milliarden) aufgehen zu lassen. Dagegen wehrten sich jedoch die südlichen Bundesländer mit dem Argument, die Feuerschutzsteuer sei identitätsstiftend für Freiwillige Feuerwehren, denen die Abgabe zugutekäme. Eine alternative fiskalische Alimentierung erschien den traditionsverbundenen Bayern offenbar zu anonym. Also blieb alles beim Alten.

Kreative Kämmerer

Doch es kann für den Steuerzahler noch schlimmer kommen: Die Zahl der Ministeuern nimmt nämlich sogar eher zu als ab. Vor allem auf kommunaler Ebene sprießt die Fantasie scheinbar ungehemmt. Berlin hat beispielsweise eine Zweitwohnungsteuer eingeführt. Vielerorts gibt es neuerdings eine Bettensteuer, die an die Seite der seit Langem üblichen Kurtaxe tritt. Kreative Kämmerer erheben quer durch die Republik Vergnügungssteuern aufs Tanzen, Kinobesuche, Spielautomaten, Wettbüros oder das lukrative Geschäft mit käuflichem Sex.

Gemeinden in Nordrhein-Westfalen hätten jüngst die Einführung einer Solariumssteuer oder einer Motorbootsteuer erwogen, listet der Steuerzahlerbund in seiner Studie mit Grausen auf. Das brandenburgische Örtchen Luckau habe eine Windradsteuer geplant, die nur an den strengen Auflagen der Energiewende gescheitert sei. Ein Blick über die deutsche Grenze zeigt weitere Möglichkeiten auf: Rumänien besteuert Fast Food, Frankreich führte kurzzeitig sogar eine Sondersteuer auf Energy Drinks ein, flüssige Muntermacher.

Fest steht auch: Selbst eine Kleinsteuer wieder abzuschaffen ist weit mühsamer, als sie einzuführen. Der deutsche Fiskus hat das nur selten geschafft, er eliminierte etwa die Essigsäuresteuer, die Spielkartensteuer – und die Zündwarensteuer, die unter anderem auf Streichhölzer zielte. Letztere wurde 1981 unter Kanzler Helmut Schmidt abgeschafft, bekannt als starker Raucher.

Manchmal muss der Steuerzahler eben auch Glück haben.

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