Steuern und Recht kompakt Rechtstipp der Woche: Einkommensteuer

Bei einem ausreichend starken dienstlichen Bezug können Berufstätige die Kosten einer Betriebsfeier von der Steuer absetzen. Außerdem: Einkommensteuer, Pflegekosten und Expertenrat zur Kleidung im Job.

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Berufstätige können die Ausgaben eines Jubiläums oder einer Betriebsfeier von der Steuer absetzen. Quelle: Fotolia

Dienstjubiläum: Im Finanzamt geht es hoch her

Wenn es einen ausreichend starken dienstlichen Bezug einer ausgerichteten Feier gibt, können Berufstätige ihre Kosten von der Steuer absetzen. Im konkreten Fall bekam – wie passend – der Sachgebietsleiter eines Finanzamts Ärger mit dem Finanzamt. Er hatte zum 40-jährigen Dienstjubiläum alle Kollegen mittags zu einem Imbiss in den Sozialraum des Finanzamts eingeladen. Die Kosten von 834 Euro bei 50 Gästen, nur knapp 17 Euro pro Person, blieben überschaubar. Trotzdem wurde dem Finanzbeamten der Abzug als Werbungskosten verwehrt. Der Bundesfinanzhof stellte sich aber hinter den Mann: Die maßvolle Feier, die rein berufliche Gästeliste und die Uhrzeit der Feier (11 bis 13 Uhr) belegten, dass es sich um ein berufsbezogenes Ereignis gehandelt habe. Es schade dann auch nicht, dass mit Kollegen auch persönliche Freundschaften bestünden.

Einkommensteuer: Ausgaben für Prozess sind privat

Ein wegen Vergewaltigung verurteilter Mann wehrte sich vor Gericht gegen Presseberichte. Er fürchtete, nach seiner Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten wegen der schlechten Presse keinen neuen Job mehr finden zu können. Über 50 000 Euro Kosten für Anwalt und Prozess wollte er deshalb von der Steuer absetzen, vorzugsweise als Werbungskosten, sonst wenigstens als außergewöhnliche Belastung. Beides lehnte der Bundesfinanzhof jedoch ab (VI R 61/13): Es gebe keinen ausreichend starken Zusammenhang zwischen den jetzigen Ausgaben und den späteren Erwerbseinkünften des Mannes. Als außergewöhnliche Belastung könnten die Kosten von Zivilprozessen mittlerweile auch nur noch ausnahmsweise zählen, wenn das Führen eines Prozesses für den Steuerzahler existenziell wichtig sei. Das sei im konkreten Fall aber nicht ersichtlich.

Recht einfach: Mietminderung bei unerwünschtem Tierbesuch

Pflegekosten: Paar streitet um Steuernachlass

Müssen Senioren ins Pflegeheim, können sie die Kosten steuerlich als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Von ihren Ausgaben wird dabei ein individuell berechneter Betrag (zumutbare Belastung) abgezogen. Außerdem kürzen Finanzämter die Kosten noch um eine Haushaltsersparnis, wenn der bisher geführte Haushalt aufgelöst wird. Die Logik dahinter: Weil die Senioren keinen eigenen Haushalt mehr führen müssen, ersparen sie sich Ausgaben, die andere, nicht im Heim untergebrachte Rentner zu tragen haben. Einige Finanzämter setzen die Ersparnis gleich doppelt an, wenn Paare ins Pflegeheim ziehen. Die wehren sich dagegen: Es würde schließlich nur ein einziger Haushalt aufgelöst. Eine Klage ist nun am Bundesfinanzhof anhängig (VI R 22/16). Betroffene können Einspruch gegen ihren Steuerbescheid einlegen und auf das Verfahren verweisen.

Stellen nach Aussehen besetzen

Expertenrat Ulrich Kerner, Fachanwalt Arbeitsrecht, Hannover: Kleidung im Job

WirtschaftsWoche: Herr Kerner, können Arbeitgeber ihren Angestellten bestimmte Kleidung vorschreiben?

Ulrich Kerner: Ja. Im handwerklichen Bereich zur Wahrung der Sicherheit; im Büro greift dagegen das Interesse an einem repräsentativen und einheitlichen Außenauftritt. Im Backoffice dürfte gepflegtes Aussehen eher als soziale Regel gelten. Bei Arbeitnehmern mit Kundenkontakt kann der Chef aber Vorschriften durchsetzen. Kleidung ist von seinem Weisungsrecht gedeckt.

Schnellgericht

Welche Anordnungen müssen Arbeitnehmer hinnehmen?

Das hängt von der Branche ab: Krawatten- oder Tuchpflicht dürfte für eine Beraterposition durchgehen, die Vorschrift einer bestimmten Schuhfarbe nicht. Auch Firmenkleidung einzuführen wäre rechtens. Aber: Je mehr es ins Detail geht und je mehr es den Körper der Angestellten betrifft, desto geringer die Handhabe des Chefs. Bestimmte Armbanduhren darf er Herren ebenso wenig vorschreiben wie Damen ihre Fingernagelgestaltung. Auch Tätowierungen kann er nicht verbieten; bei repräsentativen Rollen aber fordern, sie zu verdecken.

Die spannendsten Arbeitsrechturteile
Ein Bonbon vom Karnevalsumzug Quelle: dpa
Die zuständige Behörde:Landesarbeitsgericht Rheinland-PfalzDer Fall: Ein Mitarbeiter einer Chemiefirma hatte sich nach einem Personalgespräch, bei dem er von seinem Vorgesetzten aus dem Zimmer geworfen worden war, im Kollegenkreis Luft gemacht. Beim Rauchen in einer kleinen Gruppe nannte er den Chef einen Psychopathen. Der Vorgesetzte bekam das mit und schickte die Kündigung.Das Urteil: Eine solche grobe Beleidigung sei zwar eine „erhebliche Ehrverletzung“ des Vorgesetzten und „an sich“ ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung. Im konkreten Fall hätte aber eine Abmahnung des Mitarbeiters genügt. Der Mann hatte seinen Chef nicht direkt beleidigt, sondern hatte im Kollegenkreis über ihn hergezogen. Und das ist zwar nicht die feine Art, aber nicht verboten (Az.: 5 Sa 55/14). Quelle: Fotolia
Die zuständige Behörde:Arbeitsgericht LeipzigDer Fall: Eine Reinigungskraft hat ihre Vorgesetzte als "Krücke" bezeichnet und wurde daraufhin gekündigt. Das Urteil:Wenn innerhalb des Teams ein eher rauer Umgangston herrscht, ist die Bezeichnung Krücke kein Grund für eine außerordentliche oder ordentliche Kündigung. Es stellt außerdem keine grobe Beleidigung dar, wenn der Ausdruck eine Grundhaltung des Reinigungsteams gegenüber der offenbar nicht anerkannten Vorgesetzten ist (Aktenzeichen: 10 Ca 8391/04). Quelle: Fotolia
Die zuständige Behörde:Arbeitsgericht Frankfurt/MainDer Fall: Ein Arbeitgeber hielt den Kleidungsstil eines Angestellten offenbar für unpassend und mahnte ihn deshalb wegen "urlaubsmäßiger" Kleidung ab. Das Urteil:Kleidung ist grundsätzlich Privatsache. Eine Kleiderordnung, beispielsweise Uniformpflicht, kann aber über das sogenannte Direktionsrecht erlassen werden. Wer das nicht tut, muss die Aufmachung der Mitarbeiter hinnehmen. Andernfalls muss konkreter abgemahnt werden, beispielsweise wegen zu knapper Röcke, oder weil der Arbeitnehmer in Badekleidung im Büro erscheint. "Urlaubsmäßige Kleidung" ist dagegen kein Grund. (9 Ca 1687/01). Quelle: dpa
Die zuständige Behörde:Landgericht KölnDer Fall: Eine Frau, die befristet - als Schwangerschaftsvertretung - in einem Unternehmen arbeiten sollte, wurde selber schwanger. Daraufhin kündigte ihr der Arbeitgeber.Das Urteil: Frauen soll durch eine Schwangerschaft kein beruflicher Nachteil entstehen. Wird die Vertretung ebenfalls schwanger, darf sie nicht aus diesem Grund gekündigt werden (Az. 6 Sa 641/12). Quelle: dpa
Die zuständige Behörde:Landesarbeitsgericht HammDer Fall: Ein Unternehmen fand es gar nicht komisch, dass einer der Mitarbeiter einen Roman mit dem Titel "Wer die Hölle fürchtet, kennt das Büro nicht" verfasst hatte. Der Arbeitgeber war überzeugt, dass in dem Roman echte Kollegen beschrieben und negativ dargestellt worden sind, worauf der Autor fristlos entlassen wurde.Das Urteil: Die Richter kassierten die Kündigung: Handlung und Charaktere des Romans seien fiktiv, das Werk des Angestellten unterliege der Kunstfreiheit. Quelle: Screenshot
Die zuständige Behörde:Landgericht KölnDer Fall: Ein Angestellter in der Kundendienstabteilung wurde beauftragt, Adressen aus dem Telefonbuch abzuschreiben und wurde dafür mehr oder weniger eingesperrt. Selbst zur Toilette durfte er nur in Begleitung des Betriebsleiters. Das Urteil:Auch wenn sich Arbeitgeber und -nehmer nicht mögen, müssen dem Mitarbeiter vertragsgerechte Aufgaben und ein funktionales Arbeitsumfeld gestellt werden. Weil das nicht der Fall war und sich der Arbeitgeber schikanös verhielt, durfte der Kläger kündigen, wurde aber bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiter bezahlt. Quelle: Fotolia

Darf bei der Besetzung einer Stelle das Äußere zählen?

Für die freie Wirtschaft lautet die Antwort anders als für den öffentlichen Dienst: Ja. Es gibt kein Gesetz, das vor Benachteiligung wegen der äußeren Erscheinung schützt.

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