Steueroase Liechtenstein verliert die Superreichen

Das kleine Fürstentum ist noch der Lieblingsort der Milliardäre, um ihr Geld in Stiftungen unterzubringen. Doch die Anteile schwinden. Nach dem Ende des Bankgeheimnisses muss sich die Finanzbranche neu erfinden.

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Insgesamt dürften die Superreichen Ende 2010 bis zu 32 Billionen Dollar im Ausland geparkt haben. Liechtenstein wird dabei unbeliebter. Quelle: dpa

Zürich/New York Liechtenstein, einst berühmt für sein Bankgeheimnis, verliert immer mehr seine Position als eine der beliebtesten Steueroasen für die Reichsten der Welt. Das Fürstentum verabschiedete sich vor vier Jahren auf Druck der USA und der Europäischen Union von seinem Bankgeheimnis-Gesetz. Als Konsequenz wanderten Kunden ab und eine der ältesten Bank-Schaltzentralen Europas wurde dazu gezwungen, sich neu zu erfinden.

„Wir sind keine Steueroase, wir sind ein sicherer Hafen“, sagt Mario Gassner, Leiter der Finanzmarktaufsicht (FMA) Liechtensteins. „In der Vergangenheit sind die Kunden nach Liechtenstein gekommen, um ihr Geld anzulegen. Seit 2008 müssen unsere Finanzvermittler zu den Kunden gehen.“

Das kleine Fürstentum bleibt auch weiterhin der favorisierte Platz für Milliardäre, um dort Holding- und Investmentgesellschaften aufzusetzen, die ihr Vermögen kontrollieren. Ein Beispiel ist Ikea-Gründer Ingvar Kamprad, mit einem Nettovermögen von 54,6 Milliarden Dollar der fünftreichste Mensch der Welt, wie aus dem Bloomberg Billionaires Index hervorgeht. Er kontrolliert die geistigen Eigentumsrechte des Konzerns über eine Liechtensteiner Stiftung.

Margarita Louis-Dreyfus, die Vorsitzende des weltgrößten Reis- und Baumwollhändlers Louis Dreyfus Holding mit Sitz in Amsterdam, besitzt 65 Prozent an dem Unternehmen über ihre Liechtensteiner Familien-Holding Akira. Ihr Nettovermögen beläuft sich auf 5,9 Milliarden Dollar. Iris Fontbona, Matriarchin von Chiles wohlhabendster Familie, kontrolliert 15,7 Milliarden Dollar über mehrere Liechtensteiner Stiftungen.

Insgesamt dürften die Superreichen Ende 2010 bis zu 32 Billionen Dollar im Ausland geparkt haben, zeigen Daten der britischen Organisation Tax Justice Network, die sich für Transparenz im Finanzsystem einsetzt. Einige von ihnen haben ihr Vermögen in den letzten Jahren nach Asien verlagert. In Singapur hat sich das verwaltete Vermögen seit 2001 auf 1,4 Billionen Singapur-Dollar (870 Milliarden Euro) verfünffacht. Doch nun folgt der Stadtstaat dem Vorbild Liechtensteins: Im Herzen der Bank- und Offshore-Branche in Asien ist es ab dem 1. Juli strafbar Gewinne aus Steuerhinterziehung zu waschen.


„Einige Europäer stehen vor großen Problemen“

„Es gibt eine Menge Europäer - Deutsche zum Beispiel - die vor einigen Jahren nicht angegebenes Einkommen nach Singapur verlagert haben. Sie stehen jetzt vor einem großen Problem“, sagt der unabhängige Steuerberater Philip Marcovici aus Hongkong, der im Verwaltungsrat des Liechtensteiner Vermögensberaters Kaiser Partner Group sitzt.

In Luxemburg kündigte Ministerpräsident Jean-Claude Juncker an, dass das Bankgeheimnis des Großherzogtums 2015 fallen wird.

Neben der Abschaffung des Bankgeheimnisses 2009 hat die Finanzkrise die Wirtschaft Liechtensteins weiter beschädigt. Das von den Banken des Fürstentums verwaltete Vermögen schrumpfte von 171 Milliarden Franken (140 Milliarden Euro) im Jahr 2007 auf 117 Milliarden Franken in 2011, zeigen Zahlen des Liechtensteinischen Bankenverbands.

Der Stiftungs-Bereich, auf den 70 Prozent der Einnahmen der Finanzdienstleistungsbranche des Fürstentums entfallen, ist seit 2008 um etwa 30 bis 35 Prozent geschrumpft, sagt Clemens Laternser, Geschäftsführer der Liechtensteinischen Treuhändervereinigung.

Liechtenstein stimmte im März 2009 zu, internationale Standards zu erfüllen und konnte dadurch verhindern, dass die OECD das Land als unkooperative Steueroase brandmarkt. Mittlerweile bestehen 35 Vereinbarungen über den Informationsaustausch mit anderen Ländern, darunter auch mit Großbritannien.

Weiter angespornt, den Standpunkt gegenüber Kundengeheimnissen zu ändern, wurde Liechtenstein durch den Datendiebstahl bei der größten Bank des Landes, der LGT Group, im Jahr 2008. Die Bank gehört dem Fürstenhaus von Liechtenstein. Die Daten wurden von deutschen Steuerprüfern benutzt, um Steuerflüchtlingen auf die Spur zu kommen. Klaus Zumwinkel, der frühere Chef der Deutschen Post, wurde in der Folge der Steuerhinterziehung überführt, zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt und musste 1 Millionen Euro Strafe zahlen.

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