Steuerfreie Extras Besser als Bares

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Für Autofahrer kommen Tankgutscheine infrage. Die dürfen ebenfalls einen Wert von 44 Euro pro Monat nicht übersteigen. In der Magdeburger Communication Factory sind sie der Renner der Saison, wohl „wegen des hohen Benzinpreises“, vermutet Geschäftsführerin Schneider. Wichtig: Auf den Gutscheinen darf kein Geldbetrag eingetragen sein, sonst gelten sie als normaler Lohn. Stattdessen müssen die Bons auf eine bestimmte Literzahl Benzin ausgestellt sein. Das macht die Sache wegen der 44-Euro-Grenze zu einer Fummelei: Nicht zu knapp kalkulieren, sonst ist das Limit bei steigenden Benzinpreisen schnell überschritten. „Ein Cent mehr, und Arbeitnehmer müssen den gesamten Betrag versteuern“, warnt Müller-Boruttau. Effektiver aus seiner Sicht sind Fahrtkostenzuschüsse. Der Angestellte kann diese Steuer- und Abgabenschuld abhaken, wenn das Unternehmen pauschal 15 Prozent der Summe ans Finanzamt abführt. Trotz der Steuerbelastung ist diese Form der Gehaltserhöhung aber auch für Arbeitgeber attraktiv, schließlich sparen sie Sozialabgaben. Erhält ein Angestellter pro Jahr 1320 Euro Fahrtkostenzuschuss für den Weg zur Arbeit (20 Entfernungskilometer à 0,30 Euro an 220 Arbeitstagen), zahlt das Unternehmen an ihn und das Finanzamt inklusive Pauschalsteuer 1518 Euro. Eine Gehaltserhöhung würde dagegen 1584 Euro kosten, da rund 20 Prozent Arbeitgeberanteil an den Sozialabgaben fällig wären. Auch hier akzeptiert das Finanzamt keine Umwandlung des bisherigen Gehalts, nur eine Aufstockung. Hinzu kommt: Wer schon vom Arbeitgeber eine Kilometerpauschale kassiert, darf sie nicht zusätzlich privat von der Steuer absetzen. Müller-Boruttau: „Fahrtkostenzuschüsse sind deshalb besonders attraktiv für Arbeitnehmer, die vom nächsten Jahr an sowieso keine Pauschale mehr absetzen dürfen.“ Der Sparklassiker für Pendler bleibt der Dienstwagen. Zwar gilt für Arbeitnehmer, die das Auto auch privat nutzen, ein Prozent des Listenpreises im Monat als normales Gehalt, hinzu kommen 0,03 Prozent pro Kilometer zwischen Wohnung und Büro. Wer 20 Kilometer entfernt wohnt und einen 30.000 Euro teuren Wagen fährt, muss demnach 480 Euro im Monat versteuern (1,6 Prozent von 30.000 Euro). Das bedeutet bei Spitzenverdienern in der höchsten Progressionsstufe einen Abschlag von rund 300 Euro für Fiskus und Sozialversicherungen. Doch wer das Auto selbst finanziert, muss deutlich mehr berappen, zumal dann Reparaturen und Benzin auf seine Kappe gehen.

Steuerfrei kommen Dienstwagenfahrer nur davon, wenn sie mit einem Fahrtenbuch beweisen, dass sie das Auto ausschließlich dienstlich bewegen. Schummeln ist zwecklos, denn Finanzbeamte prüfen die Aufzeichnungen immer strenger, bisweilen gar mit statistischen Methoden. So wiesen westfälische Beamte einen Dienstwagenfahrer per Chi-Quadrat-Test nach, dass er Fahrten erfunden hatte, um die private Nutzung zu verschleiern. Bei den ausgedachten Kilometerangaben im Fahrtenbuch hatte der Mann unbewusst überdurchschnittlich oft dieselben Ziffern verwendet. Für das Finanzgericht Münster war die Täuschung damit bewiesen (1 K 6384/03). Sportler, Dauersitzer und Vielflieger. Die Steuerregeln halten weitere attraktive Möglichkeiten bereit, um sich ein individuelles Sparmodell zu basteln. Wer etwa gerne Sport treibt, kann beim Arbeitgeber nach Gutscheinen fürs Fitnesscenter fragen. Aber: Wer die Gutscheingrenze von 44 Euro bereits mit einer Tankgratifikation oder einem Jobticket ausschöpft, kann nicht noch einen Fitnesscenter-Bonus steuerfrei einsacken. „Die 44 Euro gibt’s nur einmal“, sagt Sorge. Ausweg in solchen Fällen ist ein Fitnessraum am Arbeitsplatz – so wie in der Communication Factory. Die Magdeburger Finanzbeamten sahen darin keinen Gehaltsbestandteil, weil die Sportgeräte der Erholung dienen und so die Arbeitskraft steigern. Im Dienste der Gesundheit darf Geschäftsführerin Schneider ihren Angestellten darüber hinaus steuerfreies Muskelkneten spendieren. „Jeden Donnerstag kommt für drei bis vier Stunden ein Masseur ins Haus“, berichtet sie. Ihre Mitarbeiter seien schließlich besonders anfällig für Rückenschäden, weil sie den ganzen Tag sitzen. Finanzämter billigen den Steuervorteil für Massagen, solange sie speziellen beruflichen Risiken vorbeugen. Bei Ganztagssitzern schießen sie in aller Regel nicht quer, in Streitfällen fordern die Beamten aber schon mal ein ärztliches Gutachten. Bietet der Arbeitgeber in der Kantine kostenlos einen Mittagsschmaus im Wert von acht Euro an, zählt der Löwenanteil von 5,36 Euro nicht als Gehalt. „Arbeitnehmer müssen nur 2,64 Euro pro Mittagessen versteuern“, sagt Müller-Boruttau. Für Abendessen gelten dieselben Grenzen, vom Frühstück sind gar nur 1,48 Euro steuerpflichtig. Wer im Beruf noch etwas erreichen will und sich Kurse oder Seminare vom Arbeitgeber bezahlen lässt, kommt ebenfalls ohne zusätzliche Steuern davon – solange der Lernstoff mit dem Job zu tun hat.

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