Steuerhinterziehung Warum Zypern nicht als Steuerparadies taugt

Die Mittelmeerinsel als Firmensitz ist ein Klassiker bei Steuertricks. Was dabei schief gehen kann, zeigt ein spektakulärer Fall in Frankfurt. Es geht um Steuerhinterziehung von rund 750 Millionen Euro.

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Zypern ist als offizieller Firmensitz bei Steuertricksern beliebt Quelle: dpa

Hessens CDU-Finanzminister Thomas Schäfer dürfte genau verfolgen, was die Frankfurter Generalstaatsanwälte bei ihren aktuellen Ermittlungen zu Tage fördern. Zwölf Verdächtige sollen in der Mainmetropole 450 Millionen Euro Körperschaftsteuer hinterzogen haben. Zwei von ihnen hat die Polizei festgenommen und Büros sowie Wohnungen in Frankfurt durchsucht. Das Geld stammt laut Staatsanwaltschaft aus der Veräußerung von Firmenanteilen.

Finanzminister des Landes Hessen, Thomas Schäfer (CDU) Quelle: dpa

Frankfurt fehlen 300 Millionen Euro

Bei einem Körperschaftsteuersatz von 25 Prozent muss die beschuldigte Truppe Gewinne in Höhe von 1,8 Milliarden Euro erzielt haben. Die Hälfte der hinterzogenen Summe stünde dem Land Hessen und dem Haushalt von Finanzminister Schäfer zu. Aber auch die Stadt Frankfurt hat wohl einen Schaden erlitten. Der umfangreiche Geschäftsbetrieb und die Höhe der Gewinne sprechen dafür, dass die Verdächtigen darüber hinaus auch Gewerbesteuer hätten zahlen müssen. Bei einem effektiven Gewerbesteuersatz von etwa 16 Prozent wären geschätzt rund 300 Millionen Euro fällig geworden. Insgesamt kassiert Frankfurt jährlich etwa eine Milliarde Euro Gewerbesteuer.

Die Verstecke der Schwarzgeld-Schmuggler
"Haben Sie Bargeld dabei?"Zöllner kontrollieren stichprobenartig, ob Reisende hohe Bargeldsummen im Gepäck haben. Die Kontrollen können direkt am Grenzübergang stattfinden, aber auch durch mobile Einsatztrupps, die einige Kilometer im Landesinneren lauern. Wer mehr als 10.000 Euro dabei hat, muss dies den Zöllnern mitteilen. Wenn Reisende schweigen und die Ermittler trotzdem hohe Summen finden, informieren sie per Kontrollmitteilung das Finanzamt des Betroffenen. Quelle: Hauptzollamt Ulm
Schmuggelroute Bregenz - Lindau: Besonders häufig sind die Zöllner an den Grenzen zu Luxemburg und der Schweiz unterwegs. Zahlreiche Bargeldfunde melden traditionell die Beamten aus der Region Lindau am Bodensee. Dort - im Dreiländereck Schweiz-Österreich-Deutschland - kommen zahlreiche Steuerflüchtige vorbei, die ihr Schwarzgeld zurück in die Heimat schmuggeln wollen. Quelle: Hauptzollamt Ulm
Daten-CD's schrecken Hinterzieher auf: 2010 war für Deutschlands Bargeld-Fahnder ein Rekordjahr. Die Tatsache, dass der deutsche Fiskus eine CD mit Kundendaten der Schweizer Großbank Credit Suisse gekauft hatte, schreckte zahlreiche Hinterzieher auf. Viele entschieden sich für eine strafbefreiende Selbstanzeige beim Finanzamt, andere versuchten, ihr Geld heimlich zurückzuholen. Aber längst nicht allen Steuersündern gelang es, durch die Zollkontrollen zu schlüpfen. Quelle: Reuters
Angst vor dem Abkommen:Auch 2011 blieb die Angst vor Entdeckung groß - vor allem wegen des Steuerabkommens, über das Deutschland und die Schweiz verhandeln. Es sieht eine engere Kooperation der eidgenössischen Banken mit deutschen Steuerfahndern sowie eine pauschale Strafsteuer für Schwarzgeld vor. Ob das Abkommen in Kraft tritt, steht aber noch nicht fest, da die SPD Nachbesserungen fordert. Quelle: dapd
Scheine ohne Ende: Allein die Fahnder im Großraum Lindau (Bodensee) stellten 2011 rund drei Millionen Euro Bargeld sicher und fanden in den Unterlagen von Reisenden Konto- und Depotauszüge, die auf ein Auslandsvermögen von satten 500 Millionen Euro hindeuten. Schätzungen zufolge dürften sich daraus Steuernachzahlungen im mittleren zweistelligen Millionenbereich für den deutschen Fiskus ergeben - allein durch Funde in Lindau und Umgebung, wohlgemerkt. Quelle: dpa
Schlechtes Versteck im Koffer:Nur selten liegt das Bargeld ganz offen im Koffer wie im Fall dieses Krimi-Fans, den die Lindauer Zöllner kürzlich schnappten. Die meisten Schmuggler lassen sich bessere Verstecke einfallen. Quelle: Hauptzollamt Ulm
Cash am Körper: Großer Beliebtheit erfreuen sich Taschen, die unter der Kleidung ganz eng am Körper getragen werden. Anfang März erwischten Zöllner am Grenzübergang Bietingen einen 59-jährigen Metzgermeister aus Bayern, der 147.000 Euro in zwei Bauchtaschen schmuggelte. Wegen Nichtanmeldens des Bargeldes muss er nun ein Bußgeld zahlen, zudem wird sein Heimatfinanzamt informiert - dem er dann erklären muss, woher das Geld stammt. Quelle: Hauptzollamt Ulm

Die Verdächtigen vom Main müssen geschickte Händler gewesen sein, um ihre hohen Gewinne zu erzielen. Die Geschäfte, mit denen sie das geschafft haben, waren laut Staatsanwaltschaft legal. Illegal war dagegen der Versuch, die fällige Steuer am Fiskus vorbei zu mogeln. Dabei gingen sie offenbar weniger geschickt vor. Die Verdächtigen betrieben ihre Geschäfte vom Finanzplatz Frankfurt aus, taten gegenüber dem Finanzamt aber so, als ob ihr Unternehmen auf der Mittelmeerinsel Zypern sitzen würde.

Noch keine Klage erhoben

Steuerparadies Zypern Quelle: dapd

Warum ausgerechnet dort? „Der Standort Zypern taucht wie ein Klassiker bei vielen steuerlichen Strafverfahren in Deutschland auf“, sagt Ulrich Sorgenfrei, Steuerberater und Steuerstrafverteidiger. Der Frankfurter Anwalt gehört laut WirtschaftsWoche-Ranking vom März 2009 zu den besten Spezialisten für Steuerstrafrecht. Zypern lockt mit niedriger Körperschaftsteuer aber auch mit der Tatsache, dass die Insel günstige Doppelbesteuerungsabkommen mit anderen Staaten abgeschlossen hat. Zudem tauschen sich die zypriotischen Behörden erfahrungsgemäß kaum mit Steuerverwaltungen im Ausland aus, obwohl die Insel seit 2004 EU-Mitglied ist.

„Wer ein Unternehmen legal von Deutschland nach Zypern verlagern will, muss sich an die Spielregeln halten“, sagt Sorgenfrei. Die deutschen Steuerbehörden überprüften ausländische Geschäftsadressen und kommen dilettantisch gebastelten Briefkastenfirmen wie offenbar im Frankfurter Fall schnell auf die Schliche. Die Steuerfahnder können feststellen, ob Unternehmen tatsächlich im Ausland sitzen oder sich nur bei dortigen Anwaltskanzleien registriert haben, die massenhaft Scheinadressen verwalten.

Geld im Ausland vermutet

Der Geschäftsbetrieb im Ausland muss laut Anwalt Sorgenfrei Substanz haben. Dafür notwendig sind etwa Büros und Besprechungsräume sowie branchenübliche Kommunikationsverbindungen. Zudem muss es je nach Art des Unternehmens Angestellte geben, die den Betrieb am Laufen halten. Die Geschäftsführer und Eigentümer müssen sich regelmäßig für wichtige Entscheidungen am ausländischen Sitz der Gesellschaft zusammenfinden. „Für spätere Betriebsprüfungen ist das penibel zu dokumentieren, etwa in Form von Protokollen von Sitzungen oder Gesellschafterversammlungen“, sagt Sorgenfrei.

Noch hat die Staatsanwaltschaft keine Anklage erhoben. Sind die Verdächtigen im Frankfurter Fall tatsächlich schuldig, drohen ihnen bis zu zehn Jahren Gefängnis. Milde vom Richter können sie allerdings erwarten, wenn sie helfen, das hinterzogene Geld sicher zu stellen. Ein großer Teil davon liegt laut Staatsanwaltschaft im Ausland. Leichter heran kommen die Behörden dagegen an das in Deutschland liegende Vermögen. Finanzminister Thomas Schäfer wird es freuen.

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