Steuern und Recht kompakt Rechtstipp der Woche: Das Handy für die Familie zahlt jetzt der Chef

Statt mehr Lohn zu verlangen, können Mitarbeiter abgabenfreie Extras bekommen. Die Auswahl ist größer, als viele vermuten. Diese und andere Neuigkeiten aus der Rechtsprechung.

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Laptop, Smartphone Quelle: dpa

Kinder wünschen sich Smartphones und Tablets, doch die sind teuer. Statt sie aus dem Nettolohn zu zahlen, haben Arbeitnehmer eine Alternative: Der Chef bezahlt das technische Equipment für die Familie. Kauft er ein, statt mehr Gehalt zu zahlen, lohnt es sich auch für ihn, da er Sozialabgaben und Lohnsteuern spart. Bekannte abgabenfreie oder pauschalversteuerte Extras sind Essens- und Tankgutscheine im Wert von bis zu 44 Euro monatlich, Jobtickets für den öffentlichen Nahverkehr, Kindergartenzuschüsse oder Dienstwagen.

Weitere komplett abgabenfreie Alternativen:

  • Computer, Mobilgeräte: Rüstet der Chef seine Mitarbeiter oder auch deren Angehörige mit Mobiltelefonen, Computern oder Tablets aus, dürfen die Geräte komplett privat genutzt werden. Sie müssen aber im Eigentum des Betriebs bleiben.
  • Werbefläche: Fährt der Mitarbeiter auf seinem Auto ein sichtbares Logo des Unternehmens oder Werbung, darf er dafür jährlich bis zu 255 Euro kassieren.
  • Gesundheitskurse: Bis zu 500 Euro jährlich darf der Chef für Gesundheitsmaßnahmen wie Nichtraucherkurse oder Yoga zahlen, die qualifizierte Anbieter durchführen.

Recht einfach: Angeln

Mit 25 Prozent pauschal versteuert und sozialabgabenfrei:

  • Erholungsbeihilfe: Für eine Familie mit zwei Kindern kommen immerhin 364 Euro im Jahr zusammen, die sie für die Erholung nutzen können. Pro Arbeitnehmer sind es 156 Euro, für Ehegatten 104 Euro und für jedes Kind 52 Euro. Ein genehmigter Urlaubsantrag reicht als Nachweis, gezahlt werden kann bis zu drei Monate vor oder nach dem Urlaub. Der Mitarbeiter muss nicht verreisen, er kann sich auch zu Hause erholen.
  • Internet-Pauschale: Pro Monat bis zu 50 Euro darf der Arbeitgeber dem Mitarbeiter erstatten, wenn der ihm jährlich eine Erklärung schreibt, dass ihm für die Internet-Nutzung Kosten anfallen. Mit einer Rechnung darf der Arbeitgeber höhere Beträge ersetzen, selbst wenn die nicht durch eine berufliche Nutzung entstanden sind.

„Viele Unternehmen bieten die Vorteile deshalb nicht an, weil ihnen die Abwicklung zu bürokratisch erscheint und sie Angst haben, in steuerliche Fallen zu tappen“, sagt Sven Janßen, Co-Chef von beeline solutions. Das Münsteraner Unternehmen hat eine Online-Plattform entwickelt, auf der Arbeitnehmer ihre Zusatzleistungen zum Gehalt jederzeit im Blick haben und einfach abwickeln können. Arbeitgeber müssen sich nicht mit den komplexen Regeln zu Freigrenzen beschäftigen, denn die sind automatisch eingespeichert. Beeline lässt sich vorab bescheinigen, dass Finanzämter die Bausteine akzeptieren.

Mitarbeiter können sich für ihr Vorteilskonto anmelden und mit einem Klick etwa einen Gutschein auswählen und auch im Online-Handel einlösen. Beeline finanziert sich ausschließlich über Gebühren, die das Unternehmen zahlt. Pro Mitarbeiter kostet der Service zwischen zwei und fünf Euro monatlich. „Es lohnt sich für die Unternehmen bereits, wenn sie einen 44-Euro-Gutschein bieten“, sagt Janßen. Denn um den Betrag als Nettolohn auszuzahlen, müssten sie brutto das Doppelte aufwenden.

Krankenversicherung, EU-Erbrecht und Flugtickets

Krankenversicherung: Zuschlag bei Tarifwechsel ist zulässig

Ein Versicherter einer privaten Krankenversicherung (PKV) wollte 2010 seinen Tarif wechseln. Bisher zahlte er 346,76 Euro pro Monat. Für den neuen Tarif verlangte der Versicherer einen Risikozuschlag. Inklusive Zuschlag sollte der Versicherte 274,33 Euro monatlich zahlen. Er lehnte ab und klagte gegen die Versicherung. Sie sei nicht berechtigt, beim Tarifwechsel einen Risikozuschlag zu verlangen. Schließlich habe er bei Abschluss der Versicherung 1998 angegeben, er sei wegen Nierensteinen behandelt worden, habe dafür aber keinen Zuschlag zahlen müssen. Der Bundesgerichtshof sah das anders (IV ZR 70/15). Schließlich seien beide Tarife unterschiedlich kalkuliert. Der alte Tarif habe auf gesonderte Risikozuschläge verzichtet, dafür aber eine höhere Prämie für alle verlangt. Beim neuen Tarif bestehe die Prämie aus einem niedrigeren Grundbetrag und individuellen Risikozuschlägen. Bei einem solchen Tarifwechsel sei der PKV-Anbieter berechtigt, einen Zuschlag zu verlangen.

Schnellgericht

EU-Erbrecht: Wohnsitz im Ausland entschiedet

Am 17. August tritt in Deutschland das neue EU-Erbrecht in Kraft. Bisher galt für Deutsche, die im EU-Ausland lebten und Vermögen vererbten, deutsches Erbrecht. Künftig gilt grundsätzlich das Erbrecht des Landes, in dem der Verstorbene seinen Lebensmittelpunkt hatte. Allerdings lassen sich Testamente so ergänzen, dass in der Praxis doch deutsches Erbrecht greift. Das ist empfehlenswert, weil in bestimmten EU-Nachbarstaaten, beispielsweise in Frankreich, Italien und Spanien, das in Deutschland weit verbreitete Ehegattentestament nicht anerkannt wird.

Was sich ab 1. August in Deutschland ändert
seit 2010 steigen die Bedarfssätze für Millionen unterhaltsberechtigte Kinder in der Düsseldorfer Tabelle. Quelle: dpa
Erleichterung für die Arbeitgeber beim Mindestlohn: Ab 01. August müssen keine Arbeitszeitaufzeichnung, Geld- und Wertdienste, Friseurhandwerk Quelle: dpa
August können Studenten bereits Bafög bekommen, auch wenn sie nur eine vorläufige Zulassung zum Masterstudium; Voraussetzung ist jedoch, dass sie die endgültige Zulassung innerhalb eines Jahres Quelle: dpa
KfW-Programm, ändert zum 01. August die Konditionen des Programms "Energieeffizient Sanieren", Förderhöchstbetrag pro Wohneinheit von 75.000 Euro auf 100.000 Euro, Bauantrag Quelle: dpa
Rechtsextremismus, NSU-Mordserie, Generalbundesanwalt, August Quelle: dpa
Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) ändert am 01. August die Ausbildungsordnungen für 17 Berufe Quelle: dpa
Mietpreisbremse wird nach Berlin, Hamburg und Nordrhein-Westfalen ab 01. August auch in 144 Gemeinden und Städten in Bayern eingeführt Quelle: dpa

Anders als vom Verfasser des Testaments gewollt, hätten die Kinder des Verstorbenen dann Anspruch auf einen Pflichtteil gegenüber dem hinterbliebenen Ehepartner. Die Reform des EU-Erbrechts bringt auch Vorteile: Erben müssen künftig nicht mehr bei ausländischen Behörden Erbscheine beantragen, was bisher Zeit und Geld kostet. Die Erbscheine der nationalen Ämter im Ausland werden durch ein einheitliches europäisches Nachlasszeugnis ersetzt.

Flugtickets: Voller Preis muss sofort sichtbar sein

Fluggesellschaften müssen, wenn Kunden Tickets übers Internet buchen, von Anfang den vollen Preis inklusive aller Gebühren anzeigen (Bundesgerichtshof, I ZR 29/12). Im vom BGH entschiedenen Fall hatte Air Berlin während der Buchung eine Bearbeitungsgebühr zunächst nicht angegeben. Erst im vierten Buchungsschritt wurde die Gebühr in den Ticketpreis eingerechnet. Dies verstoße gegen eine geltende EU-Verordnung. Geklagt hatte ein Verbraucherschutzverband.

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