Fühlen sich Steuerzahler ungerecht behandelt, weil Posten aus der Steuererklärung gestrichen wurden, sollten sie Einspruch gegen den Bescheid einlegen. Wird dieser abgelehnt, bleibt nur noch eine Klage am Finanzgericht. Ein Anwalt ist dafür nicht nötig. Nach Zugang der Einspruchsentscheidung können Steuerzahler binnen eines Monats klagen. Die Klage sollte „schriftlich in zweifacher Ausfertigung“ eingereicht werden, sagt Sven Gläser, Anwalt und Steuerberater bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ebner Stolz in Stuttgart. Die Klage müsse Kläger, Finanzamt, den Steuerbescheid mit Steuerart und Datum sowie die Einspruchsentscheidung nennen. Vorsicht: Sie sollte sich meist nur gegen die Berechnung der Einkommensteuer richten, nicht gegen Soli und Kirchensteuer. Diese werden automatisch angepasst. Werden sie dennoch genannt, drohen höhere Kosten.
Recht einfach: Kleingarten
Ein Schrebergärtner aus Lüneburg hatte seine ganz eigene Interpretation eines Nutzgartens. Da er unter chronischen Schmerzen litt, baute er gemeinsam mit einem Bekannten Cannabispflanzen an, unter anderem für ihn selbst. Als die Fläche nicht mehr reichte, legten die beiden eine zehn mal zehn Meter große Cannabisplantage in einem abgelegenen Waldstück an. Mit einer Überwachungskamera kam die Polizei ihnen auf die Schliche. Sie verurteilte die Kiffer wegen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Oberlandesgericht Celle, 32 Ss 160/12).
Ein Kleingartenbesitzer aus München suchte die Abgeschiedenheit. Er stellte Holzzäune und Sichtschutzelemente auf. Bauaufsicht und Richter sahen darin einen Verstoß gegen den Bebauungsplan: Es seien nur ein Meter hohe Maschendrahtzäune und Hecken zulässig. Nur so lasse sich ein „Einbunkerungseffekt“ vermeiden (Verwaltungsgericht München, M 11 K 14.904).
Ein Wohnungseigentümer aus Essen stellte in Ermangelung eines Schrebergartens seinen Gartenzwerg auf das Garagendach. Den anderen Bewohnern gefiel das nicht, zumal der Zwerg speziell veranlagt war. Der einen halben Meter hohe Zwerg trug zwar rote Mütze, rosa Mantel und blaue Schuhe. Doch den Mantel hielt er geöffnet, so dass seine entblößte Brust und die Geschlechtsteile sichtbar waren. Die Richter mieden die Geschmacksfrage. Da die Garage zum Gemeinschaftseigentum zähle, hätte das Aufstellen einer derart großen Figur ohnehin die Zustimmung aller Eigentümer erfordert. Da die nicht vorlag, dürfe der Zwerg nicht Einblick bieten (Amtsgericht Essen-Borbeck, 19 II 35/99 WEG).
Steuerbescheid und Einspruchsentscheidung sollten in Kopie beiliegen. „Nicht zu vergessen ist die Angabe des Klageziels dem Grunde und der Höhe nach, also etwa die Berücksichtigung von konkret benannten und bezifferten Aufwendungen“, sagt Anwalt Gläser. Wichtig ist die Unterschrift unter der Klage. Eine Begründung, warum der Bescheid falsch sein soll, ist sinnvoll, kann aber nachgereicht werden.
Wenigstens 284 Euro werden sofort fällig
Direkt nach ihrer Klage müssen Steuerzahler vorläufig wenigstens 284 Euro Gebühr zahlen. Diese richtet sich nach dem Streitwert, wobei mindestens 1500 Euro angesetzt werden. Hat der Fiskus die Werbungskosten um 2000 Euro gekürzt und verlangt deshalb 700 Euro mehr Steuer, liegt der Streitwert bei 700 Euro. Bei 10 000 Euro Streitwert beträgt die Gerichtsgebühr 964 Euro, ist im Verhältnis also viel geringer als bei niedrigem Streitwert. Geht es um weniger als 1000 Euro, steht das Prozessrisiko daher in keinem vernünftigen Verhältnis zum potenziellen Ertrag – es sei denn, die Erfolgsaussichten sind extrem gut. Denn am Ende des Verfahrens müssen Steuerzahler die Gebühr nur tragen, wenn sie unterliegen. Sonst bekommen sie die Gebühr erstattet; auch die gesetzlichen Gebühren eines Anwalts müsste dann das Finanzamt tragen. Laut Finanzgericht Münster geht etwa jede zweite Klage ganz oder teilweise zugunsten des Klägers aus. Ziehen Steuerzahler ihre Klage zurück, fällt die halbe Gebühr an. „Dem Finanzamt sind grundsätzlich keine Kosten zu erstatten“, sagt Anwalt Gläser.
Dass Steuerzahler als Folge der Klage mehr als vorher zahlen müssen, ist ausgeschlossen. Die festgesetzte Steuer muss aber auch im Falle einer Klage zunächst gezahlt werden. „Wird die Steuer nicht fristgerecht gezahlt, fallen Säumniszuschläge an“, sagt Anwalt Gläser. Auch die Zwangsvollstreckung ist möglich.
Wollen Steuerzahler nicht zahlen, können sie die vorläufige Aussetzung der Vollziehung des Steuerbescheids beantragen. Wird die Aussetzung gewährt, stellt sich die Forderung letztlich aber als rechtens heraus, müssten sie dann allerdings zusätzlich sechs Prozent Zins pro Jahr zahlen.
Xetra-Gold: Gewinne sind doch steuerfrei
Anleger von Xetra-Gold, einer mit physischem Gold hinterlegten Schuldverschreibung, können Gewinne steuerfrei kassieren, wenn sie die Papiere mindestens ein Jahr gehalten haben (Bundesfinanzhof (BFH), VIII R 4/15, VIII R 35/14). Dies gilt, so der BFH, wenn der Anleger Xetra-Gold an der Börse verkauft, und auch, wenn er die Schuldverschreibung in physisches Gold umtauscht. Die Finanzverwaltung beharrt bisher darauf, dass Gewinne bei Xetra-Gold anders als bei physischem Gold der Abgeltungsteuer unterliegen.
Schnellgericht
Ein Hamburger Unternehmensberater war Mitglied in drei Businessclubs. Außerdem besuchte er Charity-Veranstaltungen und hatte drei Dauerkarten für Sportveranstaltungen, die er nach eigenen Angaben Geschäftspartnern überließ. So wollte er geschäftliche Kontakte anbahnen und pflegen. Seine Ausgaben machte er als Betriebsausgaben steuerlich geltend. Doch weder Finanzamt noch Hamburger Finanzgericht spielten mit (2 V 74/15): Die Businessclubs böten ein umfangreiches Programm mit Freizeitcharakter. Der berufliche und der private Anteil der Kosten sei untrennbar verbunden, eine Aufteilung der Aufwendungen unmöglich. Die Überlassung der Dauerkarten sei ebenfalls Privatsache. Die Nutzung durch Geschäftspartner sei nicht belegt worden. Selbst wenn sie stattgefunden habe, handele es sich um Geschenke. Würden Geschäftspartner aber mit Geschenken von über 35 Euro pro Jahr bedacht, seien diese Ausgaben laut Gesetz nicht als gewinnmindernd anzusetzen.
Stürzen Angestellte bei einer Essenspause im Pausenraum ihres Unternehmens, handelt es sich nicht um einen Arbeitsunfall, für dessen Folgen die gesetzliche Unfallversicherung aufkommen müsste (Landessozialgericht Baden-Württemberg, L 9 U 1534/14).
In einem der beiden vom BFH entschiedenen Fälle hatte der Anleger im März 2009, also nach Einführung der Abgeltungsteuer, Xetra-Gold gekauft. Im Januar 2011 gab er die Schuldverschreibungen zurück und ließ sich 20 Goldbarren zu je 100 Gramm aushändigen. Bei dem Tausch machte er einen Gewinn von 20.000 Euro. Auf die 20.000 Euro wollte das Finanzamt Abgeltungsteuer erheben – und wurde jetzt vom BFH ausgebremst. Sollte sich diese Rechtsprechung durchsetzen, wären Gewinne mit Xetra-Gold steuerfrei, Anleger könnten Verluste aber nicht mehr abziehen.
Kita-Plätze: Kein Geld für ausfallenden Verdienst
Eltern haben keinen Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls bei fehlenden Kita-Plätzen (Oberlandesgericht (OLG) Dresden, 1 U 319/15, 1 U 320/15, 1 U 321/15). Die Eltern hatten wegen Mangels an Kita-Plätzen in Leipzig keinen Betreuungsplatz für ihre Kinder unter drei Jahren gefunden. Sie konnten daher nicht arbeiten gehen und verlangten von der Stadt Schadensersatz für ihren Verdienstausfall. Das OLG begründete sein Urteil damit, dass nur die Kinder einen Anspruch auf einen Kita-Platz hätten, nicht jedoch die Eltern. Deren Verdienstausfall sei daher nicht zu entschädigen. „Laien erscheint das ungerecht, juristisch ist die Argumentation jedoch sauber, weil im Gesetz, die Eltern nicht erwähnt werden“, sagt Alexander Birkhahn, Rechtsanwalt bei der Kanzlei Dornbach in Koblenz. Er glaube, dass der Bundesgerichtshof sich in der nächsten Instanz der Meinung des OLG anschließen werde. Anderenfalls drohe ein Dammbruch im Sozialrecht, beispielsweise bei der Betreuung von Behinderten. Grundsätzlich sei die Gemeinde nicht verpflichtet, den Kita-Platz in einem bestimmten Viertel und zu einer bestimmten Uhrzeit anzubieten.
Ein Platz beispielsweise von 8 bis 14 Uhr sei ausreichend, egal, ob die Öffnungszeiten sich mit der Arbeitszeit der Eltern vereinbaren ließen. In Großstädten seien 30 Minuten Anfahrtsweg zumutbar, in Kleinstädten und auf dem Lande seien die Anfahrtswege innerhalb der Gemeinde per se kürzer. Birkhahn rät Eltern, nicht nur Wunsch-Kitas zu kontaktieren, sondern gleich zu Beginn der Suche die Kommune zu informieren, um sie unter Zugzwang zu setzen. Wenn sich kein Kita-Platz finden lasse, könnten Eltern sich die Mehrkosten für eine Tagesmutter von der Gemeinde wiederholen.