Die Finanzbehörden von Nordrhein-Westfalen treiben die grenzüberschreitende Fahndung nach Steuersündern voran. Das Bundesland stellte 19 europäischen Ländern mehr als 100.000 verdächtige Kontodaten zur Verfügung, wie Finanzminister Norbert Walter-Borjans am Freitag in Düsseldorf sagte. Es handele sich um Konten bei Banken in Luxemburg und der Schweiz. Darunter seien viele Bürger aus Frankreich und Belgien.
Wie hoch die Gesamtsumme sei und bei wie vielen es sich tatsächlich um Steuerhinterziehung handele, könne er noch nicht sagen. Er habe aber eine Botschaft für Steuerhinterzieher: "Immer mehr Verstecke für ihr Schwarzgeld fliegen auf."
Der Steuerfahndung Wuppertal sei anonym eine Festplatte mit fast 160.000 Kontoinformationen zugespielt worden, berichtete der Minister. Über 50.000 davon beziehen sich nach seinen Angaben auf Deutschland, je mehr als 40.000 auf Belgien und Frankreich. Weitere Länder seien unter anderem die Niederlande, Italien, Spanien und Griechenland. Die Behörden der Länder könnten die Informationen nun beim Bundeszentralamt für Steuern abrufen.
Ein weiteres Datenpaket bestehe aus Angaben über Stiftungen und Briefkastenfirmen bei einer Schweizer Bank, sagte Walter-Borjans. Zudem gebe es Vertriebsinformationen einer Großbank, die Hinweise auf eine möglich Beihilfe zur Steuerhinterziehung geben könnten. Die Namen der Banken nannte der Minister nicht.
Die verdächtigen Kontodaten
Bei den Daten, die die NRW-Steuerfahndung an 19 Staaten weitergibt, handelt es sich im Wesentlichen um eine anonym zugespielte Festplatte mit knapp 160.000 Konto-Informationen bei einer Bank in Luxemburg. Darunter sind mehr als 54.000 deutsche Fälle.
Besonders viele Daten mit Verdacht auf Steuerhinterziehung betreffen zudem Belgien mit 49.022 und Frankreich mit 42.540 Fällen, gefolgt von den Niederlanden (4466) , Italien (1915) und Spanien (1104).
In je dreistelliger Zahl sind Schweden, Portugal, Dänemark, Irland, Griechenland, Finnland, Norwegen, Polen, Ungarn, Tschechien und Rumänien gelistet. In kleinerer Fallzahl kommen Fälle von Anlegern aus Island, Slowenien und Bulgarien vor.
Ein Datenpaket bezieht sich auf Stiftungen und eine Schweizer Bank. Es handelt sich um Angaben zu 1772 Fällen. Die weitaus meisten beziehen sich auf deutsche Stiftungen.
Insgesamt 85 Fälle stammen aus Belgien, Italien, Niederlande, Schweden, Spanien, Tschechien und Ungarn.
Es gebe aufgrund der Erfahrungen der Vergangenheit, eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass ein großer Teil Schwarzgeld sei. "Ich mache mir wenig Sorgen, dass am Ende nicht dabei ein stattliches Ergebnis herauskommt." Erst im April hatte die NRW-Finanzverwaltung verdächtige Kontodaten mit Guthaben von insgesamt rund 100 Milliarden Schweizer Franken an 27 Staaten weitergegeben.
Nordrhein-Westfalen hatte in der Vergangenheit diverse CDs mit Insider-Informationen über Steuerhinterzieher gekauft. Wie die Datenträger zeigten, hatten zahlreiche Steuersünder Gelder bei Schweizer Banken versteckt. Rund 22.000 von ihnen zeigten sich selbst an, allein in Nordrhein-Westfalen fielen in Folge der Datenkäufe über fünfeinhalb Jahre Mehreinnahmen des Fiskus von rund 2,1 Milliarden Euro an.