Online-Kommentare
Das Online-Portal Sanego, in dem Patienten Ärzte bewerten, muss einem gescholtenen Mediziner nicht die Identität eines Nutzers preisgeben, entschied der Bundesgerichtshof (BGH, VI ZR 345/13). Sanego hatte die unwahren Behauptungen nach richterlicher Anordnung zwar gelöscht, dem Arzt aber den Namen vorenthalten. Um die Anonymität im Netz aufzuheben, legt das Telemedien-Gesetz strenge Maßstäbe an. Der Schutz des Persönlichkeitsrechts des Kritisierten gehöre nicht dazu, so der BGH.
„Der Arzt müsste Strafanzeige stellen, dann würde die Staatsanwaltschaft tätig. Sie bekommt den Namen vom Portalbetreiber, und über die Akteneinsicht gelangt man an die Informationen, um Schadensersatz zu fordern“, sagt der Münchner Rechtsanwalt Harald von Herget. Mitunter reiche Kritik allein aber nicht für Ermittlungen. Auch im Fall eines Lehrer-Bewertungsportals hatte der BGH die anonyme Meinungsäußerung im Internet gestärkt. Lehrer müssen eine Wertung akzeptieren, solange nichts Privates verbreitet wird. Nutzer sollten in Portalen keine Angaben zu ihrem Beruf machen, warnt von Herget. „Gibt es einen Zusammenhang zur Bewertung, könnten sie in die strenge wettbewerbsrechtliche Haftung rutschen.“ So drohte das Landgericht Ansbach einem Finanzmakler 250.000 Euro Ordnungsgeld nach einer Unterlassungsklage an. Er hatte im Portal Gutefrage.net Vorwürfe gegen den Strukturvertrieb DVAG erhoben, konnte sie aber nach Ansicht der Richter nicht belegen (2 O 980/12).
Schnellgericht: Aktuelle Entscheidungen kompakt
Grundstückseigentümer haften laut Bundesgerichtshof nicht für die Stromrechnung ihrer Pächter oder Mieter (VIII ZR 316/13). E.On Hanse hatte keinen schriftlichen Vertrag mit dem Pächter einer Pizzeria geschlossen, ihm aber für 32.500 Euro Strom geliefert, der nicht bezahlt wurde.
Werden mindestens 95 Prozent an einer Gesellschaft mit Grundbesitz übertragen oder wird ein neuer Gesellschafter erstmals zu 95 Prozent Eigentümer der Gesellschaft, fällt Grunderwerbsteuer an. Das gilt auch, wenn ein Kommanditist an einer GmbH & Co. KG durch Zusammenlegung von Anteilen (unmittelbare und mittelbare Anteilsvereinigung) die Quote erreicht (Bundesfinanzhof, II R 51/12).
Manche Kaskoversicherung zahlt nicht für Schäden, die durch einen Unfall auf einer Rennstrecke am Auto entstehen. Ein Porsche-Fahrer, der aus Spaß über den Nürburgring bretterte und in die Leitplanke gekracht war, muss die 20.000 Euro Schaden selbst zahlen (Oberlandesgericht Karlsruhe, 12 U 149/13).
Der Sturz einer Mitarbeiterin eines Jobcenters beim Bowling mit Kollegen war nicht gesetzlich unfallversichert, da die Teilnahme nicht vom Chef angeordnet war (Bundessozialgericht, B 2 U 7/13 R).
Mitarbeiteraktien: Steuerfrei an die Ehefrau
Etwa die Hälfte der 30 Dax-Unternehmen bietet Mitarbeitern den Kauf von vergünstigten Aktien an. Sie bekommen die Papiere entweder mit einem Abschlag auf den Börsenkurs, oder sie kaufen zum Börsenkurs, und es gibt Gratisaktien dazu. Die Kursdifferenz zum Börsenkurs wird üblicherweise direkt vom Unternehmen in der Lohnabrechnung des Mitarbeiters versteuert, denn sie stellt einen geldwerten Vorteil dar. Bei dessen Höhe kommt es auf die Wertverhältnisse zum Zeitpunkt des Kaufvertrages an. Werden die Aktien erst später übertragen und ist ihr Kurs in der Zwischenzeit gefallen – ein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil also nicht mehr vorhanden –, hat der Mitarbeiter Pech.
Steuerpflichtig ist der Vorteil auch nur dann, wenn Aktien quasi als Lohnersatz gelten. In einem Fall gab der Hauptaktionär und Vorstand die Dividendenpapiere günstig an die Ehefrau eines Mitarbeiters ab. Die Richter am Bundesfinanzhof urteilten, dass „die Zuwendung aufgrund von Beziehungen gewährt wurde, die nicht auf dem Dienstverhältnis beruhten“. Da nicht die Arbeit des Ehemannes entlohnt wurde, musste er auch nichts versteuern (VI R 73/12).
Argentinien-Urteil: Fondsanleger hoffen auf Rückzahlung
Deutsche Anleger, die teilweise bereits vor mehr als einem Jahrzehnt in Investmentfonds investiert haben, könnten von einem US-Urteil zu Argentinien-Anleihen profitieren. Würde das Land die von Hedgefonds erstrittenen 1,5 Milliarden Dollar zahlen, rechnet etwa der Vermögensverwalter HWB Capital Management aus Trier mit rund 200 Millionen Euro. Für mehrere Fonds hatte HWB lange vor der Staatspleite 2001 Argentinien-Bonds gekauft, die zwölf Prozent Zinsen boten. Die von HWB gekauften Anleihen waren unter US-Recht aufgelegt worden, wurden aber später wie alle anderen nicht mehr bedient.
Auf Umstrukturierungsangebote, bei denen Gläubiger niedriger verzinste und länger laufende Anleihen bekamen und so zwei Drittel Verlust machten, ist HWB nie eingegangen – man hoffte auf die US-Justiz. Aktuell sitzen alle auf dem Trockenen: Für die umgetauschten Anleihen darf Argentinien keine Zinsen zahlen, weil nach dem US-Urteil zuerst die Altanleihen zu 100 Prozent zurückgezahlt werden müssten. Für HWB zwar ein Erfolg, aber Geld gibt es noch nicht.
Recht einfach: Rechtsprechung zum Thema Urlaubsreise
Ein Niedersachse hörte an der türkischen Riviera statt Meeresrauschen ab sechs Uhr in der Früh mehrmals täglich den Muezzin zum Gebet rufen. Zu Hause wollte er einen Teil des Urlaubspreises vom Veranstalter zurück. Ohne Erfolg. Er hatte ein Hotel „im Ortszentrum“ gebucht. In islamischen Staaten, so die Richter, seien Gebetsdurchsagen in Orten „landestypisch“ (Amtsgericht Hannover, 559 C 44/14).
Ein Strandhotel in Kenia warnte Gäste davor, die auf dem Gelände herumstreunenden Affen zu füttern. Im Frühstücksraum waren Schilder angebracht, wonach das Mitnehmen von Nahrungsmitteln verboten sei. Kaum hatte ein Rheinländer den Speiseraum mit einer
Banane verlassen, biss ein Affe erst in die Frucht und dann in den Finger des Urlaubers. Schmerzensgeld bekam der Mann nicht, da das Hotel nach Auffassung der Richter ausreichend vor den Gefahren gewarnt hat (Amtsgericht Köln, 138 C 379/10).
Einen Mann aus Koblenz zog es in die arabische Wüste. Im Pauschalpaket enthalten war ein geführter Kamelritt durch die Dünen. Zum Ausritt kam es nicht. Nachdem der Rheinländer das Wüstenschiff erklommen hatte, sprang das Tier auf und warf den Reiter ab. Für den bei dem Sturz erlittenen Beckenbruch erhielt er vom Reiseveranstalter 15.000 Euro Schmerzensgeld und 1100 Euro wegen „nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit“. Ein ortskundiger Kamelexperte hätte das Aufsteigen überwachen müssen, so die Richter (Oberlandesgericht Koblenz, 12 U 1296/12).
Finanziell könnte das Land die 1,5 Milliarden leicht stemmen bei Devisenreserven von etwa 28 Milliarden Dollar. Argentinien macht jedoch Stimmung gegen die Hedgefonds mit dem Argument, dass angeblich auch all die Anleger Schadensersatz fordern könnten, die auf das Umtauschangebot eingegangen sind. Das würde Argentinien in die Pleite treiben. HWB-Manager Carsten Salzig sieht diese Gefahr nicht. In den Umtausch-Bedingungen der Anleihen seien Nachbesserungen nur vorgesehen, falls Argentinien Gläubigern bis zum 31. Dezember freiwillig mehr Geld anböte (Rufo-Klausel). „Davon kann nach einem Urteil aber keine Rede sein“, sagt Salzig.
Einkünfte: Eigenmiete nicht abziehbar
Ein Ehepaar schuf für seine Steuererklärung den Begriff der „negativen Eigenmiete“ und überraschte mit der Kreativität die Finanzbeamten. Es hatte seine zuvor selbst bewohnte Immobilie für 18.600 Euro im Jahr vermietet und war in eine ruhig gelegene Mietwohnung gezogen, für die sie monatlich 1533 Euro zahlten. In der Steuererklärung zogen sie diesen Betrag als Werbungskosten von den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ab.
Die Richter am Bundesfinanzhof setzten dem jetzt ein Ende: Aufwendungen für das private Wohnen sind grundsätzlich nicht abziehbare Kosten der Lebensführung (IX R 24/13). Seine Vermietungseinkünfte muss das Paar also ganz normal versteuern. Es habe keinen Anspruch darauf, so besteuert zu werden, als lebte es weiter im bisherigen Eigenheim. Nur in speziellen Fällen, etwa bei beruflich veranlassten Umzügen, sind Mietausgaben mitunter abziehbar.
Betriebsrente: Zweierlei Maß
In einem Industriebetrieb dürfen die gewerblichen Arbeitnehmer, also Techniker oder Maschinenbauer, bei der Betriebsrente anders behandelt werden als Büroangestellte. Da die Angestellten weniger Zulagen bekämen als die gewerblich Beschäftigten und ihre gesetzliche Rente so kleiner ausfällt, sei ein Vorteil bei der Betriebsrente angemessen (Bundesarbeitsgericht, 3 AZR 757/12).