Die Deutschen haben eine klare Haltung: Steuerhinterziehung ist unmoralisch – zumindest dann, wenn die Täter reich sind. Satte 99 Prozent der Bundesbürger finden es laut Forsa-Umfrage „nicht in Ordnung“, wenn Wohlhabende oder Prominente den Staat betrügen.
Bei uns und unseren Nachbarn sind wir jedoch weniger streng – immerhin zehn Prozent der Befragten äußerten Verständnis dafür, wenn Normalbürger bei der Steuer tricksen. Und sogar 13 Prozent stimmten folgender Aussage zu: „Wenn ich mit der Steuererklärung ein bisschen schummle oder jemanden ohne Rechnung beschäftige, hole ich mir doch nur zurück, was der Staat mir wegnimmt.“ Die Dunkelziffer derer, die so denken, es aber lieber nicht sagen, dürfte hoch sein.
Experten fürchten, dass sich angesichts der jüngsten Selbstanzeigewelle immer mehr Schummler im Recht fühlen. Vor allem Delikte von Reichen seien „Gift für die Steuermoral“, sagt Dominik Ernste, Wirtschaftsethiker beim Institut der deutschen Wirtschaft in Köln.
Bei vielen lautet offenbar das Motto: Wenn Leute wie Uli Hoeneß oder Alice Schwarzer riesige Summen in der Schweiz haben, darf ich kleines Licht wohl doch ein bisschen tricksen. Jemand, der einem dabei moralische Rückendeckung gibt, findet sich. So konstatierte jüngst das Anlegerblatt „Smart Investor“ feinsinnig, Hinterziehung sei keineswegs Diebstahl.
Zehn goldene Regeln für die Selbstanzeige
Die Selbstanzeige ist nur strafbefreiend, wenn die Tat noch nicht entdeckt ist. Daher ist Eile geboten.
Quelle: BRANDI Rechtsanwälte
Stand: Oktober 2017
Ist die Tat schon entdeckt, wirkt selbst eine unwirksame Selbstanzeige strafmildernd wie ein Geständnis. Es ist also nie zu spät für die Offenlegung.
Nur wer in vollem Umfang die Steuererklärungen einer Steuerart der letzten zehn Kalenderjahre korrigiert, bleibt straffrei. „Vergessene“ Sachverhalte gefährden die Wirksamkeit der Selbstanzeige.
Mit Abgabe der Selbstanzeige müssen sämtliche hinterzogenen Steuern samt Zinsen und gegebenenfalls Strafzuschlag bezahlt werden. Wer nicht zahlen kann, sollte Alternativen erörtern.
Eine Selbstanzeige erfordert strafrechtliche und steuerrechtliche Erfahrung. Ziehen Sie auf jeden Fall Berater hinzu. Die Tücke steckt im Detail.
Weihen Sie ihren Steuerberater nie in etwaige Steuerhinterziehung ein. Sollte keine Selbstanzeige abgegeben werden können, macht er sich der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig, wenn er weiterhin ihre Steuererklärungen bearbeitet, ohne die Hinterziehung offenzulegen.
Eine Selbstanzeige ist meist erst der Anfang. Ohne intensive Verhandlungen mit dem Finanzamt und gegebenenfalls ein gerichtliches Verfahren läuft die Selbstanzeige nur selten ab.
Es sollte genau geprüft werden, ob durch die Selbstanzeige Außenstehende oder etwa Familienangehörige belastet werden. In einem solchen Fall ist ein koordiniertes Vorgehen bis hin zur gleichzeitigen Abgabe der Selbstanzeige ratsam.
Beamten – auch verbeamteten Lehrern – und Angehörigen des öffentlichen Dienstes sowie Berufsträgern wie Ärzten, Rechtsanwälten, Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern droht bei einer Selbstanzeige ein disziplinarrechtliches oder berufsrechtliches Verfahren. Dies kann bis hin zum Verlust von Pensionsansprüchen führen.
Die Finanzverwaltung ist verpflichtet, Kenntnisse über Straftaten wie Korruption oder Geldwäsche an andere Behörden weiterzuleiten. So kann eine Selbstanzeige weiterte Ermittlungen und Anklagen auslösen, selbst wenn die Steuerhinterziehung straffrei bleibt.
„Stehlen kann man nur etwas, was sich im Besitz eines anderen befindet. Beim Akt der Steuerhinterziehung ist es aber so, dass im eigenen Besitz befindliches Vermögen nicht an das Finanzamt abgeführt wurde.“ Und so wird in den nächsten Wochen wieder mancher in Versuchung geraten, wenn er seine Steuererklärung für 2013 macht. Doch Vorsicht: Auch vermeintlich kleine Schummeleien können harte Folgen haben.
Denn während sie sich früher oft mit einer Nachzahlung zufriedengaben, wenn sie Schummlern auf die Schliche kamen, kennen die Behörden heute keine Gnade mehr. „Es gibt seit einigen Jahren die klare Tendenz, auch bei kleineren Vergehen Steuerstrafverfahren einzuleiten“, sagt Michael Weber-Blank, Strafverteidiger und Partner der Kanzlei Brandi Rechtsanwälte in Hannover.
Und wenn es dazu kommt, haben Betroffene ein Problem. Denn: „Im Steuerstrafrecht gibt es keine Bagatellgrenze“, erklärt Rainer Biesgen, Steueranwalt in der Kanzlei Wessing & Partner. Selbst kleine Hinterziehungssummen können deshalb zu hohen Bußgeldern führen (siehe Artikel "Welche Strafen Steuerhinterziehern drohen"). Anhand von zehn verbreiteten Tricks zeigen wir, wann die Grenze zur Steuerhinterziehung überschritten ist – und welche Konsequenzen drohen:
Arbeitszimmer und Pendlerpauschale
1. Arbeitszimmer
Im Wohnzimmer der Außendienstmitarbeiterin Daniela E. steht ein Schreibtisch, an dem sie bisweilen arbeitet. Sie stuft den Raum als häusliches Arbeitszimmer ein und macht gemäß von dem Anteil des Wohnzimmers an der Gesamtfläche ihrer Wohnung 25 Prozent der Jahresmiete von 6000 Euro als Werbungskosten geltend.
Wer keinen Schreibtisch beim Arbeitgeber hat, darf fürs Home-Office bis zu 1250 Euro pro Jahr steuermindernd geltend machen. „Das gilt allerdings nur, wenn das Zimmer fast ausschließlich beruflich genutzt wird“, sagt der Düsseldorfer Steuerberater Krischan Treyde. Da dies bei Daniela E. nicht der Fall ist, ist sie in den Augen der Behörden eine Steuerhinterzieherin.
Da dürfte ihr auch ein Urteil des Finanzgerichts Köln nicht helfen: Die rheinischen Richter meinen, dass Steuerpflichtige auch eine „Arbeitsecke“ im Wohnzimmer absetzen dürfen (10 K 4126/09). Final muss darüber noch der Bundesfinanzhof in München entscheiden, das oberste deutsche Steuergericht.
Aber: „Wer den gesamten Raum absetzt, obwohl er nur einen Teil beruflich nutzt, kann den Vorwurf der Hinterziehung wohl nicht durch Verweis auf dieses Urteil entkräften“, sagt Steuerberater Treyde. Zudem könnte E. die Beamten wohl kaum davon überzeugen, dass ihr größter Raum, in dem sie nun ein Eckchen zum Arbeiten nutzt, erst neuerdings das Wohnzimmer ist, im letzten Jahr aber, auf das sich die Steuererklärung bezieht, noch ein reinrassiges Arbeitszimmer gewesen sein soll.
2. Pendlerpauschale
Arbeitnehmer Andreas B. fährt jeden Morgen 17 Kilometer zur Arbeit. Bei der Berechnung der Pendlerpauschale rundet er auf 20 Kilometer auf und kann dadurch rund 220 Euro mehr absetzen.
„Steuerpflichtige sind zu korrekten Angaben verpflichtet, deshalb ist das ein klarer Fall von Hinterziehung“, sagt Weber-Blank. Das würden viele Steuerzahlende aber nicht so empfinden, während sie im nächsten Atemzug über prominente Steuerhinterzieher schimpfen.
Das Entdeckungsrisiko ist bei Kilometer-Tricksereien hoch. Finanzbeamte kennen die Region und können Angaben bequem per Internet-Routenplaner überprüfen. „Steuerzahler sind dann in der Hand des Beamten“, warnt Weber-Blank. „Wenn sie Glück haben, kürzt er nur die Pauschale – wenn sie Pech haben, leitet er gleichzeitig ein Strafverfahren ein.“ Der Anreiz ist besonders hoch, wenn der Pendler bereits mehrere Jahre geschummelt hat.
War es sein erstes Mal, kann er glimpflich davonkommen: Wer direkt auffliegt, wird nur der „versuchten“ Hinterziehung bezichtigt – und das gibt oft einen Strafrabatt von rund 50 Prozent. Als abgeschlossen gilt die Tat, sobald der Steuerbescheid zugestellt wird, der auf falschen Angaben beruht.
Bewirtungskosten und Verlust bei Vermietung
3. Bewirtungskosten
Unternehmerin Britta C. hat anlässlich ihres Geburtstags zahlreiche Freunde und auch einige Geschäftspartner in die Firmenräume eingeladen. Die Rechnung vom Catering-Service über 2100 Euro setzt sie in der Steuererklärung zu 70 Prozent – dem gesetzlichen Maximum – als geschäftlich veranlasste Bewirtungskosten ab.
Die Linie der Finanzbehörden ist eindeutig: „Bei privaten Anlässen wie einem Geburtstag erkennen sie Bewirtungskosten nicht an – selbst, wenn Geschäftspartner anwesend waren“, erklärt Steuerberater Treyde. Die Finanzgerichte sähen das leider genauso.
Aber droht auch ein Strafverfahren? Ja. „Wer die Kosten in Höhe des gesetzlichen Maximums absetzt, obwohl nur einige Geschäftspartner unter den Gästen waren, muss mit dem Vorwurf der Steuerhinterziehung rechnen“, warnt Treyde. Rechtfertigen lässt sich dagegen der Versuch, 70 Prozent der auf die anwesenden Geschäftspartner entfallenden Kosten abzusetzen. Nach bisheriger Ansicht der Finanzgerichte ist zwar auch ein solcher anteiliger Abzug unzulässig. Da dies unter Experten aber umstritten ist, würde wohl kaum ein Richter einen Hinterziehungsversuch attestieren.
Allerdings bliebe trotzdem ein Risiko. „Ich erlebe immer öfter, dass Betriebsprüfer auch bei vertretbaren Rechtsauffassungen, die nicht denen der Finanzverwaltung entsprechen, Vorsatz unterstellen“, sagt Strafverteidiger Weber-Blank. Deshalb ist Vorsicht geboten. „Betroffene sollten unbedingt in einem Anhang zur Steuererklärung kurz den Sachverhalt erläutern“, rät Treyde. Dann seien strafrechtliche Vorwürfe später ausgeschlossen.
4. Verlust bei Vermietung
Manager Claus D. hat das Dachgeschoss für 30 000 Euro renoviert und vermietet es an seine Tochter, die auswärts studiert, aber an den Wochenenden heimkommt und die Wohnung nutzt. Die Kosten zieht D. in der Steuererklärung von den geringen Mieteinnahmen ab. Dadurch entsteht ein Vermietungsverlust von 28 000 Euro, den er mit seinem Gehalt verrechnet.
„Wegen der hohen Missbrauchsanfälligkeit schauen Finanzbeamte bei Vermietungen an Angehörige sehr genau hin“, sagt Marcus Hornig von der WTS Steuerberatungsgesellschaft. So komme es vor, dass Beamte persönlich erscheinen, um die Wohnung in Augenschein zu nehmen. „Entscheidend ist dann“, so Hornig, „ob es sich um einen abgetrennten Bereich mit eigenem Zugang, Bad und zumindest einer Kochecke handelt, der auch an einen Familienfremden vermietet werden könnte.“ Ist das nicht der Fall, unterstellen die Beamten ein „fingiertes Mietverhältnis“ – und leiten ein Strafverfahren ein.
Auch sonst muss alles laufen wie unter „fremden Dritten“. So ist Papa verpflichtet, einen Mietvertrag mit seiner Tochter abzuschließen und ihr mindestens 66 Prozent der „ortsüblichen Vergleichsmiete“ abzuknöpfen. Wie oft sie tatsächlich vor Ort ist, ist dagegen egal. Besonders oft fliegen fingierte Mietverhältnisse auf, wenn der Nachwuchs irgendwann weg ist und die Eltern keinen Nachmieter suchen.
„Dann liegt die Vermutung nahe, dass sie von Anfang an keine dauerhafte Vermietung geplant haben, sondern nur die Renovierungskosten von der Steuer absetzen wollten“, sagt Hornig. Beamte würden sich das Thema gerne auf Wiedervorlage legen und einige Jahre später nachhaken.
Putzhilfe und "Ohne Rechnung"
5. Putzhilfe
Der Rentner Ewald F. beschäftigt seit fünf Jahren für zehn Euro pro Stunde eine Putzhilfe. Sie kommt montags und donnerstags für jeweils fünf Stunden und kassiert somit 100 Euro pro Woche – schwarz.
Die „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ macht zwar keine Razzien in Privathäusern. Trotzdem geraten immer wieder Privatleute ins Visier – etwa, weil Nachbarn das Finanzamt informiert haben. „Wir bekommen hierzu viele anonyme Anzeigen“, berichtet ein Steuerfahnder.
Und dann hätte Ewald F. ein Problem. Denn de facto ist er Arbeitgeber – und wäre damit verpflichtet, Lohnsteuer einzubehalten. Macht er das nicht, wird er selbst zum Hinterzieher. Immerhin: Die Behörden werten die Beschäftigung von Schwarzarbeitern im Minijob-Umfang gemäß einer Sondervorschrift nicht als Hinterziehung, sondern als „leichtfertige Steuerverkürzung“ – und damit als Ordnungswidrigkeit.
„Betroffene müssen dann zwar auch eine Geldbuße zahlen, gelten aber nicht als vorbestraft“, erklärt Biesgen von Wessing & Partner. Wie hoch die Buße ausfällt, hängt von der „verkürzten“ Summe ab. „Oft ist etwa die Hälfte des Betrages fällig, den die Behörden bei Hinterziehung verhängt hätten“, sagt Weber-Blank von Brandi.
Somit müssten Täter pro 250 Euro, die sie verkürzt haben, mit einem Tagessatz Bußgeld rechnen. Da bei Minijobs nur zwei Prozent Lohnsteuerpauschale fällig sind, hat F. pro Woche zwei Euro „verkürzt“ – über fünf Jahre macht das rund 500 Euro. Theoretisch wären also zwei Tagessätze fällig, doch die Behörden haben Ermessensspielraum und können strenger sein.
„Bei leichtfertiger Verkürzung gibt es inzwischen die Tendenz, höhere Geldbußen zu verhängen“, sagt Weber-Blank. Die Behörden würden sich immer öfter darauf berufen, dass mit der Buße finanzielle Vorteile abgeschöpft werden sollen.
6.Ohne Rechnung
Hausbesitzerin Gunda M. hat für 8000 Euro streichen lassen und zahlt dem Malermeister 40 Prozent – 3600 Euro – der Summe bar und ohne Rechnung.
M. wird dadurch zwar nicht zur Steuerbetrügerin, macht sich aber der Beihilfe schuldig. „Die Geldstrafe fällt in solchen Fällen in der Regel etwas niedriger aus als bei eigener Hinterziehung“, sagt Experte Biesgen. Wie hoch der Abschlag ist, sei aber von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. „Da lässt sich seriös keine Größenordnung definieren.“
Klar ist: Die Strafe orientiert sich auch bei M. an der Summe, die der Malermeister hinterzieht. Läge dessen persönlicher Steuersatz bei 40 Prozent, hätte er 1440 Euro Einkommensteuer hinterzogen, hinzu käme die 19-prozentige Mehrwertsteuer (auf 3600 Euro, also 684 Euro).
Nebeneinkünfte, Reinigungskosten und Kapitalerträge
7. Nebeneinkünfte
Anwalt Holger I. hält häufig Vorträge oder leitet Seminare zum Thema Gesellschaftsrecht. Die meisten Nebeneinkünfte gibt er in der Steuererklärung an, ein Honorar in Höhe von 1200 Euro aber nicht.
Wer sich auf die eigene Vergesslichkeit beruft, hat schlechte Karten. „Finanzbeamte unterstellen in solchen Fällen in der Regel mindestens den sogenannten bedingten Vorsatz“, sagt Ulrike Grube, Expertin für Steuerstrafrecht bei der Kanzlei Rödl & Partner in Nürnberg.
„Bedingter“ Vorsatz heißt: Der Steuerpflichtige hat zwar nicht unbedingt absichtlich betrogen, aber bei der Auflistung seiner Einnahmen nicht die gebotene Sorgfalt walten lassen und so „billigend in Kauf genommen“, dass der Fiskus weniger bekommt, als ihm zusteht. Das reicht für ein Steuerstrafverfahren – mit ein bisschen Glück gibt’s aber einen Nachlass beim Bußgeld.
8. Reinigungskosten
Die Bankerin Ida J. hat wieder viel für die Reinigung ihrer Kostüme ausgegeben. Obwohl das Finanzamt ihr den Steuervorteil über Jahre immer wieder gestrichen hat, versucht sie es dieses Jahr erneut und reicht Belege über insgesamt 140 Euro ein.
Das Motto „Versuchen kann man’s ja mal“ ist brandgefährlich. Denn auch hier können Beamte „bedingten Vorsatz“ unterstellen und Strafverfahren wegen versuchter Hinterziehung einleiten. Angesichts der Vorgeschichte liegt schließlich die Vermutung nahe, dass J. darauf gesetzt hat, dass die Beamten dieses Mal nicht genau hinschauen.
9. Kapitalerträge
A Das Ehepaar K. hat Ersparnisse von 24 000 Euro zu gleichen Teilen auf seine drei Kinder übertragen, um deren Steuerfreibeträge zu nutzen. Dadurch hat die Familie über vier Jahre Kapitalerträge in Höhe von 2250 Euro steuerfrei eingestrichen. Doch jetzt holen sich die Eltern das Geld von den Kinder-Konten zurück, um ein neues Auto zu kaufen.
Die Rechtslage ist klar: Wer seinen Kindern Geld überträgt, darf es sich nicht ohne Weiteres zurückholen. Denn bei Rückholaktionen kann das Finanzamt den Eltern vorwerfen, dass es ihnen bei der Übertragung ausschließlich darum ging, die 25-prozentige Abgeltungsteuer zu vermeiden.
Unschuldsmiene hilft nicht
Es bestehe die große Gefahr, „dass die Beamten nicht nur eine Nachzahlung fordern, sondern auch Vorsatz und damit Steuerhinterziehung unterstellen“, warnt Jochen Busch, Steuerexperte bei Baker Tilly Roelfs in München. Gerade Spitzenverdiener, bei denen Beamte gerne – wie bei Firmen – zu einer Steuerprüfung erscheinen, fliegen schnell auf. Busch: „Die Prüfer lassen sich dann gerne Kontoauszüge zeigen – und schauen bei hohen Zahlungseingängen genauer hin.“
Die Behauptung, nichts vom Rückholverbot geahnt zu haben, fruchtet in solchen Fällen nicht. „Wer Geld auf seine Kinder überträgt, um Freibeträge zu nutzen, kann sich nicht darauf berufen, von steuerlichen Dingen keine Ahnung zu haben“, sagt Busch. Zulässig sind Rückholaktionen allerdings, wenn es einen Schenkungsvertrag gibt, der in bestimmten, klar definierten Ausnahmefällen eine Rückabwicklung vorsieht – etwa wenn ein Kind drogensüchtig wird oder einer Sekte beitritt.
10.Minijobberin
A Kurt L., Inhaber einer Vermögensverwaltung, hat seine Frau als Minijobberin für Büroarbeiten eingestellt und setzt den Monatslohn von 450 Euro als Betriebsausgaben an – obwohl seine Frau im vergangenen Jahr kaum noch da war, weil sie mit dem neugeborenen Sohn ausgelastet war.
Arbeitsverhältnisse mit Angehörigen zu untersuchen ist Standard bei jeder Betriebsprüfung – schließlich ist die Missbrauchsanfälligkeit genauso hoch wie bei der Vermietung an Verwandte (siehe Fall 4). Und auch hier ist die Frage: Hält das Modell dem „Fremdvergleich“ stand?
Nein – schließlich hätte L. einer familienfremden Minijobberin, die allenfalls sporadisch auftaucht, längst gekündigt und somit auch nichts absetzen können. Und wenn der Arbeitsvertrag nicht eingehalten wird, Unternehmer aber trotzdem Betriebsausgaben geltend machen, ist das Hinterziehung.
Das Entdeckungsrisiko ist höher, als mancher glaubt. So könnten Betriebsprüfer Mitarbeiter fragen, was Frau L. eigentlich mache. „Lautet die Antwort: ‚Die hab’ ich schon ewig nicht mehr gesehen‘, reicht das für ein Strafverfahren“, sagt Weber-Blank. Solche Fälle gebe es immer wieder.
Sicher: Ein gerichtsfester Beweis ist das nicht. Aber die Erfahrung zeigt, dass Unternehmer in solchen Fällen dazu neigen, diskret eine Geldbuße zu akzeptieren, statt sich auf einen langwierigen Prozess einzulassen. Denn wenn Steuertrickser etwas noch mehr fürchten als das Finanzamt, dann ist es die interessierte Öffentlichkeit.