Schlechte Steuerexperten Was tun bei Ärger mit dem Steuerberater?

Was tun, wenn der Steuerberater Fristen reißt oder schlecht arbeitet? Und wer haftet dann? Steuerrechtsanwalt Matthias Krämer erklärt, wie Mandanten Ärger vermeiden können und wann Steuerberater für Schäden aufkommen.

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Auch unter den Steuerberatern gibt es schwarze Schafe, die Fristen des Finanzamtes verpassen, Unterlagen verbummeln oder hinwerfen

Gute Steuerberater sind jeden Cent ihres Honorars wert. Schließlich schleusen sie ihre Mandanten wie Pfadfinder durch den gesetzlichen Steuerdschungel. Aber auch in dieser Branche gibt es schwarze Schafe, die Fristen des Finanzamtes verpassen, Unterlagen verbummeln oder hinwerfen, wenn es schwierig wird. Dann hat es der Mandant schwer, guten Rat zu bekommen. Auf Anfrage der Wirtschaftswoche, wie das zu klären sei, wollte der Deutsche Steuerberaterverband  keinerlei Antwort geben und die Bundessteuerberaterkammer verwies auf eine 26-seitige Verordnung. Das nennt man mauern. 

Die Wirtschaftswoche sprach mit Matthias Krämer, Fachanwalt für Steuerrecht und selbst Steuerberater bei der Kanzlei GGV in Frankfurt. 

Herr Krämer,  nicht immer läuft alles glatt zwischen dem Steuerberater und seinem Mandanten. Wie soll ein Mandant reagieren, wenn der Steuerberater mit der Steuererklärung nicht fertig wird oder sie nicht abgibt mit dem Hinweis, wegen der Komplexität brauche er mehr Zeit?
Wenn der Steuerberater einen zugesagten Termin – zum Beispiel  zur Durchsicht des Entwurfs der Steuererklärung - nicht einhält, sollte der Mandant nach den Gründen fragen. Mit allgemeinen Hinweisen wie „ist kompliziert“ sollte er sich nicht abspeisen lassen, sondern fragen, worin denn genau die Schwierigkeit liegt. Ein gewissenhafter Berater wird sich die Zeit nehmen, seinem Mandanten dies zu erklären, denn schließlich muss dieser auch am Ende seine Steuererklärung verstehen.

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Muss der Steuerberater seinen Mandanten über Fristen des Finanzamtes informieren?
Der Mandant hat einen Anspruch darauf, den Fristverlängerungsantrag des Steuerberaters und die Gewährung der Fristverlängerung durch das Finanzamt in Kopie übermittelt zu bekommen. An dieser Stelle der grundsätzliche Hinweis, dass  Finanzämter Schriftstücke stets mit einer Zweitausfertigung für den Steuerpflichtigen an den Steuerberater übermitteln. Eigentlich sollte der Mandant also stets die gleiche Kenntnis über den Stand des Verfahrens haben wie der Steuerberater selbst.

Was kann denn der Mandant selbst machen, um Missverständnisse mit dem Steuerberater zu vermeiden?
Er sollte sicherstellen, dass es eine nachweisbare Kommunikation  - also am Besten schriftlich - gibt, woraus ersichtlich ist, dass dem Steuerberater alle notwendigen/angeforderten Informationen/Dokumente zur Verfügung standen, um die Steuererklärung fristgerecht fertigen zu können. Sicherheitshalber sollte er Kopien von allen Dokumenten in seinen Akten behalten. Die Nachweisbarkeit ist wichtig, denn der Mandant hat bezüglich der Informationsverschaffung eine besondere Pflicht.

Was heißt das genau?
Der Mandant muss seinen Berater zutreffend und vollständig über den Sachverhalt informieren. Denn der darf sich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auf die Richtigkeit der tatsächlichen Angaben des Mandanten verlassen.  Er darf auch darauf vertrauen, dass alle Unterlagen richtig und vollständig sind und sich zwischen dem Datum der Erstellung der Unterlagen und der Übergabe an den Steuerberater beziehungsweise der Einreichung der Erklärung bei dem Finanzamt nichts geändert hat. Der Mandant sollte unbedingte Offenheit gegenüber seinem Steuerberater haben. Dazu gehört bisweilen auch das eine oder andere, was man anderen Personen vielleicht nicht erzählen würde.

Die größten Steueroasen der Welt
Bei der Nichtregierungsorganisation Tax Justice Networks steht die Schweiz an erster Stelle der Steueroasen – trotz aller Abkommen zum Informationsaustausch. Grund für die Top-Platzierung ist für die NGO die nach wie vor hohe Geheimhaltung von Finanzdaten in der Alpenrepublik. Quelle: dpa
Hongkong steht wegen seiner Verschwiegenheit bei der NGO Tax Justice Networks auf Rang zwei der Schattenfinanzplätze. Auch hier spielt der britische Einfluss noch eine große Rolle, da HK über mehr als ein Jahrhundert eine Kronkolonie war, bevor es in den 90er Jahren wieder an China fiel, aber weiter getrennt verwaltet wird. Quelle: AP
Luxemburg hat sich seinen Wohlstand – das Pro-Kopf-Einkommen liegt doppelt so hoch wie in Deutschland – durch eine äußerst wohlwollende Besteuerung erarbeitet, bei dem die Finanzverwaltung in geheimen Vereinbarungen („tax rulings“) gern auch mal nur ein Prozent Steuern verlangt. Quelle: dpa
Der US-Bundesstaat Delaware profiliert sich durch extrem niedrige Unternehmenssteuern. Hunderttausende Firmen sind dort registriert, auch namhafte deutsche. Nicht nur das Steuerklima ist dort günstig; Firmen lassen sich binnen eines Tages gründen. Quelle: dpa
Karibikeilande wie die Cayman Inseln, die Britischen Jungferninseln und die Bermudas zählen zu den echten Paradiesen mit viel Sonne, Strand und keinen Steuern für Unternehmen, Werktätige und Privatiers. Quelle: dpa
Irland ist für Unternehmen ein interessantes Land. Allerdings ist der Klassiker, das Double Irish mit Dutch Sandwich, nicht mehr im Angebot. Statt dessen gibt es nun eine „Knowledge Box“, mit deren Hilfe Unternehmen nur 6,25 Prozent Steuern zahlen müssen. Quelle: dpa
Deutschland gilt ebenfalls für manche als Steueroase, vor allem für reiche Unternehmer, die vererben wollen. Dank großzügiger Verschonungsregeln können selbst Milliardäre steuerfrei übertragen, wenn sich das Vermögen in Unternehmen befindet. Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb eine Reform angemahnt. Quelle: dpa

Nett gesagt. Aber angenommen, der Steuerberater hat die Frist des Finanzamtes verstreichen lassen. Was passiert dann? Und wer haftet?
Wenn der Mandant nachweisen kann, dass sein Steuerberater eine Frist des Finanzamtes schuldhaft verstreichen ließ, haftet der Steuerberater. Er muss dann den Mandanten so stellen, wie er stünde, wenn die Frist nicht versäumt worden wäre. Dies bedeutet nicht, dass das Finanzamt ihm eine neue Chance für die Frist gewähren muss. Der Anspruch gegen der Steuerberater ist ausschließlich auf Geld gerichtet in Höhe des Schadens, den der Mandant durch die Fristversäumnis erleidet.

Wie berechnet sich das?
Zum Beispiel durch höhere Steuern, weil Unterlagen, die eine niedrigere Steuerlast nach sich gezogen hätten, unberücksichtigt blieben. Dies bedeutet, dass in solchen Fällen stets eine steuerliche Parallelbetrachtung „Was-wäre-die-Steuerlast-gewesen-wenn?“ stattfindet. Aber nur für einen echten Schaden gibt es auch Ersatz.

Hilft im Streitfall die örtliche Steuerberaterkammer dem Mandanten?
Sie ist die zuständige Berufsvereinigung mit Pflichtmitgliedschaft für Steuerberater und gesetzlich darauf verpflichtet, auf Antrag bei Streitigkeiten zwischen Mandaten und Steuerberatern zu vermitteln. Sie kann auch unmittelbar auf den Steuerberater einwirken, zum Beispiel wenn er trotz Aufforderung Arbeitsergebnisse und Mandantenunterlagen nicht an den Nachfolgeberater herausgibt und für Rückfragen des ehemaligen Mandanten, des neuen Steuerberaters und Betriebsprüfers nicht erreichbar ist. Die Kammer hat Auskunfts- und Einsichtsrechte in die Unterlagen.

Zwangsgelder, Rügen und Regress

Kann sie denn auch Strafen verhängen?
Ja, sie darf  Zwangsgelder verhängen oder bei feststehenden Verstößen gegen die Berufspflicht  kann sie den Steuerberater rügen.

Tut ihm das weh?
Eine Abschrift dieser Rüge wird an die Staatsanwaltschaft und an das zuständige Gericht für berufsgerichtliche Verfahren übersandt. Diese entscheiden dann, ob ein Gerichtsverfahren, dass Sanktionen bis hin zu mit Geldbußen und Berufsverbot verhängen kann, eröffnet wird.

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Gibt es Situationen, in denen anwaltliche Hilfe gebraucht wird?
Ein Fachanwalt, nicht der Haus- und Hofanwalt,  ist zu erwägen, wenn der Steuerberater entweder auf die Nachfragen des Mandanten nicht reagiert oder wenn es erkennbar aus Gründen, die durch den Steuerberater zu vertreten sind, zu Schäden beim Steuerpflichtigen kommt. Zum Beispiel durch Strafzuschläge, Schätzbescheide, Zinsfestsetzungen. Oftmals enthalten die Steuerbescheide diesbezügliche Hinweise, wie „Weil die angeforderten Unterlagen nicht vorgelegt wurden ….“ oder „(…) war nicht zu berücksichtigen, weil verspätet eingereicht“.

Angenommen, der Steuerberater hatte zu Beginn des Mandats eine Abschlagszahlung auf sein Honorar gefordert, wie viel davon darf er im Streit einbehalten?'
Er darf von seinem Auftraggeber für die entstandenen und die voraussichtlich entstehenden Gebühren und Auslagen einen angemessenen Vorschuss fordern. Er ist auch dann angemessen, wenn er seiner Höhe nach die voraussichtlichen entstehenden Gebühren und Auslagen voll abdeckt. Allerdings sollte der Mandant von seinem Steuerberater bei der Erstberatung darauf hingewiesen werden. Der Mandant sollte ohne weiteres auch nach einer zumindest vorläufigen Einschätzung der Honorarhöhe anfragen.
Ergibt sich bei der Abwicklung des Auftrags eine voraussichtlich höhere Vergütung als der bisherige Vorschuss, können weitere Vorschüsse verlangt werden Der Gesamtvorschuss darf einbehalten und auf das Gesamthonorar angerechnet werden, wenn der Auftrag abgewickelt wurde und damit ein Anspruch auf das Gesamthonorar besteht.

Wie muss ein Steuerberater nachweisen, dass er ein höheres Honorar aufgrund höheren Aufwands fordern kann?
Das kommt auf die Art der Vergütung an. Grundsätzlich unterscheidet man nach Wert- und Zeitgebühren. Der Wert richtet sich nach dem Gegenstandswert der Angelegenheit, zum Beispiel bei einer Einkommensteuererklärung nach der Summe der Einkünfte und zum zweiten nach der Schwierigkeit des Falles.

Das klingt aber sehr flexibel.
Da es bei Wertgebühren stets eine Spanne gibt – zum Beispiel  bei der Einkommensteuererklärung von 10 Prozent  bis 60 Prozent einer Gebühr, die sich aus dem Gegenstandswert, erhält der Steuerberater bei einem durchschnittlichen Fall die so genannte „Mittelgebühr“. 

In diesen Bundesländern verdienen Arbeitnehmer am meisten
Schleswig-Holstein Quelle: dpa
Niedersachsen Quelle: dpa
Bremen Quelle: dpa
Saarland Quelle: dpa
Rheinland-Pfalz Quelle: dpa
Hamburg Quelle: dpa
Nordrhein-Westfalen Quelle: dpa

Der Steuerberater hat die Gebühr unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem Umfang und Schwierigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit, der Einkommens- und Vermögensverhältnisses des Mandanten und auch nach dem für ihn bestehenden Haftungsrisiko zu bemessen. Er muss seinem Mandanten darüber eine  nachvollziehbare Begründung auf Basis dieser Kriterien geben.

Und die Zeitgebühr?
Das ist einfacher: Da muss der Steuerberater eine Zeitaufschreibung vorlegen, die in ebenfalls nachvollziehbarer Weise Art, Gegenstand und Umfang der jeweiligen Tätigkeit dokumentiert. 

Was kann der Mandant machen, wenn sein Steuerberater das Mandat hinwirft?
Die beiden haben in der Regel einen so genannten  Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen. Wegen dessen  Charakterisierung als „Dienste höherer Art“ dürfen beide Beteiligte jederzeit auch ohne einen besonders schwerwiegenden Grund kündigen. Aber das gilt dann nicht für den Steuerberater, wenn seine Kündigung „zur Unzeit“ erfolgt. Das heißt, wenn der Mandant durch die Kündigung einen Schaden erleidet, insbesondere, weil ein Fristablauf ansteht und keine Chance besteht, die Arbeiten rechtzeitig durch einen anderen Steuerberater erledigen zu lassen. Dann macht sich der Steuerberater schadensersatzpflichtig. Da ist oft ein Anwalt nötig.

Was kann der Mandant machen, wenn der Steuerberater seine Unterlagen nur unvollständig herausrückt? Was, wenn er sagt, er habe sie nie bekommen?
Ein Steuerberater verstößt gegen die Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung, wenn er Unterlagen auf Aufforderung ohne Bestehen eines Zurückbehaltungsrechts - auch nicht nach Beendigung des Auftrags – nicht herausgibt. Dann kann der Mandant über die zuständige Steuerberaterkammer den Weg bis hin zur Einleitung eines berufsrechtlichen Verfahrens vor dem entsprechenden Landgericht gehen.
Wenn der Steuerberater sagt, er habe die Unterlagen nie bekommen, liegt die Beweislast aber beim Mandanten. Deshalb ist es immer ratsam zu dokumentieren, welche Unterlagen er eingereicht hat.

Wo Singles am meisten Steuern zahlen müssen
Höchste Abgabenlast: 1. Belgien Quelle: dpa
2. Platz: Österreich Quelle: obs
3. Platz: Deutschland Quelle: dpa
4. Platz: Ungarn Quelle: AP
4. Italien Quelle: dpa
Niedrigste Abgabenlast: 1. Chile Quelle: AP
2. Platz: Neuseeland Quelle: AP

 Was kann der Mandant machen, wenn das Finanzamt drängt, aber er so schnell keinen neuen Steuerberater findet, der den Fall übernimmt?
Als erstes sollte er dem zuständigen Finanzbeamten die Situation schildern. Oft genügt dafür ein Telefonanruf. Meist gewährt das Finanzamt eine Fristverlängerung. Die Erfahrung zeigt, dass einem solchen Hinwerfen häufig eine Vorgeschichte vorausgeht, zum Beispiel liefert der selbe Steuerberater auch bei anderen Mandanten nicht fristgerecht ab. Oder es wurden von dem Steuerberater in dieser Sache bereits wiederholt Fristverlängerungsgesuche gestellt, oft mit nur allgemeinen Angaben. Wichtig ist aber auch,  dass sich der Mandant sofort um einen neuen Steuerberater kümmert. Der sollte dann unbedingt unmittelbar nach der Mandatierung mit dem Finanzamt in Kontakt treten und die Vertretung anzeigen.

Worst-case-Szenario: Das Finanzamt räumt keine Fristverlängerung ein. Was dann?
Dann darf das Finanzamt je nach Sachlage ein Zwangsgeld androhen oder verhängen oder einen Schätzbescheid erlassen.. Den sollte der Steuerpflichtige innerhalb der Zahlungsfrist begleichen, aber sich einen Einspruch offen halten. So hat er Zeit, einen neuen Steuerberater zu suchen.

Muss denn der neue Steuerberater prüfen, ob sein Vorgänger Fehler gemacht hat?
Nein, er ist nicht automatisch verpflichtet, die Vorarbeiten des früheren Beraters auf Haftungsfälle hin zu überprüfen. Oftmals fehlen ihm dazu auch ausreichende Angaben aus den vorhandenen Unterlagen. Sollte der Mandant also konkrete Anhaltspunkte für einen Pflichtverstoß haben und er möchte das klären, dann muss er seinen neuen Berater darauf auch ansprechen.

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