Die Zahl der Selbstanzeigen von Steuersündern mit Schwarzgeldkonten im Ausland hat sich 2015 im Vergleich zum Rekordwert des Vorjahres mehr als halbiert. Eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter den 16 Länderfinanzministerien mit Angaben überwiegend bis einschließlich November ergab einen vorläufigen Stand von rund 14.500 Selbstanzeigen. Bis Jahresende dürfte die Zahl noch steigen. Sie wird aber aller Voraussicht nach weniger als die Hälfte der 40.000 Selbstanzeigen von 2014 betragen.
Die Finanzminister begründeten die erwartete Entwicklung durchweg mit den seit Januar 2015 stark verschärften Regeln für Steuerbetrüger, für die es nun teurer geworden ist, mit einer Selbstanzeige straffrei davonzukommen. „Wir hatten 2014 einen Nichts-Wie-Hin-Effekt“, sagte der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Thomas Eigenthaler. So sei der Rekord entstanden.
NRW ist das Bundesland mit den meisten Selbstanzeigen
Der Wert sei aber immer noch hoch, betonte Eigenthaler. In Nordrhein-Westfalen - das Land gilt als Vorreiter im Kampf gegen Steuerbetrug - gab es die meisten Selbstanzeigen. Insgesamt 3016 Meldungen. Es folgten Baden-Württemberg (2602 Selbstanzeigen), Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Bayern. Am wenigsten Steuerbetrüger meldeten sich in Bremen, Hamburg, im Saarland und in den ostdeutschen Bundesländern.
Zehn goldene Regeln für die Selbstanzeige
Die Selbstanzeige ist nur strafbefreiend, wenn die Tat noch nicht entdeckt ist. Daher ist Eile geboten.
Quelle: BRANDI Rechtsanwälte
Stand: Oktober 2017
Ist die Tat schon entdeckt, wirkt selbst eine unwirksame Selbstanzeige strafmildernd wie ein Geständnis. Es ist also nie zu spät für die Offenlegung.
Nur wer in vollem Umfang die Steuererklärungen einer Steuerart der letzten zehn Kalenderjahre korrigiert, bleibt straffrei. „Vergessene“ Sachverhalte gefährden die Wirksamkeit der Selbstanzeige.
Mit Abgabe der Selbstanzeige müssen sämtliche hinterzogenen Steuern samt Zinsen und gegebenenfalls Strafzuschlag bezahlt werden. Wer nicht zahlen kann, sollte Alternativen erörtern.
Eine Selbstanzeige erfordert strafrechtliche und steuerrechtliche Erfahrung. Ziehen Sie auf jeden Fall Berater hinzu. Die Tücke steckt im Detail.
Weihen Sie ihren Steuerberater nie in etwaige Steuerhinterziehung ein. Sollte keine Selbstanzeige abgegeben werden können, macht er sich der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig, wenn er weiterhin ihre Steuererklärungen bearbeitet, ohne die Hinterziehung offenzulegen.
Eine Selbstanzeige ist meist erst der Anfang. Ohne intensive Verhandlungen mit dem Finanzamt und gegebenenfalls ein gerichtliches Verfahren läuft die Selbstanzeige nur selten ab.
Es sollte genau geprüft werden, ob durch die Selbstanzeige Außenstehende oder etwa Familienangehörige belastet werden. In einem solchen Fall ist ein koordiniertes Vorgehen bis hin zur gleichzeitigen Abgabe der Selbstanzeige ratsam.
Beamten – auch verbeamteten Lehrern – und Angehörigen des öffentlichen Dienstes sowie Berufsträgern wie Ärzten, Rechtsanwälten, Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern droht bei einer Selbstanzeige ein disziplinarrechtliches oder berufsrechtliches Verfahren. Dies kann bis hin zum Verlust von Pensionsansprüchen führen.
Die Finanzverwaltung ist verpflichtet, Kenntnisse über Straftaten wie Korruption oder Geldwäsche an andere Behörden weiterzuleiten. So kann eine Selbstanzeige weiterte Ermittlungen und Anklagen auslösen, selbst wenn die Steuerhinterziehung straffrei bleibt.
Baden-Württembergs Finanzminister Nils Schmid (SPD) will den Druck gegen Steuersünder ungeachtet bundesweit stark rückläufiger Selbstanzeige-Zahlen aufrechterhalten. „Gegen Steuerhinterziehung gibt es nur ein Mittel: konstanter Druck und konsequente Strafverfolgung.“
Schmid weiter: „Ob es Berichte über den Ankauf von Steuer-CDs gibt oder über prominente Steuerhinterzieher: Wann immer Steuersünder damit rechnen müssen, aufzufliegen, steigt die Zahl der Selbstanzeigen, und es werden Steuern nachgezahlt.“
Bis zu 20.000 Selbstanzeigen möglich
Zum vorläufigen Stand der Selbstanzeigen für 2015 sagte der DSTG-Chef, eine Gesamtjahresbilanz in Richtung 20.000 Anzeigen sei möglich - und das sei keinesfalls wenig. Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) will im Kampf gegen Steuerbetrug auch den Druck gegen die Banken erhöhen. Geldinstitute „in dreistelliger Zahl“ hätten offenbar über viele Jahre hinweg ein dubioses wie lukratives Geschäftsmodell zu Lasten des Fiskus entwickelt, sagte der Minister der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. Hinweise auf solche hochkomplexe, unrechtmäßige „Cum-Ex-Geschäfte“ habe man aus erworbenen Steuer-CDs und Selbstanzeigen gewonnen - auch aus einem jüngst angekauften Datenträger.
Dieser soll Hinweise darauf enthalten, dass Banken und Finanzdienstleister ein System entwickelten, mit dem sich mehrere Anleger vom Staat eine Kapitalertragsteuer erstatten ließen, die aber tatsächlich nur ein einziges Mal gezahlt worden war. Die Finanzbehörden sollen mit dieser Methode insgesamt um Milliardensummen betrogen worden sein.
Dem Minister zufolge hatte man zunächst längere Zeit keine Beweise. Das habe sich geändert: „Es hat bereits erste Urteile gegeben. Und unsere Steuerfahnder sind jetzt gerade dabei, neue Hinweise auszuwerten.“
Walter-Borjans betonte: „Eine so systematische Konstruktion (...) ist aller Anlass, den Banken auf den Zahn zu fühlen und klar zu machen: Das wird Folgen haben.“ Wer als Geldinstitut ein solches Modell betrieben habe, solle reinen Tisch machen und zur Selbstanzeige greifen.