Manchmal hilft es, sich auf das Wesentliche zu beschränken. Viele haben vor Steuer und Steuererklärung großen Respekt. Dabei ist das gar nicht nötig. Natürlich gibt es verwirrende und komplizierte Details. Doch wenn man die beiseitelässt, ist die Steuererklärung eigentlich kein Buch mit sieben Siegeln.
Fangen wir mit der Basis an: Auf was fällt überhaupt Einkommensteuer an? Der Name sagt es schon: auf das Einkommen. Das ist vor allem das Arbeitseinkommen, aber auch Vermietungseinkünfte. Die Idee dahinter: Wer finanziell besonders leistungsfähig ist, soll sich entsprechend stärker an den allgemeinen Ausgaben des Staates beteiligen. Diese Idee steht auch hinter dem auf das Einkommen angewendeten Steuersatz, einem prozentualen Anteil, der dann wirklich vom Finanzamt einbehalten wird. Denn der Steuersatz ist nicht für alle gleich, sondern steigt mit jedem zusätzlichen Einkommens-Euro. Der Steuersatz auf den letzten versteuerten Einkommens-Euro wird auch als Grenzsteuersatz bezeichnet. Lassen wir besonders hohe Einkommen von über 250.000 Euro im Jahr weg, beträgt dieser Grenzsteuersatz maximal 44,3 Prozent. Der neben der normalen Steuer erhobene Solidaritätszuschlag ist mit drin.
Nur wenig Einkommen bleibt außen vor. Lotteriegewinne etwa oder auch gezahlte Zuschläge für Nacht- und Sonntagsarbeit, wobei es hier schon wieder Grenzen gibt. Wer nur sehr wenig Einkommen hat, muss auch keine Steuer zahlen. Das Existenzminimum soll jedem bleiben, ohne dass der Staat hier noch seinen Anteil beansprucht. Dieser, als Existenzminimum angesehene, Betrag liegt 2016 bei 8652 Euro. Umgerechnet also 721 Euro im Monat. Manche Einkommensarten, die eher soziale Hintergründe haben, wie Arbeitslosen- oder Elterngeld, bleiben generell steuerfrei. Allerdings will der Staat verhindern, dass Steuerzahler tatsächlich hohe Einkünfte haben, darauf aber nur einen sehr niedrigen Steuersatz zahlen, weil ein Großteil davon aus solchen steuerfreien Zahlungen stammt. Deshalb werden diese Zahlungen zumindest bei der Berechnung des Steuersatzes berücksichtigt. Der Steuersatz wird also auf das Gesamteinkommen (inklusive Arbeitslosen- oder Elterngeld) berechnet. Tatsächlich mit diesem Steuersatz besteuert wird aber nur das normale Einkommen, ohne Arbeitslosen- oder Elterngeld. Diese Regel nennt sich im schönsten Steuerdschungel-Deutsch Progressionsvorbehalt.
Wer muss eine Einkommensteuererklärung machen?
Alleinstehende Arbeitnehmer, die nur bei einem Arbeitgeber beschäftigt sind, müssen in der Regel keine Steuererklärung abgeben. Das ändert sich, wenn ...
- wenn Nebeneinkünfte von mehr als 410 Euro pro Jahr erzielt wurden.
- der Arbeitnehmer bei mehreren Arbeitgebern gleichzeitig beschäftigt ist oder war.
- keine Einkünfte aus einer Arbeitnehmertätigkeit mit Lohnabzug erzielt wurden, aber der Gesamtbetrag der Einkünfte bei einem Ledigen im Jahr 2016 beispielsweise durch eine Rente über 8.652 Euro liegt.
- Lohnersatzleistungen wie beispielsweise Arbeitslosen- und Elterngeld über 410 Euro pro Jahr bezogen wurden.
- auf der Lohnsteuerkarte ein Freibetrag eingetragen wurde (– beispielsweise ein Freibetrag für Werbungskosten) und der Arbeitslohn über11.000 Euro liegt (20.900 Euro für zusammen veranlagte Ehegatten)
- der Arbeitnehmer verheiratet ist und einer der Ehegatten nach der Steuerklasse V oder VI besteuert wurde.
- der Arbeitnehmer verheiratet ist und die Ehegatten nach dem sogenannten Faktorverfahren besteuert wurde.
- der Arbeitnehmer nacheinander bei verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt war und ein Arbeitgeber einen sonstigen Bezug (beispielsweise Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder Abfindungen) versteuert hat, bei dem der Arbeitslohn beim anderen Arbeitgeber nicht mit einbezogen wurde.
- der Arbeitnehmer geschieden wurde – oder der Ehegatte gestorben ist – und er im gleichen Jahr wieder geheiratet hat.
- zum Ende des Vorjahres ein sogenannter Verlustvortag festgestellt wurde – beispielsweise Verluste aus Vermietung und Verpachtung.
Die Steuer soll sich nach der finanziellen Leistungsfähigkeit richten. Deshalb ist es wichtig, dass Einkommen auch wirklich beim Steuerzahler ankommt. Eventuell sind ihm jedoch hohe Kosten entstanden, die - im Sinne einer Investition - überhaupt erst dazu geführt haben, dass er entsprechende Einkünfte hatte. Deshalb dürfen Steuerzahler bestimmte Ausgaben, die im Zusammenhang mit den jeweiligen Einkommen stehen, von diesen abziehen. Im Steuerjargon heißt das auch absetzen.
Damit Steuerzahler und Finanzämter weniger Arbeit haben, werden diese Ausgaben oft schon pauschal mit einem gewissen Wert berücksichtigt. Das Finanzamt geht sozusagen davon aus, dass jeder wenigstens Ausgaben in dieser Höhe hat. Bei Angestellten liegt dieser Betrag bei 1000 Euro im Jahr und wird als Werbungskosten-Pauschbetrag bezeichnet. Die Bezeichnung Werbungskosten entspricht kaum dem sonstigen Sprachgebrauch. Letztlich stecken dahinter aber einfach beruflich bedingte Ausgaben. Wer mehr als 1000 Euro selbst gezahlt hat, um damit seinen Job zu fördern oder überhaupt bestreiten zu können, muss das nachweisen. Dann bekommt er auch mehr berücksichtigt.
Die wichtigsten Abzugsposten
Bei anderen Einkommensarten wird ähnlich verfahren. Vermieter bekommen zum Beispiel ihre mit der Vermietung verbundenen Kosten ebenfalls von den Mieteinnahmen abgezogen, bevor diese dann versteuert werden. Naheliegend ist, dass Maklerausgaben für die Mietersuche absetzbar sind. Doch die Möglichkeiten sind größer: Auch die Zinskosten eines aufgenommenen Kredits, mit dem die vermietete Immobilie finanziert wird, berücksichtigt das Finanzamt. In der großen Titelgeschichte der WirtschaftsWoche zur Steuererklärung bekommen Sie Tipps, welche Kosten Sie absetzen können und wie Sie sich die beste Unterstützung für Ihre Steuererklärung sichern (Premium-Inhalt, kostenlos mit WirtschaftsWoche-Digitalpass).
Bei manchen Einkommensarten weicht das Finanzamt von diesen Grundregeln ab, etwa bei den Kapitalerträgen. Sie werden seit 2009 mit einer pauschalen Steuer von 26,4 Prozent (inklusive Soli) besteuert - und nicht mit dem persönlichen, einkommensabhängigen Steuersatz. Im Gegenzug können Anleger hier auch ihre mit der Erzielung ihrer Kapitaleinkünfte verbundenen Ausgaben nicht entsprechend absetzen. Stattdessen gesteht das Finanzamt ihnen nur zu, dass sie 801 Euro pro Jahr steuerfrei erhalten. Die darauf eigentlich fälligen 26,4 Prozent werden ihnen erlassen. Wer tatsächlich aber mehr an Ausgaben hatte, bekommt dafür keinen Steuernachlass.
Außerdem gibt es auch noch einige Abzugsposten, die nicht direkt mit bestimmten Einkunftsarten verbunden sind. Am wichtigsten sind Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und Ausgaben für haushaltsnahe Dienstleistungen.
- Sonderausgaben sind eigentlich private Ausgaben. Doch anders als die übrigen privaten Ausgaben, von Kinobesuch bis Fernreise, senken die Sonderausgaben die zu versteuernden Einkünfte. Meist sind es gesellschaftlich wichtige Ausgaben, die den Status als Sonderausgabe bekommen. So werden etwa gemeinnützige Spenden als Sonderausgabe berücksichtigt, aber auch Kinderbetreuungskosten. Es können aber auch Ausgaben sein, die an erster Stelle nur einen persönlichen Nutzen haben, wie zum Beispiel Beiträge für eine Haftpflicht- oder Krankenversicherung. Hier zeigt sich exemplarisch, warum Sonderausgaben steuerlich berücksichtigt werden. Solche Ausgaben dienen dazu, die Existenz des Steuerzahlers und seiner Angehörigen zu sichern. Auch sie sollen daher steuerlich berücksichtigt werden, damit wirklich nur Einkommen oberhalb des Existenzminimums besteuert wird. Natürlich will der Staat es aber auch nicht dem Einzelnen überlassen, frei zu entscheiden, wie viel er dafür aufwendet. Deshalb sind zum Beispiel die Vorsorgeausgaben nur innerhalb bestimmter Höchstgrenzen absetzbar.
Steuerlich speziell
- Außergewöhnliche Belastungen sollen besondere, unzumutbare Härten bei der Besteuerung vermeiden. Wenn Steuerzahlern ohne eigenes Verschulden bestimmte Kosten entstehen, denen sie sich nicht entziehen können, dann sollen diese steuerlich berücksichtigt werden. Der bekannteste Posten der außergewöhnlichen Belastungen sind Krankheitskosten. Auch hier achtet der Staat aber sehr darauf, dass nur wirklich notwendige und – seiner Meinung nach – sinnvolle Ausgaben berücksichtigt werden. Steuerzahler brauchen daher zumindest vorab ein Attest oder Rezept ihres Arztes, damit Ausgaben wirklich zählen. Außergewöhnliche Belastungen senken – anders als Werbungskosten oder Sonderausgaben – nicht voll die zu versteuernden Einkünfte. Stattdessen hält der Staat eine gewisse Kostenbelastung für zumutbar. Diese muss jeder Steuerzahler privat tragen. Erst wenn Kosten höher sind, wird diese zusätzliche Belastung von den zu versteuernden Einkünften abgezogen. Wie viel als zumutbar angesehen wird, hängt von Einkommen und Familienstand ab.
Checkliste: Diese Belege helfen Steuern sparen
Lohnsteuerbescheinigung
Bescheinigung über
- Arbeitslosengeld/ Elterngeld/ Kurzarbeitergeld
- Krankengeld / Mutterschaftsgeld
bei Rentenbezug (z. B. Alters-, Erwerbsunfähigkeits-, Witwen-, private Versicherungsrenten)
- bei erstmaligem Bezug den Rentenbescheid
- jährliche Rentenbescheinigung
Bescheinigung über vermögenswirksame Leistungen (z. B.: Bausparvertrag): Anlage VL
Belege über Nebeneinkünfte
Quelle: Aktuell Lohnsteuerhilfeverein e.V.
Jahreszinsbescheinigungen, etwa von Bausparkassen, Banken, Fondsgesellschaften
Steuerbescheinigungen bei einbehaltener Zinsabschlagsteuer (Abgeltungsteuer)
Belege über Verkauf von Aktien / Grundstücken / Vermögenswerten etc.
bis 14 Jahre: Betreuungskosten z. B. Gebühren für Kindergarten, -hort, Babysitter, Tagesmutter
über 18 Jahre: Ausbildungs- und Lehrverträge, Immatrikulationsbescheinigung bei Studium
im Ausland: Familienstandsbescheinigung
Belege über Schulgeld, Krankenversicherungsbeiträge, Lohnsteuerbescheinigung des Kindes, Waisenrentenbescheinigung
Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
Gewerkschaftsbeiträge, Unfallversicherung, Rechtschutzversicherung
Bewerbungskosten (z. B. Kopier-, Porto-, und Fahrtkosten, Bewerbungsmappen)
Reisekosten: Erhöhte Fahrtkosten, Verpflegungspauschalen, Unterkunftskosten (z. B. Kraftfahrer, Bauarbeiter, Außendienst)
Winterbeschäftigungsumlage
Fahrten Wohnung - Arbeitsstätte, Auswärtstätigkeit
- Entfernungs-km, Anzahl Fahrten
- Sammelbeförderung z. B. Werkbus (TÜV-Bericht / ASU / Inspektionsrechnungen immer aufheben wg. km-Stand)
- Unfallkosten PKW
Arbeitsmittel (z. B. Computer, Druckerpatronen, Büromaterial, Werkzeug, Berufskleidung, Fachliteratur)
doppelte Haushaltsführung (Miete, Mietnebenkosten, notwendiger Hausrat, Zweitwohnungssteuer)
Steuerberatungskosten
Fortbildungskosten (Kurs- und Prüfungsgebühren, Kosten für ein Zweitstudium)
Arbeitszimmer (sofern der Arbeitgeber keinen geeigneten Arbeitsplatz stellt)
beruflich veranlasste Umzugskosten (Spediteur, Umzugshelfer, Renovierungskosten, Anschlussgebühren, etc.)
rankheitskosten (z. B. Medikamente, Zahnarzt, Brille, Krankenhausaufenthalt, Kur, Physiotherapie)
Fahrtkosten zum Arzt (Anzahl der Fahrten und km)
Scheidungskosten / Beerdigungskosten
Kosten für Haushaltshilfe
Nachweis über Behinderung (Behindertenausweis, Bescheinigung vom Versorgungsamt, Rentenbescheid über Unfallrente)
Unterhaltsleistungen Kinder / Ehefrau / Eltern / Großeltern / Lebensgefährte/in
Krankenversicherungsbeiträge für unterhaltene Personen
Riester-Rente
Rürup-Rente (Basisrente)
Versicherungsbeiträge (z. B. Lebens-, Haftpflicht-, Kfz-, Unfallversicherung)
Krankenversicherung: Nachweis Basistarif, Beitragserstattungen
Spendenbescheinigungen
Haushaltsnahe Dienstleistungen:
Reinigung, Gartenpflegearbeiten (wie z. B. Rasenmähen oder Heckenschneiden), Schneeräumen
Umzugsdienstleistungen (Umzugsspedition)
Pflege von kranken Personen
Handwerkerleistungen:
Arbeiten an Haus oder Wohnung, Reparatur und Wartung von Gegenständen, Kontrollaufwendungen (z. B. Gebühr für den Schornsteinfeger)
Hinweis: Alle Arbeiten müssen im oder am Haus bzw. an Wohnung vorgenommen worden sein
Voraussetzungen:
Begünstigt ist nur der Arbeitslohn, einschließlich der in Rechnung gestellten Maschinen und Fahrtkosten - keine Leihgebühr für Maschinen
Hinweis: Kontoauszüge müssen die Bezahlung per Überweisung belegen
Vermieter:
- Kaufvertrag, Makler-, Auflassungsgebühr, Grunderwerbssteuer, Notarkosten
- Bau-, Reparaturrechnungen, Zinsbescheinigungen
Sonderabschreibung:
- für ein Baudenkmal, Gebäudesanierung
- Steuerlich noch spezieller ist die Berücksichtigung von Ausgaben für haushaltsnahe Dienstleistungen. Dabei handelt es sich um Tätigkeiten, die normalerweise von Mitgliedern eines Haushalts selbst geleistet werden oder geleistet werden könnten – vom Wohnungsputz bis zur Renovierung. Dass diese Ausgaben steuerlich besonders berücksichtigt werden, hat weniger mit der unmittelbaren Einkommensteuerlogik zu tun, als damit, dass korrekt bezahlte und versteuerte Dienstleistungen in privaten Haushalten gefördert werden sollen. Denn ein schwarz bezahlter Handwerker soll keinen Steuervorteil bringen. Aus diesem Grund ist bargeldlose Bezahlung zum Beispiel in aller Regel zwingende Voraussetzung für die steuerliche Berücksichtigung.
Je nach Art der haushaltsnahen Dienstleistungen werden Ausgaben innerhalb bestimmter Grenzen von bis zu 20.000 Euro berücksichtigt. Diese Ausgaben senken jedoch nicht die zu versteuernden Einkünfte. Vielmehr werden 20 Prozent der reinen Lohnkosten berücksichtigt und werden direkt von der zu zahlenden Steuer abgezogen. Es handelt sich also um einen echten Steuerrabatt. Der Effekt ist für Steuerzahler mit relativ niedrigem Einkommen daher noch interessanter als für solche mit hohem Einkommen – schließlich würde der Abzug von den zu versteuernden Einkünften ihnen den sonst fälligen persönlichen (Grenz-)Steuersatz ersparen. Der wäre bei Gutverdienern deutlich höher.
Alle Details zu den steuerlich absetzbaren Ausgaben und viele Tipps für Ihre Steuererklärung finden Sie in unserer Titelgeschichte (Premium-Inhalt, kostenlos mit WirtschaftsWoche-Digitalpass). Im Selbstversuch haben wir dort auch getestet, ob ein Steuerberater sein Geld wert ist oder ob eine deutlich günstigere Steuersoftware genauso gut unterstützt.