Sparkassen und Volksbanken in der Kritik Schlichtungsstellen entscheiden oft gegen Bankkunden

Seite 3/5

Schönrechnerei

Mit diesen Banken sind Sie schlecht beraten
Eine Passantin geht am Mittwoch (14.04.2004) an einer Filiale der Hamburger Sparkasse vorbei. Quelle: dpa/dpaweb
Eingang zu einer Filiale der HypoVereinsbank Quelle: AP
Filliale der Santander Bank Quelle: dpa
Taschenrechner mit dem Logo der Commerzbank Quelle: dpa
Filiale einer Volksbank Quelle: AP
sparda-bank
TARGOBANK Quelle: obs

Auch die Statistiken der BVR-Beschwerdestelle zeichnen ein ziemlich kundenunfreundliches Bild. Der jüngste verfügbare Tätigkeitsbericht umfasst die Schlichtungsverfahren des Jahres 2011. In dem Jahr sind insgesamt 2652 Beschwerden bei der Schlichtungsstelle eingegangen. Davon wurden immerhin noch rund 1800 dem Ombudsmann vorgelegt, in den anderen Fällen wurde die Beschwerde entweder von den Kunden zurückgezogen oder im sogenannten Vorprüfungsverfahren entschieden. Von den mehr als 1800 vorgelegten Verfahren lehnte van Gelder allerdings mehr als drei Viertel als unzulässig ab. Meist wegen Verjährung oder weil zur Klärung der Sachlage eine umfangreiche Beweisaufnahme nötig wäre – in solch aufwändigen Fällen lehnt die Schlichtungsstelle ein Verfahren ab. "Wenn ein Unzulässigkeitsgrund vorliegt, kann eben nicht in der Sache entschieden werden", teilt die Schlichtungsstelle des BVR dazu auf Anfrage mit.

Nur 431 Schlichtungsvorschläge machte Ombudsmann van Gelder, das sind gerade mal 16 Prozent der insgesamt 2652 eingereichten Beschwerden. Nur 51 Schlichtungsvorschläge fielen zu Gunsten des Kunden aus, in allen anderen Fällen gab van Gelder der Bank recht oder regte einen Vergleich an. Von den 51 Schlichtersprüchen zu Gunsten der Kunden lehnten die beteiligten Volksbanken schließlich auch noch 13 ab, nur 38 Kunden erhielten tatsächlich Geld ihr zurück. Heißt im Endeffekt: Nur 8,8 Prozent der 431 Schlichtungsvorschläge waren für den Kunden erfolgreich.

Dagegen verweist der BVR auf die im Vorprüfungsverfahren bereits im Sinne des Kunden entschiedenen 389 Fälle. Zusammen mit den Fällen, in denen der Ombudsmann Anlass für einen Vergleich sah, würden so laut BVR über 50 Prozent der zulässigen und erlassenen Schlichtungen im Sinne des Kunden entschieden. Doch selbst solchen Fällen entnimmt der BVR positives. In einigen Fällen hätten die Kunden zwar nicht recht bekommen, heißt es im Bericht der Schlichtungsstelle. "Da der Ombudsmann sie aber davon überzeugen konnte, dass sie sich in einem Rechtsirrtum befanden, sind auch diese Fälle letztendlich zur Zufriedenheit (beider Parteien) geklärt worden", so der BVR.

Zusätzlich verweist der BVR darauf, dass es gerade 2011 besonders viele Unzulässigkeitsentscheidungen gegeben habe. "Mehr als 1.300 der insgesamt 2.652 Beschwerden wurden in den letzten Dezembertagen des Jahres 2011 von einigen wenigen Anwaltskanzleien eingereicht. Sie betrafen im Wesentlichen Anlageberatungsfälle aus den 1990er Jahren, die allesamt nicht in der Sache entschieden werden konnten, weil sie verjährt waren und/oder der Sachverhalt streitig war", erklärt der BVR.

Es drohen perfide Fallen

Etwas besser sieht die Statistik bei den Sparkassen aus. Hier gingen 2011 insgesamt 2430 Beschwerden ein. Abgewiesen wurden laut Schlichtungsbericht des DSGV nur rund 13 Prozent der Beschwerden, knapp ein Viertel wurde von den Beschwerdeführern zurückgezogen oder nicht weiter verfolgt. Immerhin 16 Prozent der Schlichtungen gingen vollumfänglich zugunsten der Kunden aus, 28 Prozent zugunsten der Sparkassen. In 19 Prozent der Fälle schlug der Schlichter einen Vergleich vor. Wie oft das Institut einen Spruch zugunsten des Kunden annahm, weist der Sparkassen-Bericht allerdings nicht aus. Der DSGV schätzt, dass 30 Prozent der Schlichtersprüche pro Kunde von den Sparkassen abgelehnt werden.

Der DSGV verweist darauf, dass die Sparkassen häufig bereits im Vorprüfungsverfahren auf Beschwerden von Kunden eingingen, ohne dass der Ombudsmann überhaupt tätig werden müsse. „Die Fälle, die letztlich dem Ombudsmann vorgelegt werden, sind dann entweder die strittigen Fälle, die mangels Beweiserhebung auch vom Ombudsmann nicht entschieden werden können, oder oft tatsächlich unbegründete Beschwerden“, heißt es beim DSGV. 

Bei den Schlichtungsstellen der Sparkassen bekommen Kunden also öfter Recht als bei den Volksbanken, allerdings drohen hilfesuchenden Kunden bei den Sparkassen auch besonders perfide Fallen. Viele Kunden gehen davon aus, dass mit einer Beschwerde an die Ombudsstelle die Verjährung ihrer Ansprüche gehemmt wird. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband wirbt auf seiner Website als Vorzug des Schlichtungsverfahrens auch damit: „Mögliche Ansprüche des Kunden verjähren während des Schlichtungsverfahrens nicht.“ Doch Vorsicht: Das gilt nicht für jede Schlichtungsstelle der Sparkassen.

Jede Schlichtungsstelle hat eine eigene Ordnung

Das Sparkassen-Reich ist zersplittert in viele kleine regionale Institute und deren meist landesweite Zusammenschlüsse. Der DSGV als Bundesverband hat eine Schlichtungsstelle, die aber nicht für das gesamte Bundesgebiet zuständig ist. Sie regelt die Streitigkeiten für die Sparkassen in Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt, außerdem in Berlin, Hamburg, Bremen und Bremerhaven. Andere Sparkassenverbände wie Baden-Württemberg, Niedersachsen oder Hessen-Thüringen unterhalten dagegen eigene Schlichtungsstellen. In Nordrhein-Westfalen gibt es sogar zwei: Beim Rheinischen Sparkassen- und Giroverband in Düsseldorf und beim Sparkassenverband Westfalen-Lippe in Münster.

Jede dieser regionalen Schlichtungsstellen hat eine eigene Schlichtungsordnung, die zwar zumeist sehr ähnlich ist zu der des Bundesverbands – aber in entscheidenden Details mitunter auch folgenschwer abweicht. So heißt es in der Schlichtungsordnung des DSGV klipp und klar: „Für die Dauer des Schlichtungsverfahrens (Vorprüfungsverfahren einschließlich der Schlichtung vor dem Ombudsmann) gilt die Verjährung für Ansprüche, die Gegenstand des Verfahrens sind, als gehemmt.“ In der Verfahrensordnung des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbands dagegen findet sich diese Formulierung nicht. 

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%