Steuerhinterziehung Schwarzgeld-Kunden klagen Schweizer Banken an

Viele Schweizer Banken haben illegale Provisionen eingestrichen und darauf gesetzt, dass die Schwarzgeld-Kunden stillhalten. Doch die haben inzwischen reinen Tisch gemacht – und nichts mehr zu befürchten.

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Das Logo der UBS-Bank Quelle: REUTERS

Dieter Wedel ist ein Freund klarer Worte. „Die Schweiz ist zu einer Plattform für Betrüger geworden, die es darauf abgesehen haben, andere Betrüger reinzulegen“, sagte der bekannte Regisseur („Der große Bellheim“) einmal. Schweizer Vermögensverwalter hätten ihn viel Geld gekostet. „Die rechnen einfach damit, dass Geld, das Deutsche in der Schweiz anlegen, Schwarzgeld ist und Anleger sich nicht wehren können.“

Das gilt nicht für jeden Schweizer Banker. Aber Tatsache ist: Schwarzgeld-Kunden sind angenehme Kunden. Weil sie hohe Gebühren zahlen – Hauptsache, ihr Geld ist sicher vor dem Fiskus. Und weil sie, wenn sie reingelegt wurden, Schadensersatzklagen scheuen. Denn wer vor Gericht zieht, muss raus aus der Anonymität, und das tut keiner, der etwas zu verbergen hat.

Wedel hat nichts zu verbergen, aber als er die Schweizer kritisierte, scheuten sich tatsächlich noch viele Anleger zu klagen.

Zehn goldene Regeln für die Selbstanzeige

Doch jetzt hat sich die Lage geändert. Aus so manchem Hinterzieher ist wieder ein Bürger mit weißer Weste geworden, der nicht mehr stillhalten muss: Seit 2008 haben 80.000 Deutsche dem Finanzamt ihre Schweizer Bankkonten offenbart, jeden Monat kommen Tausende reuige Sünder hinzu. Und auf die Reue folgt nun vielfach die Rache. Immer mehr deutsche Schwarzgeld-Anleger lassen derzeit Klagen gegen eidgenössische Banken und Vermögensverwalter vorbereiten, berichten deutsche Anlegeranwälte und Schweizer Juristen. Im Visier stünden vor allem die Platzhirsche UBS und Credit Suisse. Die Kläger verlangen hohe Provisionen zurück. Doch wie stehen die Chancen auf Schadensersatz? Und lohnen sich Klagen angesichts hoher Anwalts- und Gerichtskosten überhaupt?

Hoffnung macht Anlegern ein Grundsatzurteil des Schweizer Bundesgerichts aus dem Jahr 2012 (4 A 127/2012). Darin stellten die Richter klar: Banken und Vermögensverwalter müssen ihren Kunden sämtliche Provisionen erstatten, die sie von Anbietern für den Verkauf von Fonds, Zertifikaten und anderen Produkten kassieren.

Solche versteckten Vergütungen („Kickbacks“) heißen in der Schweiz „Retrozessionen“. Die meisten Schweizer Banken und Vermögensverwalter hätten diese nie erstattet und selbst nach dem Urteil an ihrer „Selbstbedienungsmentalität“ festgehalten, sagt der Züricher Notar und Anwalt Rolf Gebauer. Er will Deutschen zu Schadensersatz verhelfen. Anleger können ihre Ansprüche an seine Gebauer Treuhand GmbH abtreten, die Retrozessionen dann – vorausgesetzt, eine Prüfung bestätigt den Verdacht – für die letzten zehn Jahre einfordert, notfalls per Klage.

Die Offerte richtet sich nicht nur an Vermögensverwaltungskunden, sondern auch an Anleger, die Anlageberatungsverträge unterzeichnet haben. Auch hier greife die Erstattungspflicht, meint Gebauer. „Im Erfolgsfall“, sagt er, „fließen 60 Prozent des Erlöses an die Anleger und 40 Prozent an die Treuhandfirma.“ Bei einem Misserfolg müssten Anleger keinen Cent zahlen. In typischen Fällen seien pro Jahr 0,5 Prozent des Vermögens an Retrozessionen geflossen. Demnach sind bei einem Depot von einer Million Euro für zehn Jahre rund 50.000 Euro Schadensersatz drin.

In den letzten Wochen hat Gebauer sein Konzept deutschen Steuer- und Finanzexperten vorgestellt, die vermögende Kunden betreuen. Darunter war auch der Münchner Steuerberater und Anwalt Ralf Stefan Werz, den das Angebot überzeugt. „Ich habe das einigen Mandanten empfohlen.“ Zum einen, so Werz, sei es „gerade für Personen mit einem gewissen Bekanntheitsgrad“ interessant über eine Treuhandfirma zu klagen, ohne persönlich in Erscheinung zu treten – auch nach einer gültigen Selbstanzeige. „Vor allem aber gehen Mandanten kein Kostenrisiko ein.“

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