In wenigen Tagen will die Bundesregierung ein Gesetz durch den Bundestag bringen, das den Börsenrückzug, im Fachjargon Delisting genannt, von Aktiengesellschaften neu regelt. Die Neuregelung wurde nötig, weil nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, II ZB 26/12) vom 8. Oktober 2013 Aktionäre bei einem Börsenrückzug nicht zu entschädigen sind.
Nach dem Urteil nahm die Zahl der Delistings sprunghaft zu. Allein 2014 haben 40 Unternehmen ihren Rückzug von der Börse angekündigt. Zwischen 2003 und 2012, vor dem BGH-Urteil, verabschiedeten sich insgesamt nur etwa 30 Unternehmen vom Kurszettel. Die Flucht von der Börse schadet Aktionären: Kündigt eine Aktiengesellschaft an, dass sie die Börse verlassen wird, bricht der Kurs in der Regel ein. Grund dafür ist, dass die Anleger ihre Aktien künftig nicht mehr öffentlich handeln können.
Vor dem BGH-Urteil stand den Aktionären bei einem Delisting eine Abfindung zu. Die Aussicht auf eine solche Ausgleichszahlung stabilisierte regelmäßig den Kurs der Börsenflüchtigen. 2013 fiel die diese Entschädigung weg. Als etwa das Immobilienunternehmen Gagfah nach der Übernahme durch den Wettbewerber Vonovia (damals noch Deutsche Annington) am 15. April ankündigte, die Börse zu verlassen, knickte der Kurs deutlich ein. Bisher liegen nur Entwürfe für das Gesetz zum Delisting vor, die zwischen den Koalitionspartnern noch diskutiert werden. Kernpunkte der aktuellen Planung sind: Beschluss: Nach wie vor soll das Unternehmen ohne Beschluss der Hauptversammlung einen Börsenrückzug beschließen können. Abfindung: Unternehmen sollen ihre Aktionäre bei einem Delisting auf jeden Fall entschädigen. Die Höhe der Abfindung soll sich am durchschnittlichen Börsenkurs sechs Monate vor Ankündigung des Börsenrückzugs orientieren.
In einem ersten Entwurf des Gesetzes war noch vorgesehen, dass bei einem Delisting nach einer Übernahme keine Entschädigung nötig sei, solange die Aktionäre des übernommenen Unternehmens vorher ein ausreichend hohes Übernahmeangebot bekommen hatten. Diese Ausnahme wurde mittlerweile gestrichen.
Recht einfach
Ein Mann aus der Pfalz parkte sein Auto und fuhr in einem anderen Auto in den Urlaub. Wenige Stunden später wurden wegen eines Festumzugs Parkverbotsschilder aufgestellt. Das Auto wurde abgeschleppt. Die 207 Euro Abschleppkosten musste der Mann zahlen. Niemand dürfe auf ein unbegrenztes Parkrecht vertrauen (Verwaltungsgericht Neustadt, 5 K 444/14 NW).
Ein Süddeutscher ärgerte sich über ein Knöllchen: „Das ist doch Korinthenkackerei“ und kassierte eine Beleidigungsklage. Der Richter erkannte aber einen zulässigen „Kampf ums Recht“ (Amtsgericht Emmendingen, 5 Cs 350 Js 30429/13).
Um 3 Uhr nachts trug ein 64-Jähriger Zeitungen aus. Vor einer Bank versperrte ihm ein BMW auf dem Gehsteig den Weg. Aus Wut trat der Mann gegen die Autotür. Die 986,78 Euro Lackschaden musste er zahlen. Falschparken rechtfertige keine Sachbeschädigung (Amtsgericht München, 213 C 7493/15).
Aktien zu billig einsammeln
Nachdem der erste Gesetzentwurf publik geworden war, hatten Aktionärsschützer ihn massiv kritisiert. Auch nach den Nachbesserungen sieht Peter Dreier, Düsseldorfer Anwalt für Kapitalmarktrecht, die Rechte von Aktionären nicht ausreichend geschützt. Die Orientierung an einem Durchschnittsbörsenkurs sei nicht angemessen: „Ein fairer Wert für die Abfindung muss über ein Gutachten ermittelt werden.“ Der Börsenkurs könne allenfalls eine Wertuntergrenze abbilden. Sei der Ertragswert des Unternehmens (der Wert der künftigen Gewinne) laut einem unabhängigen Gutachten höher, müssten die Aktionäre auch eine höhere Abfindung erhalten. Ein vom Börsenkurs abweichender Wertansatz sei bislang nur bei wenigen Ausnahmen geplant, etwa bei erfolgter Kursmanipulation. Aktionäre wären aber in der Praxis kaum in der Lage, solche Umstände nachzuweisen. „Das Gesetz schützt so nicht Anleger, sondern die Interessen von Unternehmenslobbyisten“, sagt Anwalt Dreier. Die erfolgten Nachbesserungen seien „reine Augenwischerei“.
Schlechter Deal für Aktionäre
Wie weit Börsenkurs und Ertragswert auseinanderklaffen können, zeigt der Fall Kabel Deutschland. Das deutsche Unternehmen wurde 2013 von der britischen Vodafone geschluckt. Die Briten boten den Aktionären von Kabel Deutschland 87 Euro je Aktie. Das offizielle Gutachten von Kabel Deutschland kam auf lediglich 75,76 Euro Ertragswert. Das lag damit unter dem durchschnittlichen Börsenkurs vor der Ankündigung der Übernahme. Der Börsenkurs ist das gesetzliche Minimum, das Vodafone hätte zahlen müssen. Ein Gutachten eines von Kabel Deutschland beauftragten Sonderprüfers, verglich verschiedene Berechnungen des Unternehmenswertes, wovon eine die Aktie mit 104 Euro bewertete. Gemessen an diesen 104 Euro war die Übernahme für die Briten ein gutes Geschäft. Für Aktionäre, die ihre Papiere für 87 Euro abgegeben haben, war das dagegen ein schlechter Deal. Anleger, die noch Aktien von Kabel Deutschland halten, droht ebenfalls Ungemach. Ab März kommenden Jahres sollen sie ihre Aktien nur noch im weitgehend unregulierten Freiverkehr handeln können. Weiter gehende Schritte als der Rückzug aus dem regulierten Markt seien aber nicht geplant, beteuert das Unternehmen. Nach bisheriger Rechtslage müsste Vodafone den Aktionären von Kabel Deutschland überhaupt keine Abfindung für einen vollständigen Börsenrückzug zahlen. Wann das neue Gesetz greift und ob es auch rückwirkend für den Fall Kabel Deutschland gilt, ist derzeit noch offen.
Schnellgericht
§ Kündigt ein Arbeitgeber einer schwangeren Mitarbeiterin ohne Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde, obwohl er von ihrer Schwangerschaft weiß, diskriminiert er sie unzulässigerweise wegen ihres Geschlechts und muss ihr eine Geldentschädigung zahlen (Landesarbeitsgericht Berlin, 23 Sa 1045/15).
§ Chefs dürfen rauchenden Mitarbeitern bezahlte Raucherpausen jederzeit streichen. Selbst wenn die Pausen jahrelang ohne Lohnabzug akzeptiert wurden, entsteht dadurch kein Anspruch auf Fortführung dieser Praxis (Landesarbeitsgericht Nürnberg, 2 Sa 132/15).
§ Kann ein vierjähriges Kind wegen einer Erdnussallergie nur mit persönlicher Assistenz den Kindergarten besuchen, muss das Sozialamt die Kosten dafür tragen (Landessozialgericht Niedersachsen- Bremen, L 8 SO 177/15 B ER).
§ Ein Steuerpflichtiger kann auch dann eine gemeinsame Steuererklärung mit der Ehefrau abgeben, wenn diese in einem Pflegeheim lebt und er gemeinsam mit einer Lebensgefährtin wohnt. Entscheidend sei, dass die eheliche Lebensgemeinschaft dennoch aufrechterhalten werde (Finanzgericht Niedersachsen, 13 K 225/14, Revision möglich).
Freistellungsauftrag - Neue Regeln für 2016
Im kommenden Jahr ändern sich die Regeln für Freistellungsaufträge. Banken dürfen diese nur noch berücksichtigen, wenn ihnen eine Steuer-ID des Kunden vorliegt. Laut Bundesverband Deutscher Banken kennen die Banken jedoch zu über 90 Prozent bereits die Steuer-ID ihrer Kunden, sodass diese in der Regel nicht aktiv werden müssen. Über einen Freistellungsauftrag können Sparer bis zu 801 Euro an Kapitalerträgen (bei Ehepartnern insgesamt 1602 Euro) pro Jahr steuerfrei kassieren. Kunden mehrerer Banken sollten diesen Sparer-Pauschbetrag aufteilen. Banken berücksichtigen Freistellungsaufträge während des laufenden Jahres auch rückwirkend.
Stellt ein Kunde im kommenden Jahr fest, dass die Bank wegen eines nicht berücksichtigten Freistellungsauftrags Abgeltungsteuer abgeführt hat, kann er diesen also noch nachreichen und bekommt die zu viel gezahlte Steuer erstattet. Alternativ können Anleger, die ihren Sparer-Pauschbetrag nicht ausgeschöpft haben, sich die Steuer über die Steuererklärung samt Anlage KAP für Kapitalerträge erstatten lassen. Auf diesem Weg lassen sich auch Verluste bei einer Bank mit Gewinnen bei einer anderen Bank verrechnen.
Abfindung - Steuerrabatt je nach Auszahlungsart
Erhalten Angestellte bei ihrer Entlassung eine Abfindung, profitieren sie unter Umständen von einer günstigen Steuerregel. Sie müssen die Zahlung zwar versteuern, aber nur mit einem niedrigeren Steuersatz, bei dem unterstellt wird, dass die Abfindung rechnerisch auf fünf Jahre verteilt wird (Fünftelregel). Zahlt der Arbeitgeber die Abfindung nicht in einem Jahr, sondern in mehreren Jahren, greift die Regel nicht. Dies gilt selbst dann, wenn das Geld auf einen Schlag gezahlt werden sollte, nach Insolvenz dann aber über mehrere Jahre gestreckt fließt (Bundesfinanzhof, IX R 29/14).
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