Spektakuläres Steuer-Urteil Finanzrichter: Soli ist verfassungswidrig

Der Solidaritätszuschlag als Quelle: dpa

Das Niedersächsische Finanzgericht hält den Solidaritätszuschlag nicht mehr für rechtmäßig. Die Richter schalteten heute das Bundesverfassungsgericht ein.

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Das Bundesverfassunsgericht muss entscheiden, ob der  Solidaritätszuschlag ("Soli") verfassungsgemäß ist. Das Finanzgericht Niedersachsen hat heute ein Klageverfahren ausgesetzt und den Fall den Karlsruher Richtern vorgelegt. Die Richter in Hannover halten den "Soli" für verfassungswidrig: Eine "Ergänzungsabgabe" dürfe nur vorübergehend erhoben werden (10 K 2709/09).

Von einer vorübergehenden Abgabe kann längst keine Rede mehr sein: Was als befristeter Zuschlag gedacht war, um die die deutsche Einheit zu finanzieren, ist längst zu einer festen Größe auf der Gehaltsabrechnung geworden. 19 Jahre nach der Wiedervereinigung fordert der Fiskus immer noch den 5,5-prozentigen Zuschlag auf die Einkommen- und die Körperschaftsteuer - sowie neuerdings auch auf die Abgeltungsteuer.

Die niedersächsischen Richter folgten der Argumentation eines 37-jährigen Angestellten aus der Nähe von Osnabrück, der im Jahr 2007 rund 1000 Euro Solidaritätszuschlag ans Finanzamt überwiesen hatte. Die Klage war vom Bund der Steuerzahler unterstützt worden.

Auch Kölner Richter zweifeln am Soli

Bis die Verfassungshüter entscheiden, dürften viele Monate oder gar Jahre ins Land gehen. Ob sie den niedersächsischen Finanzrichtern folgen, ist nur schwer einzuschätzen. Im vergangenen Jahr hat das Verfassungsgericht eine Klage gegen den Soli abgewiesen - ohne Angabe von Gründen. Allerdings ging es in dem Verfahren um das Jahr 2002. Und mit jedem Jahr, das ins Land geht, wird schließlich klarer: Der Soli ist keine vorrübergehende Erscheinung, sondern eine fest eingeplante Einnahmequelle.

Das Finanzgericht Niedersachsen steht nicht alleine: Im September setzte das Finanzgericht Köln eine Klage gegen den Soli aus, um  das heutige Urteil abzuwarten. In ihrem "Aussetzungsbeschluss" äußerten die Kölner Richter "Zweifel, ob die Erhebung der Zuschlagsteuer nach wie vor verfassungsgemäß ist" (10 K 2709/09). Beim Bundesfinanzhof ist derzeit ein Verfahren gegen den Soli 2005 anhängig (II R 50/09).

13 Milliarden Euro jährlich

Ein freiwilliges Abrücken vom Soli durch die Bundesregierung ist angesichts der angespannten Haushaltslage nicht zu erwarten. Die Abgabe bringt rund 13 Milliarden Euro im Jahr. Als der damalige Thüringer Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) im August forderte, den Soli "auf den Prüfstand" zu stellen, wurde er von seiner Partei eilig zurückgepfiffen.

Schon einmal hat das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber bei einer  "Ergänzungsabgabe" ausgebremst. 1984 erklärten die Verfassungshüter die fünfprozentige "Investitionshilfeabgabe für Vermögende" für verfassungswidrig. Das Argument: Der Staat dürfe nicht nach eigenem Gutdünken Sonderabgaben über die normalen Steuern hinaus verlangen. 

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