Erbschaftsteuer - Strikte Regel für Steuerfreiheit
Erben können Immobilien mitunter frei von Erbschaftsteuer erhalten, wenn diese als Familienheim gewertet werden. Dafür muss sowohl der Verstorbene dort gewohnt haben als auch der Erbe dort weiter wohnen oder einziehen und wenigstens zehn Jahre lang bleiben. Nur zwingende Auszugsgründe, wie Pflegebedürftigkeit, akzeptiert das Finanzamt. Eine Erbin aus Hessen wollte trotz Auszugs von der Steuerfreiheit profitieren. Der Erblasser sei unter dramatischen Umständen in der Immobilie umgekommen. Da sie dies miterlebt habe, sei es zu einer schweren psychischen Krise gekommen. Eine Heilung sei nur bei Auszug möglich. Doch weder Finanzamt noch Finanzgericht Hessen akzeptierten ihre Argumente (1 K 877/15). Gesundheitliche Gründe könnten allenfalls dann berücksichtigt werden, wenn sie das Führen eines Haushalts generell unmöglich machen würden. Dies sei aber nicht der Fall. Die Steuerfreiheit eines Familienheims solle sicherstellen, dass Erben einen familiären Lebensraum weiter erhalten könnten. Da die Frau diesen ohnehin schon aufgegeben habe, bestehe dafür auch keine Grundlage mehr.
Recht einfach: Religion
Ein Motorradfahrer wollte ohne Helm fahren: Er sei Anhänger der aus Indien stammenden Religion der Sikhs. Daher trage er einen Turban, durch den er sich sowieso gut behütet fühle. Doch das Verwaltungsgericht Freiburg wies ihn ab: Der Turban sei kein Schutzhelm. Seine Haare könne er auch unter einem Helm verbergen (6 K 2929/14).
Die „Kirche des fliegenden Spaghettimonsters“ wollte in Brandenburg mit Straßenschildern für Nudelmessen werben. Die Anhänger des kirchenkritischen Vereins, die sich Pastafaris nennen, forderten gleiche Rechte wie Religionsgemeinschaften – ohne Erfolg (Landgericht Frankfurt/Oder, 11 O 327/15, nicht rechtskräftig). Auf Personalausweis-Fotos dürfen sie auch nicht Piratenhut oder Nudelsieb tragen (Verwaltungsgericht Potsdam, VG 8 K 4253/13).
Ein Mann aus Nordrhein-Westfalen beantragte für seinen volljährigen Sohn Kindergeld: Dieser befinde sich in einer Ausbildung. Familienkasse und Finanzgericht Münster sahen das anders. Die besuchte Jüngerschaftsschule, eine christliche Lebensschule, diene nicht der Ausbildung in einem bestimmten Beruf (6 K 2896/15 Kg).
Gaben Internetnutzer in einer Suchmaschine den Namen eines Unternehmers ein, bekamen sie die Ergänzungsvorschläge „Betrug“ und „Scientology“ angezeigt. Dafür gebe es keinen Grund, meinte der Unternehmer und wehrte sich. Die Betreiber argumentierten, die Vorschläge zeigten nicht unbedingt eine inhaltliche Verbindung. Das Oberlandesgericht Köln widersprach: Ein Bezug liege nahe. Irreführende Vorschläge müssten entfernt werden (I-15 U 199/11).
Rentenbesteuerung - Die listige Witwe
Eine Frau aus Nordrhein-Westfalen erhielt nach dem Tod ihres Ehemanns von der gesetzlichen Rentenversicherung die große Witwenrente. Ihr standen 60 Prozent seiner Rente zu. Allerdings werden von Witwen- oder Witwerrenten eigene Einkünfte teilweise abgezogen, sobald diese einen Freibetrag übersteigen (derzeit rund 800 Euro). Darüber werden bis zu 40 Prozent der Einkünfte verrechnet. Weil die Witwe selbst anzurechnende Versorgungsbezüge erhielt, wurde ihre Witwenrente jedes Jahr neu berechnet. Die Folge: Das Finanzamt setzte jedes Jahr auch den steuerfrei ausgezahlten Rentenbetrag neu fest. Dafür wendete es den prozentualen steuerfreien Anteil von hier 50 Prozent auf die neue Rentenhöhe an. Das störte die Frau: Nicht der steuerfreie Teil, sondern dessen Betrag müsse dauerhaft festgeschrieben werden. So hätte sie weniger Steuern gezahlt, weil ihre Rente – und damit der steuerfreie Betrag – zu Beginn am höchsten war. Doch hier griff eine Ausnahme: Ändert sich die Rente wegen der Anrechnung von Einkünften, muss der steuerfreie Betrag neu berechnet werden (Finanzgericht Düsseldorf, 15 K 1989/13 E, Revision möglich).
Schnellgericht
Das Finanzamt darf der Krankenkasse Einkünfte melden. Dies gilt auch für Nichtkassenmitglieder, wenn deren Ehepartner gesetzlich versichert ist (Finanzgericht Baden-Württemberg, 13 K 1934/15). Für Jahre seit 2015 gilt dies aber nicht mehr, da die Kassen Mitglieder, die Angaben verweigern, nun selbst einstufen können.
Autofahrer, die unbefugt auf einem Privatparkplatz parken, müssen Abschleppkosten inklusive eventueller Zuschläge zahlen. Ein Zettel im Auto mit der Handynummer ändert nichts (Amtsgericht München, 122 C 31597/15).
Lässt ein Wohnungseigentümer ohne Zustimmung anderer Eigentümer Lichtspots und Fenster einbauen, haben diese Anspruch auf Rückbau. Dass die Arbeiten nur frühere, illegale Umbauten ersetzt haben, bei denen Beseitigungsansprüche aber schon verjährt sind, rettet ihn nicht. Mit jeder Veränderung entstünden neue Ansprüche, entschied das Landgericht Frankfurt am Main (2–09 S 45/11).
Verweigern Vermieter rechtmäßig eine Untervermietung, können Mieter ihren Vertrag nicht fristlos kündigen (Oberlandesgericht Düsseldorf, I-24 U 63/15).
Urlaubsanspruch - Verjährung verschoben
Können dauerhaft erkrankte Beamte Urlaub vor Ruhestandsbeginn nicht nehmen, bekommen sie ihn abgegolten. Normalerweise verjähren Ansprüche binnen drei Jahren. Da die Rechtslage bis zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Mai 2012 (C-337/10) unklar war, begann die Frist aber frühestens an diesem Tag (Oberverwaltungsgericht Saarlouis, 1 A 119/15).
Comdirect-Panne - "Von allen Schäden freistellen"
im Interview: Dietmar Kälberer, Anwalt für Kapitalmarktrecht
WirtschaftsWoche: Herr Kälberer, bei der Direktbank Comdirect waren wegen einer Technikpanne fremde Konten einsehbar. Bestehen Schadensersatzansprüche?
Herr Dietmar Kälberer: Grundsätzlich ja, da das Bankgeheimnis verletzt wurde. Nur gibt es ohne Schaden auch keinen Schadensersatz. Und in Deutschland muss ein solcher Schaden in Geld entstanden sein. Schmerzensgeld ist die Ausnahme.
Die Verletzung des Datenschutzes hat keine Folgen?
Doch. Fallen Rechtsverfolgungs- oder Kündigungskosten an, können Kunden diese bei der Bank einfordern. Theoretisch könnten Kunden die Bank auch abmahnen und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nebst Erstattung der Anwaltskosten verlangen. Das könnte für die Bank ziemlich teuer werden. Aber Kunden sind erfahrungsgemäß zurückhaltend.
Was sollten Kunden machen?
Kunden sollten außergerichtlich und unter Fristsetzung die Zusicherung einfordern, dass die Bank sie von allen möglichen Schäden freistellt, die in Zukunft aus der Verletzung des Datenschutzes resultieren. Werden Daten dann zum Beispiel später missbraucht, ist die Verpflichtung der Bank dem Grunde nach geklärt.
Wie bewerten Sie den Fall?
Derartige Datenpannen sind natürlich sehr peinlich. Kunden sollten sich fragen, ob die Bank noch als Geschäftspartner in Betracht kommt.