Steueranwalt Koblenzer Schweizer Abkommen hat viele Schlupflöcher

Das geplante Abkommen mit der Schweiz ist für Schwarzgeldsünder ein Segen, sagt der Steueranwalt Thomas Koblenzer. Es sei "löchrig wie ein Schweizer Käse".

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Schweiz Steuerabkommen Quelle: dpa

Thomas Koblenzer, 44, betreibt eine Steuerkanzlei mit Büros in Düsseldorf und Zürich. Der Jurist und Ökonom ist zudem Honorarprofessor an der Universität Siegen. Im Interview mit unserer Redaktion sprach er über Sinn und Unsinn des Steuerabkommens mit der Schweiz.

Wirtschaftswoche: Herr Professor Koblenzer, lohnt sich ein Konto in der Schweiz überhaupt noch, wenn demnächst das Steuerabkommen mit Deutschland in Kraft treten sollte?

Koblenzer: Lassen Sie es mich so formulieren: Wer – aus welchen Gründen auch immer – sein Vermögen vor allzu neugierigen Blicken schützen, also auch zukünftig insoweit anonym bleiben will, und zudem nicht mehr in ständiger Angst vor Entdeckung seiner Steuerhinterziehungstat leben möchte, für den gibt es keine bessere Möglichkeit als sein Geld in der Schweiz verwalten zu lassen und mit dem Abkommen in die Legalisierung zu gelangen.

Das kann bei einer vereinbarten Nachversteuerung von 21 bis 42 Prozent aber sehr teuer werden.

Die meisten Vermögenswerte dürften pauschal nur mit 21 bis 25 Prozent nachversteuert werden. Für Leute, die Schwarzgeld „weißwaschen“ möchten, ist das geradezu ein Schnäppchen. Stellen Sie sich beispielsweise vor, Sie haben eine Million Euro verdient. Bei regulärer Versteuerung in Deutschland wären inklusive Solidaritätszuschlag mitunter gute 47 Prozent fällig – also das Doppelte – und die Million hätte sich fast halbiert. Gemäß Steuerabkommen verblieben Ihnen alternativ fast 800.000 Euro, macht eine Differenz von einer guten viertel Million Euro.

Sofern Sie dieses Vermögen etwa auf Ihren Sohn oder Tochter im Wege der Schenkung übertragen wollen, sind je nach Größenordnung bis zu weitere 30 Prozent an Schenkungsteuer fällig. Mit der Pauschalsteuer sind dagegen alle mit dem jeweiligen Konto verbundenen Ansprüche auf Einkommens-, Umsatz-, Gewerbe-, Erbschafts- und Schenkungsteuer für die vergangenen zehn Jahre steuerlich und steuerstrafrechtlich abgegolten. Einen größeren garantierten Gewinn können Sie fast nur noch beim Lotto erwirtschaften.

Die 15 größten Steuergeld-Verschwendungen
1,3 Millionen Euro für mitdenkende FußbödenDas Bundesforschungsministerium (BMBF) kümmert sich um mitdenkende Fußböden in Wohnungen, Hotels, Seniorenheimen und Kreuzfahrtschiffen. „Sensfloor“ heißt das Subventionsprojekt. Entwickelt werden soll ein sensorischer Bodenbelag, „der Senioren unauffällig zu mehr Sicherheit und Komfort“ verhelfen soll. Dazu gehört „beispielsweise das automatische Anschalten des Lichts, sobald nachts jemand im Zimmer den Boden betritt“. 1,3 Millionen Euro fließen in den „Sensfloor“. Neben zwei Universitäten erhält die Future-Shape GmbH mit knapp 900.000 Euro den Löwenanteil. Aber auch die Meyer Werft GmbH, die unter anderem die AIDA-Kreuzfahrtschiffe baut, wird bezuschusst (rund 23.000 Euro). „Mit dem demografischen Wandel eröffnen sich für die Wirtschaft viele neue Marktchancen. Senioren sind eine wachsende und zum erheblichen Teil auch durchaus zahlungskräftige Zielgruppe, die genau weiß, was sie will“, heißt es in der Projektbeschreibung. Der Bund der Steuerzahler versteht deswegen nicht, warum hier Subventionen nötig sind. Quelle: dpa
1,4 Millionen Euro für maßgeschneiderte BusinesssoftwareBeim Projekt „ValueGrids“ geht es darum, Businesssoftware maßzuschneidern. Das soll den Megatrend „software as service“ (SaaS) unterstützen, bei dem Unternehmen für die individuelle Nutzung spezifischer Softwaredienstleistungen bezahlen, statt Lizenzgebühren für Standardsoftware zu entrichten. Anbieter und Kunden von SaaS sollen also leichter zueinander finden. Das Ganze wird mit 1,4 Millionen Euro vom Bundesforschungsministerium bezuschusst. Subventionsempfänger sind zwei staatliche Forschungsinstitutionen und drei Softwareunternehmen, darunter IBM (rund 78.000 Euro) und SAP mit dem größten Subventionshappen (rund 654.000 Euro). Der Bund der Steuerzahler hält es für problematisch, dass Konzerne mit Milliardengewinnen wie IBM und SAP in dieser Höhe Steuergelder erhalten. Quelle: dpa
1,4 Millionen Euro für die Produktion von SynthesegasDas noch bis Jahresende laufende Projekt „Dry-Ref“ soll erforschen, wie aus Kohlendioxid Synthesegas, also letztlich Chemierohstoffe und gegebenenfalls Kraftstoffe – hergestellt werden können. Die Grundidee ist nicht neu, verschiedene Verfahren mit unterschiedlicher Ausreifung sind bekannt. Das Projekt kostet knapp 1,4 Millionen Euro und wird vom Bundeswirtschaftsministerium bezahlt. Der Großteil fließt an die BASF (312.000 Euro) und an die BASF-Tochter hte AG (485.000 Euro) sowie an die Linde AG (45.000 Euro). Der Rest – rund 533.000 Euro – geht an drei universitäre Einrichtungen. Der Bund solle lieber die Steuerzahler schonen, anstatt DAX-Unternehmen zu unterstützen, findet der Bund der Steuerzahler. Quelle: Reuters
1,4 Millionen Euro für einen Bundestags-FilmDie Bundestagsverwaltung initiierte den Image-Film „Dem deutschen Volke – Eine parlamentarische Spurensuche. Vom Reichstag zum Bundestag“, der im Frühherbst vergangenen Jahres rund zwei Wochen lang allabendlich, umrahmt von aufwendigen Licht-, Bild- und Toneffekten, auf das große Rundfenster des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses projiziert wurde. Kostenpunkt 376.544 Euro, also mehr als 22.000 Euro pro Tag. Das Projekt soll in diesem Jahr ausgebaut werden und im Sommer drei Monate lang vorbeigehende Touristen und Berliner beglücken. 1,4 Millionen Euro sollen die Steuerzahler hierfür berappen. Der Bund der Steuerzahler hält es für „unverhältnismäßig und überzogen, wenn für einen Selbstdarstellungsfilm 1,4 Millionen Euro quasi gegen die Wand gesetzt werden sollen. Bei Kosten von mehr als 15.000 Euro pro Tag müssen sich die Steuerzahler wie in einem schlechten Film vorkommen.“ Quelle: dpa
1,6 Millionen Euro für die BierproduktionDeutschlandweit und ressortübergreifend fördert die Bundesregierung auch die Bierproduktion mit Steuergeldern. Die Warsteiner-Brauerei in Nordrhein-Westfalen bekommt derzeit 83.000 Euro vom Bundesforschungsministerium, damit per Funksensoren große Brauereiprozessanlagen besser überwacht werden können. Die Bayerische Erdinger Weißbräu GmbH erhält vom Bundeswirtschaftsministerium über 1,4 Millionen Euro für den Einsatz einer Brennstoffzelle zur Energieversorgung einer Braustätte mit direkter Nutzung von eigenem Biogas. Die Brauerei Landsberg GmbH in Sachsen-Anhalt darf sich über knapp 95.000 Euro freuen, damit Bierreifungsprozesse optimiert werden. Der Steuerzahlerbund sieht das Geld anderswo besser aufgehoben. Quelle: obs
1,6 Millionen Euro für ein Messgerät für dichte FensterMit mindestens 1,6 Millionen Euro fördert das Bundeswirtschaftsministerium die Entwicklung eines neuen mobilen Messgeräts, welches den Wärmeverlust von bereits verbauten Fenstern messen soll. Die Entwicklung übernimmt ein Konsortium unter Beteiligung von acht namhaften Unternehmen der Branche wie Roto, das zudem auch ein Bewertungstool für Sanierungsmaßnahmen im Fensterbereich anfertigen und den Alterungsprozess von Fenstern bewerten soll. Das Thema energieeffiziente Gebäudesanierung steht bei der Bundesregierung hoch im Kurs. Bei der Wärmedämmung von Gebäuden bilden insbesondere Fenster eine Quelle des Wärme- und damit Energieverlustes. Allerdings sei es nicht Aufgabe der Steuerzahler, ein solches Messgerät öffentlich zu fördern, sagt der Steuerzahlerbund. Quelle: Pressefoto
2,2 Millionen Euro für leichtere AutosIm April 2011 startete das Bundesforschungsministerium ein Förderprojekt für mindestens drei Jahre, Fördervolumen rund 2,2 Mio. Euro. Ziel sind leichtere Autos. Beteiligt sind Evonik Industries AG, Johnson Controls GmbH, Jacob Plastics GmbH, Toho Tenax Europe GmbH sowie die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen. Der Steuerzahlerbund findet es die Subventionierung einzelner Autoteile „grotesk“. Die Autoindustrie und ihre Zulieferer würden es auch alleine schaffen, neue Werkstoffe und Konstruktionstechniken zu entwickeln, um Autos leichter und dadurch verbrauchsärmer zu machen. Quelle: dpa

Das Steuerabkommen bietet neben der anonymen Abgeltungsteuer die Alternative, sich per freiwilliger Meldung zu erkennen zu geben und individuell nach deutschem Recht besteuern zu lassen. Ist das eine lohnende Option?

Da wäre ich sehr vorsichtig. In einigen Fällen dürfte sich die Individualbesteuerung lohnen, etwa wenn jemand in der Finanzkrise viel Geld verloren hat. Ansonsten ist die Abgeltungsteuer durchweg günstiger. Hinzu kommt, dass bei einer Nachversteuerung aufgrund des Meldeverfahrens sechs Prozent Strafzinsen pro Jahr anfallen. Das kann schnell einen sehr hohen Betrag ausmachen. Solche Zinsen sind dagegen bei der anonymen Nachversteuerung nicht vorgesehen und mit dem pauschalen Steuersatz ebenfalls abgegolten. Unabhängig davon ist es für manche Bürger immer noch wichtig, die Höhe ihres Vermögens anonym zu lassen. Schließlich kann man nie wissen, wie sich die steuerpolitischen Verhältnisse in der Zukunft entwickeln. Gibt es demnächst eine Vermögenssteuer? Wie entwickeln sich die Steuersätze?

Wenn Deutsche anonyme Vermögen in der Schweiz vererben, kassiert der deutsche Fiskus künftig 50 Prozent Erbschaftssteuer. Regulär würden maximal 30 Prozent fällig.

D’accord, das ist ein ganz starker – quasi erzwungener – Anreiz, aus der Anonymität herauszutreten. Wer das aber in absehbarer Zeit dennoch nicht möchte, dem kann man nur raten, Vermögen noch vor Inkrafttreten des Steuerabkommens schenkweise zu übertragen. Dann würde nämlich keine gesonderte Schenkungssteuer anfallen, die ja explizit ebenfalls mit dem pauschalen Steuersatz mit abgegolten wird. Also: Wer ein Konto in der Schweiz hat, bitte jetzt das Geld den Erben schenken!

Quittungen für Gold aufbewahren

Typische Irrtümer und häufige Fragen zur Steuererklärung
Wenn die Steuererklärung einmal abgegeben ist, kann ich nichts mehr ändern.Das stimmt nicht. Solange noch kein Steuerbescheid ergangen ist, können alle Unterlagen und Belege beim Finanzamt nachgereicht werden. Auch, wer den Steuerbescheid bereits erhalten hat, kann grundsätzlich innerhalb eines Monats noch etwas nachreichen, erst nach dieser Frist wird der Bescheid bestandskräftig. „Danach wird es sehr kompliziert“, sagt Anita Käding, Steuerexpertin beim Bund der Steuerzahler. „Es gibt aber Fälle, in denen auch später noch etwas an der Steuererklärung geändert werden kann.“ Quelle: dpa
Wenn ich die Steuererklärung freiwillig abgegeben habe, kann ich mich vor einer Nachzahlung drücken.Das stimmt. „Steuerzahler können durch die freiwillige Abgabe einer Einkommensteuererklärung nur gewinnen“, sagt Anita Käding. Denn wer wider Erwarten keine Steuern zurückbekommt, sondern um Nachzahlung gebeten wird, kann den Antrag auf Einkommensteuerveranlagung wieder zurücknehmen. „Das funktioniert solange der Steuerbescheid noch nicht bestandskräftig ist, also innerhalb eines Monats, nachdem der Bescheid zugegangen ist“, so die Steuerexpertin. Einen Zwang zur Nachzahlung gebe es in der Regel nur dann, wenn der Arbeitgeber vorschriftswidrig zu wenig Lohnsteuer abgeführt hat. Wenn der Steuerzahler jedoch zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet ist, kann er einer etwaigen Nachzahlung nicht entkommen. Quelle: dpa
Wenn ich morgens zehn Kilometer ins Büro fahre und abends zehn Kilometer nach Hause, bekomme ich eine Entfernungspauschale für 20 Kilometer.Das stimmt nicht. Im Rahmen der Entfernungspauschale kann für den Arbeitsweg nur die einfache Entfernung berücksichtigt werden. Ein Entfernungskilometer entspricht also zwei Fahrtkilometern. Wenn die Arbeitsstelle zehn Kilometer von der Wohnung entfernt liegt, kann der Steuerzahler also pro Arbeitstag 10 x 0,30 Euro = 3 Euro als Werbungskosten bei der Einkommensteuererklärung geltend machen. Quelle: dpa
Wenn meine studierende Tochter Kosten für Fachbücher selbst nicht bei der Steuererklärung geltend machen kann, kann ich das tun.Das stimmt nicht. Grundsätzlich gilt: Das Finanzamt kann höchstens so viele Steuern erstatten, wie vorher gezahlt wurden. Wer also nur ein geringes Einkommen mit entsprechend niedrigen Abgaben hat, dem nutzen auch die höchsten Werbungskosten nichts. Eltern, deren Kinder hohe Ausgaben für das Studium haben, glauben deshalb häufig, sie könnten diese Ausgaben selbst geltend machen. Das funktioniert jedoch nicht. Quelle: dpa
Solange mein Kind noch nicht arbeitet, bekomme ich Kindergeld. Das stimmt nicht. Kindergeld wird maximal bis zum 25. Lebensjahr gezahlt. Bedingung dafür ist, dass sich das erwachsene Kind noch in der Ausbildung befindet. Anders herum gilt dies aber nicht. Besonderheiten gelten für erwachsene behinderte Kinder. Bei Kindern, die schon 25 Jahre alt sind, sich aber noch in der Ausbildung befinden, können gegebenenfalls Unterhaltszahlungen geltend gemacht werden. Quelle: dpa
Wenn Handwerker in meinem Haus Arbeiten verrichtet haben, kann ich das immer als Handwerkerleistung geltend machen.Das stimmt nur bedingt. Denn die erste Voraussetzung ist, dass die Arbeit wirklich vor Ort verrichtet wird. Nimmt ein Techniker die Waschmaschine zur Reparatur mit in seine Werkstatt, ist das keine typische Handwerkerleistung mehr. Außerdem darf die Rechnung nicht bar bezahlt werden, ansonsten erkennt das Finanzamt sie nicht an. Pro Jahr können 20 Prozent solcher Kosten, höchstens jedoch 1.200 Euro im Jahr als Steuerbonus anerkannt werden. Quelle: dpa
Wenn ich Studiengebühren bereits vergeblich in einer freiwilligen Steuererklärung geltend gemacht habe, kann ich das bei der nächsten Steuererklärung nicht noch einmal probieren.Das stimmt. Kosten, die beispielsweise im Jahr 2011 entstanden sind, können auch nur in der Steuererklärung für dieses Jahr geltend gemacht werden. „Die Annahme, Studienkosten könnten am Ende des Studiums gebündelt abgesetzt werden, ist ein Irrtum“, sagt Steuerexpertin Anita Käding. Da zu diesem Thema noch Gerichtsverfahren laufen, empfiehlt es sich, abzuwarten und die Steuererklärung – sofern man sie freiwillig macht – erst später abzugeben. „Ausfüllen sollte man die Formulare aber schon jetzt, denn im nächsten Jahr weiß man vielleicht nicht mehr so genau, welche Ausgaben man hatte“, empfiehlt Käding. Quelle: dpa

Unter das Steuerabkommen fallen nur die verbuchten Vermögen auf Konten. In der Schweiz schlummert aber auch allerhand in Schließfächern. Was empfehlen Sie für Gold, Diamanten und Tafelgeld, also anonyme Wertpapiere, deren Zinskupons Anleger abschneiden und einlösen können?

Das hängt davon ab, was Sie damit machen möchten. Wenn Sie auch nach dem Abkommen nicht wollen, dass diese Werte erfasst und legalisiert werden, dann lassen Sie sie im Schließfach am Zürcher Paradeplatz. Das führt dazu, dass erstens darauf keine Pauschalsteuer nach dem Abkommen zu zahlen ist und dass zweitens die Verjährungsfristen weiter laufen. Das betrifft zunächst schwarzes Vermögen aus den Jahren 2003 und 2004, das in den nächsten ein, zwei Jahren automatisch amnestiert wird. Man sollte aber die Quittungen und Belege aufbewahren, um im Zweifel die Verjährung zu dokumentieren. Übrigens: die Nichterfassung von Schließfachvermögen ist einer der aus meiner Sicht ganz großen Schwächen des Abkommens und in der Tat aus steuerpolitischen Gründen zu kritisieren.

Laufende Erträge fallen aber nicht unter die Amnestie?

Das lässt sich doch durch einfache Strukturierung vermeiden. Bei Gold und Schmuck gibt es das Problem ohnehin nicht. Und wenn man Geld in der Schweiz in einen Deckungsstock einer nach deutschem Steuerrecht akzeptierten Lebensversicherung steckt, aus dem einem zehn Jahre nichts zufließt, stellt sich das Problem ebenfalls nicht. Viele Leute haben auch Geld in solche Versicherungsmäntel gepackt, die vom Abkommen nicht betroffen sind. Solche Lösungen schützen im Übrigen auch vor der neu eingefügten Erbschaftsteuerklausel. Von daher kann man sagen, das Abkommen ist löchrig wie ein Schweizer Käse.

Wenn ich jetzt das Gold verkaufe und mir davon ein Haus kaufe, fragt doch der Fiskus, woher ich das Geld habe?

Dann sagen Sie, dass es aus unversteuerten Einkünften aus dem Jahr 2001 stammt. Wer klug ist, hat noch die Kaufbelege für das Gold.

Und wenn ich keine Quittungen habe?

Dann muss der Fiskus Ihnen nachweisen, dass das Geld nicht aus dem Jahr 2001 stammt. Das ist in der Regel kaum möglich.

Wie groß ist denn die Gefahr, dass der deutsche Fiskus nicht versteuerte Vermögen in der Schweiz entdeckt?

Wenn man es richtig angestellt hat - gering.

Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans will aber mit Hilfe der aufgekauften Steuer-CDs Jagd auf Sünder machen.

Das ist alles grober Unsinn! Es gibt und gab nicht einen einzigen Fall in Deutschland, in dem jemand allein aufgrund einer Steuer-CD verurteilt worden ist. Warum? Weil die Angaben darauf nie und nimmer beweisrechtlich als Indiz ausreichen, um jemanden zu verurteilen. Zum einem handelt es sich meist um Datenfragmente, zum anderen lassen sich EDV-Daten auch leicht fälschen. In der Vergangenheit hat es ja auch schon Fälle gegeben, dass auf den Steuer-CDs unbescholtene Steuerbürger, die stets alles rechtmäßig versteuert haben, als Steuersünder aufgelistet wurden. Jedes Gericht der Welt zerreißt Ihnen einen solchen vermeintlichen Beweis in der Luft.

Moment, dem früheren Post-Chef Klaus Zumwinkel wurde eine Steuer-CD zum Verhängnis.

Da gab es nur einen Verdacht aufgrund der Daten auf der Steuer-CD. Daraufhin ist die Staatsanwaltschaft zu Herrn Zumwinkel marschiert. Erst dort hat sie die entscheidenden, gerichtsfesten Unterlagen gefunden. Das ist ein erheblicher Unterschied.

Risiko durch Stichproben?

Deutschlands absurdeste Steuern
A customer sips her coffee in Starbucks' Mayfair Vigo Street branch in central London Quelle: REUTERS
Die Bettensteuer war ein besonders beliebtes Abkassier-Instrument der deutschen Kommunen. Rund 20 Städte und Kommunen hatte sie eingeführt, mehr als 70 hatten die Abgabe geplant – bis das Bundesverwaltungsgericht die Abgabe gestoppt hat. Gäste in Pensionen oder Ferienwohnungen sollten pro Nacht 1 Euro zahlen, Hotelgäste 1,50 Euro. Für eine Übernachtung im Vier-Sterne-Hotel allerdings wurden 2 Euro fällig. Die Mehreinnahmen sollten für die Tourismusförderung eingesetzt werden. Als eine der erste Städte hatten Köln die Bettensteuer eingeführt. Seitdem müssen Hoteliers fünf Prozent auf Übernachtungen zahlen. Die Einnahmen sollten in den Kulturetat fließen, die Stadt hofft auf sieben Millionen Euro pro Jahr. Quelle: dpa
Hotel Adlon in Berlin Quelle: dpa-dpaweb
Grand Elysée Hotel in Hamburg Quelle: Presse
Jäger sammelt erlegte Wildschweine ein Quelle: dpa
Blaulicht eines Polizeifahrzeugs Quelle: dpa
Sonnenbank in Düsseldorf Quelle: dapd

In Zukunft sollen deutsche Finanzämter stichprobenartig Abfragen stellen dürfen, 1300 binnen zwei Jahren. Besteht da denn keine Entdeckungsgefahr?

Die gibt es schon. Allerdings betrifft das ab 2013 nicht mehr die verbuchten Alt-Vermögen, die ja dann pauschal besteuert werden und damit amnestiert sind. Es handelt sich in diesen Fällen um ein sogenanntes nicht auskunftspflichtiges Konto beziehungsweise Depot. Dann bleiben nur noch Schließfächer übrig, die allerdings – man mag es kaum glauben – eben gerade nicht vom Auskunftsanspruch der Bundesrepublik Deutschland erfasst werden. Ein auf Schließfachvermögen ausgerichtetes Auskunftsersuchen geht also ins Leere. Das betrifft auch den Fall, soweit neben dem Schließfach noch ein Konto oder Depot in der Schweiz unterhalten wird. Auch in diesen Fällen würde sich die Auskunft nur auf die auf Konten und Depots verbuchten und nicht bereits nachversteuerten Vermögenswerte beschränken.

Ein Restrisiko gibt es dennoch.

Gut, wer allergrößten Wert auf das Bankgeheimnis legt und sicher sein will, dass der deutsche Fiskus keinen Zugriff bekommt, der zieht sein Geld einfach aus der Schweiz unter Auflösung seiner Konto- und Depotbeziehung ab und geht nach Singapur, Abu Dhabi oder Dubai, auf die selbst die Amerikaner keinen Zugriff haben. Viele dreistellige Millionäre haben sich schon 2004 mit Blick auf die EU-Zinsrichtlinie aus der Schweiz verabschiedet. Auch die Türkei verbucht in jüngster Zeit enorme Kapitalzuflüsse.

Man hört, dass Schweizer Banken sich weigern, wenn Deutsche Geld von ihren Konten abheben wollen.

In der Tat gibt es solche Fälle. Grund dafür ist eine Regelung in Artikel 33 des Steuerabkommens. Danach kann eine Bank regresspflichtig werden, wenn sie beim Schaffen von Umgehungsstrukturen hilft, die die Nachversteuerung verhindern. Davor fürchten sich die Banken. Allerdings greift die Regel erst, wenn das Abkommen in Kraft tritt. Und wenn jemand einfach nur sein Geld abbuchen will, dann bedeutet das ohnehin nicht, dass Strukturen zur Steuervermeidung geschaffen werden. Also: Weigert sich die Bank, dann brauchen Sie über Ihren Anwalt nur eine einstweilige Verfügung erwirken und die Bank muss das komplette Geld herausrücken.

Kann man denn noch Geld aus der Schweiz in andere Länder transferieren, ohne dass der deutsche Fiskus die Fährte aufnehmen kann?

Wenn Sie Geld aus der Schweiz abziehen oder ins Ausland überweisen, werden Sie möglicherweise registriert beziehungsweise hinterlassen Spuren. Das geschieht aber nicht, wenn Ihr Depot einen Wertverlust erleidet, selbst wenn der massiv ist. Es gibt entsprechende hochkomplexe Investmentstrukturen, die einen Vermögenstransfer über Wertverluste in der Schweiz und korrespondierende Wertzuwächse in Auslandsdepots ermöglichen. So kann man ohne weiteres Millionen einfach „verschwinden“ lassen.

Heißt das, dass der deutsche Fiskus die ganz großen Fische nie zu packen bekommt?

Jeder, der partout in der Anonymität bleiben und keine Steuern zahlen möchte, wird das auch in Zukunft können, wenn er sich entsprechender Profis bedient. Beratern sei aber gesagt, dass sie sich sehr schnell selbst im Wege der Beihilfe oder Begünstigung strafbar machen können, sofern sie nicht unter die auch für Berater geltende Amnestieregelung des Artikels 17 Absatz 1 des Abkommens fallen. Eine seriöse Beratung sieht nach meinem berufsethischen Verständnis allerdings anders aus, zumal man auf völlig legalem Wege Hilfestellung leisten kann. Das Steuerabkommen baut aber allen, die steuerehrlich werden wollen, eine alternative Brücke. Und das ist meiner Meinung nach die große Mehrzahl der Deutschen, die Vermögen in der Schweiz haben. Für den deutschen Fiskus gibt es im Hinblick auf die drohende Verjährung von Steuerstraftaten aus ökonomischer Sicht eigentlich keine Alternative zu diesem Abkommen – unter anderem, weil die Schweiz klar und unmissverständlich signalisiert hat, dass sie zu weiteren Zugeständnissen nicht bereit ist. Das werden am Ende auch die SPD-regierten Bundesländer einsehen und deshalb dem Abkommen ihr Plazet erteilen.

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