Schöner klagen Das kostet Ihr Recht

Geprellt, gefeuert, übers Ohr gehauen worden? Sein Recht zu bekommen kann teuer werden. Was Anwälte und Gerichte kosten, welche günstigen Alternativen zum Prozess es gibt, was Rechtsschutz wirklich bringt.

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Schöner klagen Quelle: Maren Esdar

Achim Spindler geht gern unkonventionelle Wege: Weil ihm die Pommes in Berlin nicht schmeckten, machte der 48-jährige Architekt eine Frittenbude auf, in der er Pommes mit Trüffelmayonnaise und Minz-Joghurt-Soße servieren ließ. Als er sich beim Kauf eines Mehrfamilienhauses übers Ohr gehauen sah, vertraute er sich einer ungewöhnlichen Firma an, die seinen Prozess gegen die Verkäufer komplett finanzierte – gegen Erfolgsbeteiligung.

Spindler hatte das Haus gekauft, um die einzelnen Wohnungen zu sanieren und mit Gewinn weiterzuverkaufen. Doch die Immobilie war marode, die Wände mit Hausschwamm durchsetzt. Die Wände zu sanieren kostete eine sechsstellige Summe. Etwa 15.000 Euro für Anwälte und Gerichtskosten würde der Prozess schon in der ersten Instanz verschlingen, rechnete sich Spindler aus. Sollte er den Prozess verlieren, bliebe er auf den Kosten sitzen. „Für mich war die Prozessfinanzierung genau das Richtige, da ich den Prozess sonst vermutlich gar nicht begonnen hätte“, sagt Spindler.

Schadenersatz häufiger gefordert

Was wird der Prozess kosten? Was ist, wenn ich verliere? Wer hilft mir, das Prozessrisiko zu tragen? Viele Deutsche stellen sich in diesen Tagen ähnliche Fragen wie Spindler. Die Finanzkrise provoziert Klagen über Klagen, vor allem von Anlegern, die Verluste erlitten und von Arbeitnehmern, die ihren Job verloren haben. Hart sind die Zeiten geworden, Unternehmen und private Prozessgegner können und wollen sich weniger Kulanz und Großzügigkeit leisten.

So hoffen mehrere Tausend Anleger, die Zertifikate der Pleitebank Lehman gekauft haben, auf Schadensersatz – und klagen, weil ihre Hausbank sie nur unzureichend über die Risiken der Lehman-Papiere aufgeklärt haben soll. Bisher gibt es aber nur eine Handvoll positiver Urteile in erster Instanz. Zudem haben die Kreditinstitute vor Gericht einen langen Atem. „Es ist Teil einer Zermürbungsstrategie, jedes Urteil anzufechten – bis zum obersten Gericht“, sagt Rechtsökonom Michael Adams von der Uni Hamburg.

Gerichtskosten sind teuer Quelle: Maren Esdar

Die Nachwehen der Finanzkrise bringen auch Arbeitsrichtern Überstunden – vor allem an den krisengeschüttelten Automobilstandorten. So meldete das Arbeitsgericht Stuttgart im ersten Halbjahr fast 40 Prozent mehr Klagen als in der ersten Hälfte 2008. Vor allem Kündigungsschutzklagen stapeln sich derzeit auf den Richtertischen. Im Bezirk des Landesarbeitsgerichtes Düsseldorf stieg deren Zahl von Januar bis August um 35 Prozent auf insgesamt 16 750. Eine Fortsetzung der Prozesswelle ist wahrscheinlich. „Die Arbeitsgerichte müssen in Krisenzeiten mit einem knappen Jahr Verzögerung die Sparprogramme der Unternehmen ausbaden“, sagt Ulrich Rosenfelder vom Landesarbeitsgericht München.

Prozesskosten kalkulieren

Doch die Chance auf eine höhere Abfindung oder Schadensersatz ist nicht allein entscheidend. Ob sich ein Prozess lohnt, hängt auch vom finanziellen Risiko ab, das der Kläger eingeht. Verliert er den Prozess, zahlt er Gerichtsgebühren sowie seine Anwaltskosten und die der Gegenpartei.

Honorare für Anwälte sind gesetzlich geregelt

Die Kosten sind gut kalkulierbar. Anwälte dürfen in Deutschland ihre Honorare bei einem Prozess nicht nach Lust und Laune bestimmen. Ein eigenes Gesetz, das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), bestimmt die Honorare nach Höhe des Streitwerts, das kann zum Beispiel die Schadensersatzsumme sein, um die es geht, und nach Art der Leistung. Der Ausgangswert für die Gebührenkalkulation ist ein bestimmter Prozentsatz des Streitwerts. Je höher der Streitwert, desto geringer der Prozentsatz. Da nicht jede Dienstleistung den Anwalt gleichermaßen in Anspruch nimmt, bekommt jede zudem einen Faktor zwischen 0,3 und 3,0 zugeordnet.

Teurer Rat. So viel kosten deutsche Anwälte pro Stunde (zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken)

Ein Beispiel: Ein Anleger will seine Bank auf Schadensersatz in Höhe von 125 000 Euro wegen Falschberatung -verklagen. Der Ausgangswert liegt bei 1431 Euro. In der ersten Instanz dürfte der -Anwalt für die Prozessvorbereitung (Verfahrensgebühr) einen Multiplikator von 1,3 und für die Termine vor Gericht (Termingebühr) einen Multiplikator von 1,2 abrechnen. Demnach summiert sich die Rechnung des Anwalts auf 3578 Euro ohne Mehrwertsteuer.

Hätten sich Bank und Anleger vor der Klage geeignet, ohne dass die Anwälte sich ausgetauscht hätten, wäre es für den Mandanten günstiger geworden. „Um die Gerichte zu entlasten, dürfen Anwälte Einigungen vor einem Gerichtsverfahren mit dem Faktor 1,5 abrechnen“, sagt Edith Kindermann, Rechtsanwältin aus Bremen. Da sich der Multiplikator für die Verfahrensgebühr in diesem Fall auf 0,8 reduziert und die Termin- zugunsten der Einigungsgebühr entfällt, müsste der Mandant nur 3291 Euro zahlen. Solche Deals lohnen sich, auch weil die Gerichtskosten weg-fallen. Das wären bei einem Streitwert von 125.000 Euro in der ersten Instanz 2868 Euro.

Anwälte beraten zum Stundensatz

Wichtig zu wissen: Sucht ein Mandant juristischen Rat, ohne ein Gericht anzurufen, rechnet der Anwalt nach einem frei wählbaren Stundensatz ab, -etwa, wenn eine Führungskraft ihren neuen Arbeitsvertrag von einem Fachanwalt prüfen lassen will. Für diese Art von Anwaltshonoraren gibt es keine gesetzliche Höchstgrenze. Nach einer Studie des Essener Soldan Instituts für Anwaltmanagement verlangen zwei Drittel der deutschen Anwälte zwischen 100 und 200 Euro pro Stunde.

Statt vor einem öffentlichen Gericht zu klagen, können sich Streitparteien auch auf ein privates Schiedsgericht einigen. Das lohnt sich insbesondere für Unternehmen bei hohen Streitwerten, weil der Kostenvorteil gegenüber ordentlichen Gerichten mit der Höhe des Streitwerts steigt. Vor Schiedsgerichten gibt es nur eine Instanz. Ein Schiedsspruch der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS), ein von großen Anwaltskanzleien getragener Verein, kostet bei einem Streitwert von 500.000 Euro insgesamt 41.085 Euro.

Alternativen prüfen

Deutlich weniger als die 58.578 Euro, die für einen Prozess über zwei Instanzen an öffentlichen Gerichten einschließlich Anwaltshonorar und Gerichtsgebühren fällig werden. Für das Gros der privaten Rechtsstreitigkeiten sind Schiedsgerichte aber eine Nummer zu groß. Wer etwa einen Familienstreit oder Zoff mit den Nachbarn nicht in die Öffentlichkeit zerren möchte, kann einen Mediator einschalten, meist einen Anwalt oder eine andere speziell geschulte Fachkraft.

Bei einer Mediation suchen beide Parteien freiwillig und gemeinsam nach einer Konfliktlösung. Mediationen werden für so gut wie alle Konflikte, ob Erbstreitigkeiten, Mobbing im Unternehmen oder Ehekrach, angeboten. Läuft ein Prozess, kann er für eine Mediation unterbrochen werden. Auch eine mögliche Verjährung verschiebt sich. Meist teilen beide Parteien die Kosten. Abgerechnet wird nach Stundensätzen von 100 bis 300 Euro. Mittlerweile beteiligen sich einzelne Rechtsschutzversicherer, etwa die Auxilia, die DMB (Tarif Expert) oder die Arag, an den Kosten oder übernehmen diese komplett. Auch Gerichte bieten Mediationen durch Richter an, selbstredend losgelöst vom Gerichtsverfahren.

Noch kostengünstiger lassen sich Rechtsstreitigkeiten bei kommunalen Schiedsstellen regeln, die schon für 50 Euro Gebühr einen vorgerichtlichen Vergleich vermitteln. Viele Bundesländer schreiben vor, dass potenzielle Kläger bei einem Streitwert von weniger als 1000 Euro zunächst eine Schiedsstelle anrufen müssen. So sollen die Amtsgerichte vor allem von Nachbarschaftsstreitigkeiten entlastet werden. Schiedsstellen eignen sich besonders für Fälle, bei denen die möglichen Prozesskosten höher sind als der Streitwert und beide Parteien zu einem Vergleich bereit sind.

Ombudsleute als Schiedsrichter

Wer Ärger mit seiner Bank oder Versicherung hat, muss nicht gleich vor Gericht ziehen. Die Finanzbranche hat Ombudsleute als neutrale Schiedsrichter für Streitfälle mit Kunden installiert. Kunden haben hier nichts zu verlieren: Für sie ist das Verfahren kostenlos. Urteile der Ombudsleute sind bis zu gewissen Grenzen, oft 5000 Euro, für die Unternehmen bindend. Der Kunde kann dagegen immer noch klagen.

Die Ombudsleute der Banken sind über den jeweiligen Bankenverband zu erreichen, bei Sparkassen zum Beispiel über den Deutschen Sparkassen- und Giroverband, bei den privaten Banken über den Bundesverband Deutscher Banken. Im vergangenen Jahr beschwerten sich 4800 Kunden bei den Ombudsleuten der Privatbanken – mehr als jemals zuvor. Jede dritte Beschwerde führte am Ende zu einer Lösung, die zumindest zum Teil zugunsten des Kunden ausfiel.

Bei Ärger mit der Versicherung hilft generell der Versicherungsombudsmann, außerdem gibt es noch eine spezielle Schiedsstelle für Kranken- und Pflegeversicherung. Auch Handwerks- oder Anwaltskammern bieten sich für ihre jeweiligen Berufsstände als Schiedsstellen an.

Staatshilfe annehmen

Wenn Mediatoren, Schiedsstellen oder Ombudsmänner nicht helfen können, bleibt oft nur » » der Gang zum Gericht. Viele scheuen davor zurück, weil ihnen das Geld für einen Prozess fehlt. Dabei gibt es durchaus Wege, auch bei kleinem Budget sein Recht durchzusetzen.

Für Bürger mit geringem Einkommen springt die staatliche Prozesskosten- oder Beratungshilfe ein. So verringern sich die Kosten für eine Rechtsberatung auf maximal zehn Euro, so viel wie die Praxisgebühr beim Hausarzt. Dafür müssen finanzschwache Mandanten beim jeweiligen Amtsgericht Beratungshilfe beantragen oder sich an einen Anwalt wenden, der dies erledigt.

Tipps zu Recht und Gesetz Quelle: Fineas - fotolia.com

Will ein klammer Bürger klagen, kann er Prozesskostenhilfe beantragen. Beim Familienstreit vor Amtsgerichten wird diese besonders oft genutzt: Dort bekam im vergangenen Jahr in mehr als jedem zweiten Verfahren mindestens eine Partei Prozesskostenhilfe. Vor Finanzgerichten hingegen gab es nur in jedem 50. Prozess die staatliche Unterstützung.

Anspruch auf Beratungs- und Prozesskostenhilfe hat, wer über kein Vermögen verfügt und nur ein geringes frei verfügbares Einkommen hat. Das Einkommen wird ermittelt, indem vom Nettoeinkommen sämtliche Ausgaben für Vorsorge, Wohnkosten einschließlich Heizung und Werbungskosten abgezogen werden. Bleibt nach Abzug von weiteren Freibeträgen, zum Beispiel für Kinder, kaum noch Geld übrig, besteht Anspruch auf die staatliche Hilfe.

Policen vergleichen

Vielen Deutschen gefällt die Idee, sich bei juristischem Ärger keine Gedanken über Anwalts- und Gerichtskosten machen zu müssen. Insgesamt haben sie rund 21 Millionen Rechtsschutzpolicen abgeschlossen, die das Kostenrisiko eines Rechtsstreits absichern. Der Versicherer bezahlt bei einer Prozessniederlage Anwälte und die Gerichtskosten.

Wer über eine solche Police nachdenkt, sollte vorab überprüfen, welche juristischen Risiken er schon über Mitgliedschaften in einer Gewerkschaft, dem Mieter- beziehungsweise Immobilieneigentümer-Verein oder einem Auto-Club abgedeckt hat. Oft beinhalten Mitgliedschaften nicht nur eine kostenlose oder preisgünstige Rechtsberatung, sondern auch Rechtsschutz für den jeweiligen Bereich.

Doch selbst wenn noch Lücken bleiben: Für den Präsidenten des Bundesverbands der Versicherungsberater, Stefan Albers, hat die Rechtsschutzversicherung „keine Top-Priorität in der privaten Vorsorge“. Erst wenn jemand alle existenziellen Risiken abgesichert und zum Beispiel zumindest eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen habe, solle er über eine Rechtsschutzpolice nachdenken. Zwischen 140 und knapp 300 Euro Jahresbeitrag müssen Angestellte für ein Paket aus Privat-, Berufs- und Verkehrsrechtsschutz zahlen. Wer als Mieter auch Streitigkeiten mit dem Vermieter absichern möchte, muss noch bis zu 50 Euro drauflegen.

Geldparagraph Quelle: Maren Esdar

Der Privatrechtsschutz deckt etwa Streit bei einem Kaufvertrag ab, zum Beispiel wenn ein neu gekaufter Fernseher einen Mangel hat, der Verkäufer ihn aber nicht zurücknehmen will. Mit Berufsrechtsschutz sichern Kunden sich beispielsweise bei einer ungerechtfertigten Kündigung Unterstützung. Der Verkehrsrechtsschutz greift, wenn jemand unverschuldet einen Unfall erleidet, die Versicherung des Verursachers ihm aber nicht den ganzen Schaden ersetzen will.

Der Versicherte beteiligt sich bei den ausgewiesenen Tarifen mit 150 Euro pro Rechtsschutzfall an den Kosten. „Damit muss zwar eine Erstberatung beim Anwalt oft komplett selbst bezahlt werden, doch die Selbstbeteiligung drückt den Beitrag deutlich“, erklärt Versicherungsberater Albers. Eine Rechtsschutzpolice sei ohnehin nur für besonders teure Rechtsrisiken sinnvoll, nicht aber für kleinere Streitigkeiten, die nur geringe Kosten verursachen.

Police sorgfältig abwägen

Die Tarife unterscheiden sich deutlich, sodass Interessenten genau darauf achten sollten, ob eine Police alle für sie wichtigen Risiken abdeckt. Manches lässt sich gar nicht oder nicht zu bezahlbaren Preisen versichern. So schließen alle Rechtsschutzversicherer Probleme beim Bau eines Hauses oder Kauf einer Wohnung aus. „Viele Versicherte wissen das nicht“, sagt die Versicherungsexpertin der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, Elke Weidenbach.

Auch Börsen- und Spekulationsgeschäfte werden von neuen Policen meist nicht mehr abgedeckt. Nur wenige Tarife greifen noch bei Aktien- oder Anleihekäufen, so wie die Tarife Roland Kompakt Plus (bis zu einer Summe von 50.000 Euro), DMB Expert und DAS Optimal (bis 20.000 Euro).

Ändern die Anbieter ihre Konditionen, gilt das aber nur für neue Verträge. Wer eine alte Police mit besseren Konditionen hat, sollte bei einem Vertragswechsel darauf achten und nicht nur auf die Beitragshöhe schauen. Zumal bei Vertragsabschluss in der Regel eine Wartezeit von drei Monaten gilt. Wer in diesem Zeitraum rechtliche Probleme hat, kann noch nicht auf eine Zahlung des Versicherers hoffen.

Doch auch später kann es Ärger um die Versicherungsleistung geben. Das mussten einige der Lehman-Betroffenen erleben, die gerichtlich gegen ihre Hausbank vorgehen wollten. Ihre Rechtsschutzversicherer, wie etwa die NRV, aber auch die Branchenführer DAS und Arag, lehnten die angefragte Kostenübernahme in einigen Fällen ab. Mal waren Rechtsstreitigkeiten um Geldanlagen in den erst vor Kurzem abgeschlossenen Policen generell ausgeschlossen, mal deckte die Police keine Spekulationsgeschäfte ab. Nun müssen Gerichte entscheiden, ob die Versicherung die Prozesse finanzieren muss.

Viele Leistungen nur im Paket

Viele Leistungen, wie etwa den Berufsrechtsschutz, gibt es von den Versicherern nur im Paket mit anderen, weniger heiklen Rechtsgebieten, was die Prämie nach oben treibt. Gerade den Berufsrechtsschutz für Arbeitnehmer hält Expertin Weidenbach aber in wirtschaftlichen Krisenzeiten für sinnvoll. Zumal bei Arbeitsstreitigkeiten eine Besonderheit gilt: In der ersten Instanz bekommt der Prozessgewinner – anders als bei anderen Prozessen – seine Anwaltskosten nicht vom Gegner, in der Regel seinem Arbeitgeber, erstattet.

Generell gibt es Geld vom Versicherer nur, wenn dieser zuvor einer Klage Aussicht auf Erfolg bescheinigt hat. Auch die maximale Leistung ist meist begrenzt. „Weniger als 250 000 Euro Deckungssumme sollten es auf keinen Fall sein“, sagt Berater Albers. Wer auf Nummer sicher gehen will, wählt einen Tarif mit unbegrenzter Deckungssumme.

Prozessfinanzierer suchen

Da Rechtsschutzpolicen nur bei einem Teil der Gerichtsverfahren zahlen, bietet sich als Alternative ein Prozesskostenfinanzierer an. So wie bei Achim Spindler, dem Berliner Architekten, übernehmen die Finanzierer alle anfallenden Kosten des Rechtsstreits, sowohl die Anwaltsgebühren als auch alle Gerichtskosten. Nur wenn der Kläger letztlich erfolgreich ist oder einer außergerichtlichen Lösung zustimmt, bekommen die Finanzierer ihr Honorar, meist 20 bis 30 Prozent der an den Kläger fließenden Summe. Allerdings übernehmen die Finanzierer nur besonders erfolgversprechende Prozesse, bei denen es außerdem um eine Geldforderung gehen muss, etwa Schadensersatz, ein ausstehendes Honorar oder Erbansprüche auf eine Immobilie. Außerdem sollte der Streitwert mindestens fünfstellig sein.

Architekt Spindler verlor sein Verfahren in der ersten Instanz. Die Gesamtkosten des Prozesses lagen da bei etwa 15.000 Euro. „Als Privatperson hätte ich spätestens an dieser Stelle aufgegeben“, sagt der Architekt. Dank Prozessfinanzierung durch den Bonner Anbieter Foris wagte er die Berufung.

Kläger sollten zunächst ihren Anwalt bitten, sich mit einem Prozesskostenfinanzierer in Verbindung zu setzen. So lassen sich die Chancen auf eine Finanzierung ausloten, bevor der Anwalt gegen üppiges Honorar eine Klageschrift aufsetzt. Misstrauische Kläger können zudem mit der kostenlosen Finanzierungsprüfung auch die Erfolgsversprechen ihres Anwalts prüfen. Erklärt sich ein Prozessfinanzierer bereit, die Kosten zu übernehmen, stehen die Erfolgschancen wohl wirklich gut.

Im Umkehrschluss gilt das nicht unbedingt: Weil Prozessfinanzierer total auf Nummer sicher gehen, lehnen sie die weitaus meisten Anfragen ab. Foris entscheidet sich in 95 Prozent der Fälle gegen eine Finanzierung, andere erteilen 80 Prozent der Interessenten eine Abfuhr. Das penible Aussieben zahlt sich aus: Im vergangenen Jahr gingen bei Foris 68 Prozent der finanzierten und abgeschlossenen Verfahren für die Kunden positiv aus. Die Allianz, Roland und die DAS Prozessfinanzierung haben nach eigenen Angaben bis zu 80 Prozent der von ihnen finanzierten Fälle positiv abgeschlossen. »

Erfolgshonorar vereinbaren

Wer keinen Prozessfinanzierer findet, kann immerhin versuchen, mit seinem Anwalt ein Erfolgshonorar auszuhandeln. Statt nach dem gesetzlichen Gebührenkatalog abzurechnen, erhält der Anwalt im Erfolgsfall 20 bis 30 Prozent des Streitwerts. Nachteil: Anders als bei Prozessfinanzierern bleibt der Mandant bei einer Niederlage auf Gerichtskosten und Anwaltshonorar der Gegenseite sitzen.

Wer ein Erfolgshonorar vereinbaren will, muss zudem nachweisen, dass der Prozess ohne Vorfinanzierung durch den Anwalt nicht zustande käme. „Bisher wird das Erfolgshonorar kaum angenommen“, sagt Julia von Seltmann, Geschäftsführerin der Bundesrechtsanwaltskammer. Christoph Hommerich, Direktor des Soldan Instituts, schiebt das auf die fehlende Erfahrung der deutschen Anwälte mit dem neuen Honorarmodell: „Das Erfolgshonorar kann privaten Klägern Türen zum Recht öffnen, die sich bisher keinen Prozess über mehrere Instanzen leisten konnten oder wegen des Risikos zögerten.“ Dazu zählt er Fälle, in denen Patienten wegen ärztlicher Kunstfehler klagen. „Oft reichen die Ersparnisse der Kläger nur für die erste Instanz“, sagt Hommerich.

Steuern sparen

Kläger und Ratsuchende können sich einen Teil der Kosten für Beratung und Prozesse vom Finanzamt wiederholen. „Allerdings gilt dies nur für Fälle, in denen ein Zusammenhang mit dem Erhalt oder der Erzielung von Einnahmen des Mandanten besteht“, sagt Wolfram Meven, Partner der Düsseldorfer Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek.

Selbst wer nach einem erfolgreich beendeten Prozess keine Anwalts- und Gerichtskosten zahlen muss, kann seine Steuerlast mindern. So wie Architekt und Pommes-Liebhaber Achim Spindler. In der zweiten Instanz urteilte das Gericht zu seinen Gunsten, mittlerweile haben die Voreigentümer den Schadensersatz weitgehend gezahlt. Spindler muss davon aber nur einen Teil versteuern, weil er das Honorar des Prozessfinanzierers steuerlich geltend machen kann. Vor allem freut er sich aber, dass aus dem Projekt noch etwas geworden ist: Das Haus in Berlin ist saniert, die Eigentümer sind eingezogen.

Weniger gut lief die Edel-Pommesbude. Die hat er mittlerweile aufgegeben. Trüffel-Mayo ist eben nicht jedermanns Sache – da hilft auch kein Klagen.

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