Ein paar Stunden eines verregneten Wochenendes an Arbeit investieren und dafür wenigstens 100, teils gar über 1000 Euro kassieren? Zu schön, um wahr zu sein? Was nach einem Jobangebot aus der Schmuddelecke der Zeitungs-Kleinanzeigen klingt, spiegelt tatsächlich in vielen Fällen Aufwand und Ertrag einer oft lästigen Pflichtaufgabe wieder: der Steuererklärung. Etwas Schönreden macht die Pflichtaufgabe gleich viel erträglicher. Und mit etwas sportlichem Ehrgeiz ist vielleicht ja sogar etwas Spaß dabei.
Bis Mittwoch, 31. Mai, müssen alle ihre Steuererklärung für das Jahr 2016 abgeben, wenn sie zur Abgabe verpflichtet sind. Das betrifft zum Beispiele Verheiratete, die Lohn in Steuerklasse III oder V kassiert haben, oder Unverheiratete, die mehr als 410 Euro an Nebeneinkünften erzielt haben. Auch Selbstständige oder Bezieher von Elterngeld müssen eine Steuererklärung abgeben.
Höchste Zeit also, sich fit für die Steuererklärung zu machen. Aktuelles Wissen ist dabei sehr hilfreich: Ein Dossier der WirtschaftsWoche, das alle Teile einer Serie zur Steuererklärung in Langfassungen bündelt, liefert Steuerzahlern je nach Lebenssituation, Einkommensarten und Themenbereichen wichtige Grundlagen, Hinweise auf aktuelle Urteile und laufende Gerichtsverfahren. So bekommen Angestellte, Paare, Familien, Studenten, Ruheständler, Mieter und Vermieter, aber auch Anleger sowie Versicherte die optimale Vorbereitung, um keine absetzbaren Ausgaben und relevanten Ausnahmen zu übersehen.
Das PDF-Dossier zur Steuererklärung finden Sie hier mit dem WirtschaftsWoche-Digitalpass oder als Einzel-Download im Kaufhaus der Weltwirtschaft (7,99 Euro).
Hinweise auf Strategien, mit denen sich die Steuerlast senken lässt, runden das Paket ab: Privat Krankenversicherte können zum Beispiel häufig mehr Versicherungsbeiträge steuerlich geltend machen, wenn sie ihre Krankenversicherungsbeiträge im Voraus zahlen. Ein lukrativer, aber wenig bekannter Trick.
Gerichtsverfahren auf den eigenen Fall ummünzen
Auch die Urteile in Fällen anderer Steuerzahler lassen sich als Inspiration nutzen, um selbst steuerlichen Spielraum zu nutzen. So können Angestellte den Fiskus zum Beispiel an den Kosten einer Feier mit Kollegen beteiligen, wie Gerichte entschieden haben. Selbst die Modernisierung eines Badezimmers kann steuerlich zählen, wenn Steuerzahler gleichzeitig ein steuerlich relevantes Arbeitszimmer in ihrem Haushalt haben, wie das Finanzgericht Münster entschieden hat. Noch läuft die Revision dazu beim Bundesfinanzhof.
Wer muss eine Einkommensteuererklärung machen?
Alleinstehende Arbeitnehmer, die nur bei einem Arbeitgeber beschäftigt sind, müssen in der Regel keine Steuererklärung abgeben. Das ändert sich, wenn ...
- wenn Nebeneinkünfte von mehr als 410 Euro pro Jahr erzielt wurden.
- der Arbeitnehmer bei mehreren Arbeitgebern gleichzeitig beschäftigt ist oder war.
- keine Einkünfte aus einer Arbeitnehmertätigkeit mit Lohnabzug erzielt wurden, aber der Gesamtbetrag der Einkünfte bei einem Ledigen im Jahr 2016 beispielsweise durch eine Rente über 8.652 Euro liegt.
- Lohnersatzleistungen wie beispielsweise Arbeitslosen- und Elterngeld über 410 Euro pro Jahr bezogen wurden.
- auf der Lohnsteuerkarte ein Freibetrag eingetragen wurde (– beispielsweise ein Freibetrag für Werbungskosten) und der Arbeitslohn über11.000 Euro liegt (20.900 Euro für zusammen veranlagte Ehegatten)
- der Arbeitnehmer verheiratet ist und einer der Ehegatten nach der Steuerklasse V oder VI besteuert wurde.
- der Arbeitnehmer verheiratet ist und die Ehegatten nach dem sogenannten Faktorverfahren besteuert wurde.
- der Arbeitnehmer nacheinander bei verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt war und ein Arbeitgeber einen sonstigen Bezug (beispielsweise Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder Abfindungen) versteuert hat, bei dem der Arbeitslohn beim anderen Arbeitgeber nicht mit einbezogen wurde.
- der Arbeitnehmer geschieden wurde – oder der Ehegatte gestorben ist – und er im gleichen Jahr wieder geheiratet hat.
- zum Ende des Vorjahres ein sogenannter Verlustvortag festgestellt wurde – beispielsweise Verluste aus Vermietung und Verpachtung.
In solchen Fällen ist die Strategie simpel: Wer selbst in ähnlicher Situation ist, kann Ausgaben in seiner Steuererklärung eintragen. Ein Selbstläufer ist das aber nicht. Finanzämter berücksichtigen Urteile erst, wenn ihnen kaum etwas anderes übrig bleibt. Zum Beispiel weil oberste Gerichte, wie das Bundesverfassungsgericht oder der Bundesfinanzhof, dazu bereits ein überzeugendes Urteil gefällt haben. Das kann dauern. So lange zu warten, wäre ein Fehler. Auch vorher können Steuerzahler strittige Posten eintragen.
Mitunter nimmt das Finanzamt dann von sich aus einen Vorläufigkeitsvermerk in den Steuerbescheid auf und verweist auf ein noch laufendes Gerichtsverfahren. Tut es das nicht, haben Steuerzahler nach Erhalt des Bescheids einen Monat, um Einspruch einzulegen und die Aufnahme des Vorläufigkeitsvermerks zu beantragen. Ein einfaches Schreiben mit Verweis auf das anhängige Verfahren reicht. Dann können Steuerzahler von einem für sie günstigen Ausgang eines Musterverfahrens ebenfalls profitieren, ohne selbst zu klagen. Dafür müssen sie nur von Urteilen oder Verfahren wissen und die Aktenzeichen kennen – etwa dank zahlreicher Hinweise in unserem Dossier.
Kleine Fehler können die Kosten steigern
Der Steuerzahler kann in seinem Einspruch auch das Ruhen des Verfahrens beantragen. Spielt das Finanzamt mit, passiert dann bis zum endgültigen Abschluss der Musterklage gar nichts. Hat die Musterklage Erfolg, wird in der Regel auch dem Einspruch stattgegeben. Fordert das Finanzamt im Steuerbescheid eine Nachzahlung, sollten Steuerzahler in besonders aussichtsreichen Fällen mit dem Einspruch auch die Aussetzung der Vollziehung beantragen. Stimmt das Finanzamt zu, müssen sie dann bis zur Entscheidung nicht zahlen. Hat der Einspruch keinen Erfolg, müsste der Steuerzahler später allerdings 0,5 Prozent Aussetzungszins pro Monat tragen.
Checkliste: Diese Belege helfen Steuern sparen
Lohnsteuerbescheinigung
Bescheinigung über
- Arbeitslosengeld/ Elterngeld/ Kurzarbeitergeld
- Krankengeld / Mutterschaftsgeld
bei Rentenbezug (z. B. Alters-, Erwerbsunfähigkeits-, Witwen-, private Versicherungsrenten)
- bei erstmaligem Bezug den Rentenbescheid
- jährliche Rentenbescheinigung
Bescheinigung über vermögenswirksame Leistungen (z. B.: Bausparvertrag): Anlage VL
Belege über Nebeneinkünfte
Quelle: Aktuell Lohnsteuerhilfeverein e.V.
Jahreszinsbescheinigungen, etwa von Bausparkassen, Banken, Fondsgesellschaften
Steuerbescheinigungen bei einbehaltener Zinsabschlagsteuer (Abgeltungsteuer)
Belege über Verkauf von Aktien / Grundstücken / Vermögenswerten etc.
bis 14 Jahre: Betreuungskosten z. B. Gebühren für Kindergarten, -hort, Babysitter, Tagesmutter
über 18 Jahre: Ausbildungs- und Lehrverträge, Immatrikulationsbescheinigung bei Studium
im Ausland: Familienstandsbescheinigung
Belege über Schulgeld, Krankenversicherungsbeiträge, Lohnsteuerbescheinigung des Kindes, Waisenrentenbescheinigung
Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
Gewerkschaftsbeiträge, Unfallversicherung, Rechtschutzversicherung
Bewerbungskosten (z. B. Kopier-, Porto-, und Fahrtkosten, Bewerbungsmappen)
Reisekosten: Erhöhte Fahrtkosten, Verpflegungspauschalen, Unterkunftskosten (z. B. Kraftfahrer, Bauarbeiter, Außendienst)
Winterbeschäftigungsumlage
Fahrten Wohnung - Arbeitsstätte, Auswärtstätigkeit
- Entfernungs-km, Anzahl Fahrten
- Sammelbeförderung z. B. Werkbus (TÜV-Bericht / ASU / Inspektionsrechnungen immer aufheben wg. km-Stand)
- Unfallkosten PKW
Arbeitsmittel (z. B. Computer, Druckerpatronen, Büromaterial, Werkzeug, Berufskleidung, Fachliteratur)
doppelte Haushaltsführung (Miete, Mietnebenkosten, notwendiger Hausrat, Zweitwohnungssteuer)
Steuerberatungskosten
Fortbildungskosten (Kurs- und Prüfungsgebühren, Kosten für ein Zweitstudium)
Arbeitszimmer (sofern der Arbeitgeber keinen geeigneten Arbeitsplatz stellt)
beruflich veranlasste Umzugskosten (Spediteur, Umzugshelfer, Renovierungskosten, Anschlussgebühren, etc.)
rankheitskosten (z. B. Medikamente, Zahnarzt, Brille, Krankenhausaufenthalt, Kur, Physiotherapie)
Fahrtkosten zum Arzt (Anzahl der Fahrten und km)
Scheidungskosten / Beerdigungskosten
Kosten für Haushaltshilfe
Nachweis über Behinderung (Behindertenausweis, Bescheinigung vom Versorgungsamt, Rentenbescheid über Unfallrente)
Unterhaltsleistungen Kinder / Ehefrau / Eltern / Großeltern / Lebensgefährte/in
Krankenversicherungsbeiträge für unterhaltene Personen
Riester-Rente
Rürup-Rente (Basisrente)
Versicherungsbeiträge (z. B. Lebens-, Haftpflicht-, Kfz-, Unfallversicherung)
Krankenversicherung: Nachweis Basistarif, Beitragserstattungen
Spendenbescheinigungen
Haushaltsnahe Dienstleistungen:
Reinigung, Gartenpflegearbeiten (wie z. B. Rasenmähen oder Heckenschneiden), Schneeräumen
Umzugsdienstleistungen (Umzugsspedition)
Pflege von kranken Personen
Handwerkerleistungen:
Arbeiten an Haus oder Wohnung, Reparatur und Wartung von Gegenständen, Kontrollaufwendungen (z. B. Gebühr für den Schornsteinfeger)
Hinweis: Alle Arbeiten müssen im oder am Haus bzw. an Wohnung vorgenommen worden sein
Voraussetzungen:
Begünstigt ist nur der Arbeitslohn, einschließlich der in Rechnung gestellten Maschinen und Fahrtkosten - keine Leihgebühr für Maschinen
Hinweis: Kontoauszüge müssen die Bezahlung per Überweisung belegen
Vermieter:
- Kaufvertrag, Makler-, Auflassungsgebühr, Grunderwerbssteuer, Notarkosten
- Bau-, Reparaturrechnungen, Zinsbescheinigungen
Sonderabschreibung:
- für ein Baudenkmal, Gebäudesanierung
Gibt es zu einem bestimmten Fall bislang nur ein rechtskräftiges Urteil eines einfachen Finanzgerichts, sind die Finanzämter restriktiv in der Übertragung auf andere Fälle. Solche Entscheidungen sind streng genommen immer nur Entscheidungen in einem Einzelfall. Allerdings zeigen sie natürlich schon, dass es gute rechtliche Argumente für die Rechtsauffassung gibt.
Sein Recht per Klage einfordern
Schlimmstenfalls müssen Steuerzahler dann doch selbst Klage erheben. Ein Anwalt ist dafür nicht nötig. Vor Finanzgerichten können Steuerzahler selbst klagen. Das Prozessrisiko lohnt aber in der Regel nur, wenn es um mehr als 1000 Euro Streitwert geht. Steuerzahlern bleibt für die Klage ein Monat Zeit, wenn ihnen die Einspruchsentscheidung zugegangen ist. Ihre Klage sollten sie schriftlich, am besten in zweifacher Ausfertigung beim zuständigen Finanzgericht einreichen. Die Klage sollte den Kläger, das Finanzamt, den Steuerbescheid mit Steuerart und Datum sowie die Einspruchsentscheidung nennen.
Ein kleiner Fehler kann dabei die Kosten steigern: So sollte sich die Klage meist nur gegen die Berechnung der Einkommensteuer richten, nicht gegen Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. Denn diese werden automatisch angepasst. Werden sie in der Klage trotzdem genannt, drohen klagenden Steuerzahlern höhere Kosten. Natürlich sollten Steuerzahler auch genau angeben, was sie mit ihrer Klage erreichen wollen, also welche Ausgaben zum Beispiel und in welcher Höhe sie geltend machen möchten. Wer den Steuerbescheid und die Einspruchsentscheidung in Kopie beilegt und die Klage noch unterschreibt, hat an das Wichtigste gedacht. Eine genaue Begründung, warum der angefochtene Steuerbescheid falsch sein soll, kann auch noch später nachgereicht werden.
Direkt nach ihrer Klage müssen Steuerzahler vorläufig wenigstens 284 Euro Gebühr zahlen. Diese richtet sich nach dem Streitwert, wobei mindestens 1500 Euro angesetzt werden. Hat der Fiskus bei Angestellten die Werbungskosten um 2000 Euro gekürzt und verlangt deshalb 700 Euro mehr Steuer, liegt der Streitwert bei 700 Euro. Bei 10.000 Euro Streitwert beträgt die Gerichtsgebühr 964 Euro, ist im Vergleich zum Streitwert also relativ viel geringer als bei einem niedrigem Streitwert. Genau deshalb lohnen Klagen bei einem Streitwert unter 1000 Euro in der Regel nicht.
Wann das Finanzamt intensiver prüft
Bereits seit 2010 verwenden die deutschen Finanzämter ein computergestütztes Verfahren, um zu prüfende Steuererklärungen in Klassen einzuteilen, um die Intensität der Prüfung durch einen Sachbearbeiter festzulegen. Die Software prüft Steuererklärungen dabei vor allem auf Plausibilität. Außerdem gibt es darüber hinaus zufällige Stichproben, die bis ins Detail geprüft werden.
In Risikoklasse 1 – der höchsten Stufe – landen alle Steuerfälle, die bis ins Detail genau geprüft werden müssen. Meist liegen hier viele verschiedene Einkunftsarten, besonders hohe Einkünfte oder Einkünfte aus bestimmten Branchen vor.
In Risikoklasse 2 kommen Steuerfälle, die in einzelnen Punkten auffällig sind, etwa weil sie die Grenzwerte ausschöpfen. Das kann zum Beispiel die Steuernachlässe auf den Arbeitslohn beauftragter Handwerker oder das beruflich genutzte Arbeitszimmer betreffen.
Steuererklärungen der Risikoklasse 3 sind hingegen unkritisch und unauffällig, so dass Finanzbeamte kaum nochmal nachprüfen.
Risikoklasse 4 ist für Steuerfälle vorgesehen, in denen Unternehmen eine Betriebsprüfung erdulden müssen - eine besonders aufwändige und intensive Prüfung.
Nur wenn Steuerzahler sich extrem sicher sein können, dass ihre Ansprüche bestehen, kann sich ein anderes Bild ergeben. Schließlich müssen sie die Gebühren letztlich nur zahlen, wenn sie unterliegen. Sonst müsste das unterlegene Finanzamt Gerichtsgebühren und Anwaltskosten, im Rahmen der gesetzlichen Gebühren, übernehmen.
Angst davor, nach der Klage mehr als vorher zahlen zu müssen, brauchen widerspenstige Steuerzahler nicht haben. Das ist ausgeschlossen. Allerdings bewahrt die Klage sie auch nicht davor, die vom Finanzamt errechnete Steuer erst einmal zahlen zu müssen. Selbst die Zwangsvollstreckung bleibt möglich. Wollen Steuerzahler nicht zahlen, können sie die vorläufige Aussetzung der Vollziehung des Steuerbescheids beantragen. Wird die Aussetzung gewährt, stellt sich die Forderung letztlich aber als rechtens heraus, müssten sie dann allerdings auch hier zusätzlich 0,5 Prozent Zins pro Monat zahlen.