Schwarzgeldkonten Immer weniger Selbstanzeigen von Steuersündern

Die Zahl der Selbstanzeigen von Steuersündern ist in diesem Jahr in Bremen deutlich gesunken. Quelle: dpa

Der Fall von Uli Hoeneß war wohl einer der prominentesten. Inzwischen gehen die Selbstanzeigen der Steuersünder zurück - nicht zuletzt wegen schärferer Gesetze. Das spüren die Finanzministerien im Staatssäckel.

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Die Zahl der Selbstanzeigen von Steuersündern mit Schwarzgeldkonten im Ausland geht infolge schärferer Gesetze rapide zurück. Wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur in den 16 Länderfinanzministerien ergab, meldeten sich im vergangenen Jahr beispielsweise in Hessen und dem Saarland gerade einmal halb so viele Kriminelle wie im Vorjahr bei den Behörden. Nach - teils vorläufigen Zahlen - gab es 2017 aber deutschlandweit immerhin noch mehr als 2000 Selbstanzeigen. Die Folgen zeigen sich auch in der Staatskasse: Die Millionenrückzahlungen der Steuerbetrüger sind ebenfalls rückläufig.

Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) sagte: „Das zeigt, dass die ergriffenen Maßnahmen richtig waren und sind; von daher war zu erwarten, dass die Zahl der Selbstanzeigen irgendwann nicht nur wieder rückläufig, sondern wegen der Rückkehr von Bürgern in die Steuerehrlichkeit auch nachhaltig niedriger sein wird.“

Seit Januar 2015 ist es für Steuerhinterzieher deutlich teurer, mit einer Selbstanzeige straffrei davonzukommen. Seitdem ist Steuerbetrug lediglich bis zu einer Summe von 25.000 Euro straffrei, anstatt wie noch zuvor bis zu einer Summe von 50 000 Euro. Vor Inkrafttreten der neuen Regeln hatten Zehntausende Steuerbetrüger ihr Schwarzgeld im Ausland noch schnell offengelegt, um straffrei davonzukommen. Die Zahl der Selbstanzeigen erreichte 2014 mit mindestens 38 300 einen Rekordwert. Danach hatten die Behörden sinkende Zahlen erwartet. „Wir kommen jetzt auf einen Bodensatz, den wir auch in Zukunft beobachten werden“, sagte der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU).

Das sind die größten Steuerparadiese
PanamaPanama erlangte im April 2016 zweifelhafte Berühmtheit, als es den sogenannten Panama-Papers ihren Namen gab. Die Kanzlei Mossack Fonseca, die mit der Gründung von Briefkastenfirmen in Steueroasen ihr Geld verdiente, hat ihren Sitz in Panama. Nach der Veröffentlichung tauchte Panama bereits auf einigen nationalen Steueroasen-Listen der EU-Mitgliedsländer auf. Bislang gab es aber keine einheitliche schwarze Liste der EU. Nach monatelanger Sichtung, Prüfung und politischen Verhandlungen hat die EU 2017 so eine Liste präsentiert. Panama war auch diesmal mit dabei. Doch das Land machte Zugeständnisse und wurde wieder von der schwarzen auf die graue Liste geschoben. Quelle: REUTERS
InselgebieteNeben Panama werden bekannte Steuerflucht-Inseln wie Barbados, Amerikanisch-Samoa, Grenada, Guam, Palau, St. Lucia, Samoa und die Marshallinseln an den Pranger gestellt. Ursprünglich sollten noch deutlich mehr Länder in die Liste aufgenommen werden. Doch einige Staaten konnten die EU mit Versprechungen und Zusagen besänftigen – und sich so von der Liste stehlen. Jüngst strich die EU Barbados und Grenada wieder von der schwarzen Liste. Quelle: AP
MacaoDie chinesische Sonderverwaltungszone Macao hatte es zunächst nicht geschafft, die Aufnahme in die Bannliste zu verhindern. Das 50 Kilometer von Hongkong entfernte Gebiet ist vor allem als Glücksspiel-Dorado bekannt, zieht allerdings auch jede Menge Steuerflüchtige an. Die EU konnte der Veröffentlichung ihrer schwarzen Liste offenbar so viel Druck auszuüben, dass die Steueroase ihr Geschäftsmodell überdachte und nun zu Zugeständnissen bereit war. Nun steht Macao auf der grauen Liste und damit unter Beobachtung. Quelle: AP
TunesienOb die bloße Nennung der Länder dazu ausreicht, wird allerdings von einigen Experten bezweifelt. In der Liste tauchten allerdings bislang auch eher weniger bekannte Steueroasen wie Tunesien auf - das nun wieder von der schwarzen Liste verschwand. Bekanntere Steueroasen wie die britischen Jungferninseln oder das ebenfalls britische Montserrat dagegen tauchten erst gar nicht auf der Liste auf – auf Druck aus Großbritannien, wie es aus EU-Kreisen hieß. Quelle: dpa
SüdkoreaAuch die Nennung Südkoreas auf der Liste war seinerzeit eher eine Überraschung. Das asiatische Land fiel bis dahin nicht als bekannte Steueroase auf. Nun steht Südkorea nur noch unter Beobachtung, Sanktionen muss das Land nicht befürchten. Mit der Aufnahme in auf die schwarze Liste waren ohnehin keine Strafmaßnahmen verbunden. Immerhin hat die EU durch den öffentlichen Pranger offenbar Zusagen für Verbesserungen erwirkt.
Vereinigte Arabische EmirateDie Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) sind in Sachen Steuern vor allem dafür bekannt, dass man kaum welche zahlen muss. Zwar soll eine moderate Mehrwertsteuer eingeführt werden – allerdings mit etlichen Ausnahmen. Als Steueroase spielten die Emirate bislang in der öffentlichen Wahrnehmung aber keine allzu große Rolle. Kritiker bemängelten gleich, dass die EU-Liste nach undurchsichtigen Kriterien aufgestellt sei. Nun hat die EU die VAE von der schwarzen Liste gestrichen. Quelle: AP
Mongolei Quelle: dpa

Viele der Selbstanzeigen stehen im Zusammenhang mit Daten-CDs aus der Schweiz, die deutsche Steuerbehörden in den vergangenen Jahren gekauft hatten. Sie enthielten Daten von Depots deutscher Bürger auf Schweizer Banken, die oft schon vor Jahrzehnten eingerichtet wurden.

Das galt einmal eher als Kavaliersdelikt, doch heute wird Steuerhinterziehung in der Öffentlichkeit als schwere Straftat wahrgenommen. Die Täter fanden später laut Schäfer oft keinen Weg, das Geld in den legalen Kreislauf zurückzuführen. Nun seien es ältere Leute, die das Problem nicht ihren Kindern hinterlassen wollen.

Die Zahl der Selbstanzeigen und ihr Rückgang sind in den Ländern ganz unterschiedlich, wobei manche Länder nur solche mit Bezug zu Vermögen in der Schweiz zählen, andere etwa auch Luxemburg und Liechtenstein berücksichtigen oder das Ausland insgesamt werten. Niedersachsen wiederum hat bislang gar keine Angaben differenziert nach dem Ort des Vermögens - hat also auch innerdeutsche Fälle in der Statistik - und kommt so auf 986 strafbefreienden Anzeigen nach 1077 im Jahr 2016.

Nur mit Auslandsbezug meldete Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr 414 Selbstanzeigen, Baden-Württemberg 412. In Bayern sank die Zahl 2017 im Vergleich zum Vorjahr um 40 Prozent von 459 auf 272. Die geschätzten Mehrsteuern lagen dort bei zehn Millionen Euro.

Hingegen zeigten sich in Thüringen nur zwölf Menschen selbst an. Finanzministerin Heike Taubert (SPD) führte dies auf die kleinteilige Wirtschaftsstruktur des Freistaats zurück: „Unternehmen und Bürger sind vergleichsweise steuerschwach. Große Vermögen liegen in anderen Ländern.“ In Brandenburg gab es bis zum dritten Quartal 2017 lediglich zwei neue Selbstanzeigen.

Nach Einschätzung von Hessens Ressortchef Schäfer können alle Maßnahmen gegen Steuersünder nur im internationalen Kontext wirken: „Die Grenzen sind dort, wo Länder bei den Maßnahmen nicht mitmachen.“ Es gebe aber international eine veränderte politische Grundstimmung und auch neue technische Möglichkeiten. „Deshalb glauben wir, dass wir das Hase-und-Igel-Rennen um das Hinterziehen von Geld durch Kriminelle und das Auffinden durch uns nicht wie früher häufig verlieren, sondern mittlerweile mithalten können.“

Der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Thomas Eigenthaler, sagte, die Schweiz, Luxemburg und Liechtenstein hätten sich lange durch ein sehr scharfes Bankgeheimnis hervorgetan. Das gehe aber nun zu Ende, denn seit Oktober übermittelten ausländische Banken Informationen zu Konten, Kontoständen und Erträgen. In diesem Jahr komme die Schweiz hinzu. „Die Schweißperlen auf der Stirn der Steuerhinterzieher sind deutlich größer geworden“, sagte Eigenthaler. In einigen Jahren „dürfte kein Fisch mehr durch die Netze schlüpfen“.

Aus den Finanzministerien in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt gab es keine Zahlen für 2017. Dort werden die Daten den Angaben zufolge statistisch nicht mehr erhoben.

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