Steuerhinterziehung Mit diesen Tricks machen Sie sich fast zum Hoeneß

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Unschuldsmiene hilft nicht

So nutzen Sie kleine Steuerschlupflöcher aus
Der Staat braucht weitere Einnahmequellen: Wenn die Verschuldung Deutschlands nur annähernd reduziert werden soll, wären jährliche Steuermehreinnahmen von 1,5 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung nötig. Das geht aus Berechnungen der Boston Consulting Group hervor. Möglich ist das über die umstrittenen Steuererhöhungen, die Wiedereinführung der Vermögenssteuer oder das Schließen von Steuerschlupflöchern. Quelle: dpa
SPD und Grüne beispielsweise fordern die Einführung einer Vermögenssteuer, wie sie es auch in anderen Ländern gibt. "Achtzig Prozent der Bürger stimmen in Umfragen dafür. Der Bürgerwille setzt sich meistens durch, auch wenn manche das nicht glauben wollen. Die Vermögensteuer existiert in vielen Ländern, die eine viel geringer ausgeprägte Sozialstaatstradition haben als wir. Und aus den klaren Aussagen des Kanzlerkandidaten, Mittelständler nicht in ihrer Substanz zu gefährden, können Sie ersehen, dass wir die Einführung vernünftig gestalten wollen", sagte Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz im Interview mit der WirtschaftsWoche. Und auch Steuerexperten sind überzeugt, dass im kommenden Jahr die Sonderabgabe für Reiche kommen wird. Dementsprechend sinnvoll ist es, das Vermögen in Sicherheit zu bringen. Quelle: dpa
So gibt es eine nützliche Steuerlücke im Erbschaftssteuerrecht, der aber das Bundesverfassungsgericht an den Kragen will. Bei einer Erbschaft haben nahe Angehörige – das sind Ehepartner, Kinder und Enkel –Freibeträge. Ehepartner erben 500.000 Euro steuerfrei, Kinder immerhin noch 400.000 Euro und Enkel 200.000 Euro. Erst wenn die Erbschaft diese übertrifft, greift der Fiskus zu. Wird aber nicht nur ein bisschen Schmuck, sondern ein ganzes Unternehmen vererbt, ist der Freibetrag natürlich schnell überstiegen. Um dieses Problem zu umgehen, muss das liquide Vermögen auf ein separates Konto, das danach in eine sogenannte Cash-GmbH gehüllt wird - ein Unternehmen ohne operatives Geschäft. Nach sieben Jahren Schonfrist ist das übertragene Vermögen von der Erbschaft- oder Schenkungsteuer befreit. Quelle: dpa
Steuerexperten schätzen, dass sich Vermögende dank dieser Steuerlücke einen zweistelligen Milliardenbetrag gespart haben. Sie gehen davon aus, dass allein in den letzten fünf Jahren ein Vermögen von gut 250 Milliarden Euro mehr oder weniger steuerfrei an nachfolgende Generationen übergeben worden sind. Dem Staat entging dadurch rund 80 Milliarden Euro Steuern. Quelle: Fotolia
Vererben ist nicht leicht: Rüdiger und Detlev Paulmann haben zwei Jahre an einer Nachfolgeplanung für den Lampen- und Leuchtenhersteller mit rund 500 Mitarbeitern gearbeitet. Von der Arbeit, die eine solche Übergabe macht, einmal abgesehen, ist eine schnelle Nachfolgeplanung aber gar nicht verkehrt: Wer sein Unternehmen der nächsten Generation überschreibt, kann bis zu 20 Prozent des Werts in bar als Betriebsvermögen mitschenken. So entgeht dieser Teil des Vermögens dem Fiskus. Aber auch hier sind sihc Experten einig, dass diese Regelung von Schwarz-Rot gekippt wird. Quelle: Nils Hendrik Müller für WirtschaftsWoche
Die Möglichkeit einer solchen Schenkung des Familienunternehmens haben laut Expertenschätzung in den vergangenen vier Jahren fast 60 Prozent der Unternehmer wahrgenommen. Quelle: dpa

Es bestehe die große Gefahr, „dass die Beamten nicht nur eine Nachzahlung fordern, sondern auch Vorsatz und damit Steuerhinterziehung unterstellen“, warnt Jochen Busch, Steuerexperte bei Baker Tilly Roelfs in München. Gerade Spitzenverdiener, bei denen Beamte gerne – wie bei Firmen – zu einer Steuerprüfung erscheinen, fliegen schnell auf. Busch: „Die Prüfer lassen sich dann gerne Kontoauszüge zeigen – und schauen bei hohen Zahlungseingängen genauer hin.“

Die Behauptung, nichts vom Rückholverbot geahnt zu haben, fruchtet in solchen Fällen nicht. „Wer Geld auf seine Kinder überträgt, um Freibeträge zu nutzen, kann sich nicht darauf berufen, von steuerlichen Dingen keine Ahnung zu haben“, sagt Busch. Zulässig sind Rückholaktionen allerdings, wenn es einen Schenkungsvertrag gibt, der in bestimmten, klar definierten Ausnahmefällen eine Rückabwicklung vorsieht – etwa wenn ein Kind drogensüchtig wird oder einer Sekte beitritt.

10.Minijobberin

A Kurt L., Inhaber einer Vermögensverwaltung, hat seine Frau als Minijobberin für Büroarbeiten eingestellt und setzt den Monatslohn von 450 Euro als Betriebsausgaben an – obwohl seine Frau im vergangenen Jahr kaum noch da war, weil sie mit dem neugeborenen Sohn ausgelastet war.

Arbeitsverhältnisse mit Angehörigen zu untersuchen ist Standard bei jeder Betriebsprüfung – schließlich ist die Missbrauchsanfälligkeit genauso hoch wie bei der Vermietung an Verwandte (siehe Fall 4). Und auch hier ist die Frage: Hält das Modell dem „Fremdvergleich“ stand?

Nein – schließlich hätte L. einer familienfremden Minijobberin, die allenfalls sporadisch auftaucht, längst gekündigt und somit auch nichts absetzen können. Und wenn der Arbeitsvertrag nicht eingehalten wird, Unternehmer aber trotzdem Betriebsausgaben geltend machen, ist das Hinterziehung.

Das Entdeckungsrisiko ist höher, als mancher glaubt. So könnten Betriebsprüfer Mitarbeiter fragen, was Frau L. eigentlich mache. „Lautet die Antwort: ‚Die hab’ ich schon ewig nicht mehr gesehen‘, reicht das für ein Strafverfahren“, sagt Weber-Blank. Solche Fälle gebe es immer wieder.

Sicher: Ein gerichtsfester Beweis ist das nicht. Aber die Erfahrung zeigt, dass Unternehmer in solchen Fällen dazu neigen, diskret eine Geldbuße zu akzeptieren, statt sich auf einen langwierigen Prozess einzulassen. Denn wenn Steuertrickser etwas noch mehr fürchten als das Finanzamt, dann ist es die interessierte Öffentlichkeit.

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