Steueroasen Die Folgen der Panama Papers

Die Finanzbehörden bekommen immer mehr Daten aus Steueroasen – aber an die großen Fische ist weiter schwer ranzukommen. Was Steuerhinterziehern nach den Panama-Enthüllungen droht. Eine Bestandsaufnahme.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Kanzlei Mossack Fonseca Quelle: AP

Das Datenleck bei der Kanzlei Mossack Fonseca in Panama zeigt: Steuerhinterzieher leben gefährlich. Im Zeitalter der Digitalisierung sind Datendiebstähle ein Kinderspiel und damit eine ständige Bedrohung für sie.

Allerdings ist der Fiskus nicht mehr allein auf Datenverkäufer angewiesen. In den vergangenen Jahren hat die Staatengemeinschaft den Druck auf Steueroasen sukzessive erhöht – und viele von ihnen erfolgreich gezwungen, ihr strenges Bankgeheimnis aufzuweichen. So haben bis heute 80 Staaten das OECD-Abkommen zum „automatischen Informationsaustausch“ unterzeichnet – darunter einstige Trutzburgen von den Britischen Jungferninseln bis zur Schweiz. Mehr als 20 andere, etwa Singapur, haben ihre Unterschrift angekündigt. Einzige relevante Steueroase, die sich noch immer weigere, sei Panama, moniert OECD-Steuerchef Pascal Saint-Amans.

Umschichten ist kein Ausweg mehr

Banken in den am Informationsaustausch teilnehmenden Ländern liefern dem deutschen Fiskus künftig ungefragt Informationen über sämtliche Kapitalerträge, die Anleger aus Deutschland vor Ort einstreichen – seien es Zinsen, Dividenden, Aktiengewinne oder Versicherungserträge. In 55 Staaten werden die Erträge bereits dieses Jahr erfasst und 2017 geliefert, die übrigen steigen ein Jahr später ein.

Das müssen Sie zu den Panama Leaks wissen

Anders als beim EU-internen Informationsaustausch seit 2005, der nur Zinsen betraf, können Schwarzgeldanleger dem Fiskus durch Umschichten also nicht mehr ohne Weiteres entkommen. Dafür dürften sie keine Kapitalerträge mehr einstreichen – etwa, indem sie Goldbarren oder Bargeld im Schließfach bunkern.

Aber selbst solche Aktionen wären nicht ungefährlich, weil Banken neben Erträgen auch Kontostände und Depotsalden melden. „Bei größeren Differenzen dürften Finanzbeamte hellhörig werden und nachhaken“, sagt Björn Demuth, Partner bei CMS Hasche Sigle in Stuttgart.

Gnadenfrist für Selbstanzeigen

Hartnäckigen Hinterziehern bleibt eine Gnadenfrist: Alle 2016 erzielten Erträge werden ab September 2017 ans Bundeszentralamt für Steuern geliefert, das sie danach an die „Wohnsitzfinanzämter“ weiterleitet. Erst dort gilt die Tat als entdeckt – und eine Selbstanzeige ist nicht mehr möglich.

Trödeln wäre dennoch riskant. Womöglich kursiert bereits eine CD mit Daten; zudem kann es Wochen dauern, um die Selbstanzeige vorzubereiten, weil die Bundesregierung die Vorgaben in den vergangenen Jahren verschärft hat. So müssen Steuerhinterzieher sämtliche Taten über zehn Jahre beichten und detaillierte Informationen liefern. Die meisten brauchen dabei Hilfe ihrer Bank, weil sie keine Unterlagen aufbewahrt haben.

Zudem ist seit Anfang 2015 ab einer hinterzogenen Summe von 25 000 Euro ein zehnprozentiger Strafzuschlag fällig, der schrittweise bis auf 20 Prozent steigt.

Allerdings dürften kaum sämtliche Schwarzgeld-Anleger aus der Deckung kommen. Denn der Informationsaustausch greift in vielen Fällen noch ins Leere: Wie der Skandal um Mossack Fonseca eindrucksvoll zeigt, führen die großen Fische ihre Offshore-Konten nicht im eigenen Namen – sie gründen Briefkastenfirmen oder Trusts, bei denen oft ein Anwalt vor Ort als vermeintlicher Eigentümer fungiert. Die Bank weiß dann gar nicht, dass der wahre „wirtschaftlich Berechtigte“ ein Ausländer ist. Und diese Gefahr besteht keineswegs nur in Panama: Auch etliche andere Länder haben laxe Gründungs- und Transparenzvorschriften, die solche Tricks ermöglichen.

Die Köpfe der Panama-Connection
Emma WatsonIn der Vergangenheit glänzte die britische Schauspielerin Emma Watson in den Harry-Potter-Filmen als charmante und äußerst begabte Hermine Granger. Nun taucht der Name der britischen Schauspielerin in Verbindung mit den „Panama Papers“ auf. Medienberichten zufolge soll sie eine Wohnung über eine Briefkastenfirma gekauft haben. Ihr Sprecher bestätigte gegenüber „The Spectator“, dass Watson eine im Datensatz erwähnte Firma gegründet habe – dabei gehe es allerdings um den Schutz der Privatsphäre, da britische Firmen die Namen ihrer Teilhaber und Anteilseigner veröffentlichen müssten. Finanzielle Vorteile habe sie dadurch nicht gehabt, so der Sprecher. Quelle: AP
Malcolm Turnbull Nach der Veröffentlichung der Rohdaten der „Panama Papers“ werden Vorwürfe gegen Malcolm Turnbull laut. Der amtierende australische Ministerpräsident soll früher Direktor einer Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln gewesen sein, heißt es in den Unterlagen. Turnbull und sein Sprecher wiesen die Vorwürfe zurück – beim bereits bekannten Vorgang seien keine „Unregelmäßigkeiten“ aufgetreten. Quelle: dpa
Sigmundur David GunnlaugssonEr ist der erste, der nach den Enthüllungen der Panama Papers zurück getreten ist. Der isländische Premierminister Sigmundur David Gunnlaugsson soll bis Ende 2009 zusammen mit seiner heutigen Ehefrau eine Briefkastenfirma besessen haben, in der unter anderem Anleihen wichtiger isländischer Banken deponiert waren. Gunnlaugsson hatte vor seinem Rücktritt den Präsidenten Ólafur Ragnar Grímsson um Erlaubnis gebeten, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen auszurufen. Grímsson wollte die Erlaubnis aber zunächst nicht erteilen, sondern erst mit der Unabhängigkeitspartei sprechen, Gunnlaugssons Regierungspartner. Zuvor hatten Tausende Isländer gegen Gunnlaugsson protestiert. Die Unterlagen sollen Informationen über eine Offshore-Firma auf den Britischen Jungferninseln enthalten, die Gunnlaugssons Frau gehört. Der Politiker wies die Vorwürfe zurück. Quelle: REUTERS
Mauricio MacriDer frisch gewählte argentinische Ministerpräsident ist der Hoffnungsträger des wirtschaftlich angeschlagenen Landes. Doch die Mossack-Dokumente könnten für Mauricio Macri nun zum Stolperstein werden. Eine Stellungnahme hat Macri zu den Vorwürfen nicht abgegeben. Lediglich sein Sprecher Ivan Pavlovsky hat den Vorwürfe widersprochen. Der Präsident hätte an der betrügerischen Offshore-Firma keinen Anteil gehabt. Die Firma verfolge Interessen in Brasilien und hätte eine Verbindung zu den Familiengeschäften. Deshalb sei Macri auch der Direktor der Firma. Schwer vorstellbar, dass Macri als Direktor keine Ahnung über die Machenschaften der Offshore-Firma gehabt habe. Quelle: AP
Petro PoroschenkoSollten die Vorwürfe stimmen, dürfte es auch für Ukraines Ministerpräsident Petro Poroschenko unangenehm werden. Eigentlich wollte sich der Oligarch von seinem Schokoimperium trennen, nachdem er zum Präsidenten des vom Krieg mit Russland zerrütteten Landes geworden ist. Doch die Mossack-Dokumente zeichnen nun ein anderes Bild. Während in der Ostukraine seine Soldaten starben, gründete er laut der „Süddeutschen Zeitung“ in Panama die Briefkastenfirma „Prime Asset Partners Limited“, in die die zyprischen und ukrainischen Firmen von Poroshenkos Roshen-Gruppe überführt wurden. Die Gründung der Briefkastenfirma wurde nicht öffentlich gemacht. Quelle: REUTERS
Bjarni BenediktssonNicht nur der Ministerpräsident Islands ist in die Briefkastenaktivitäten verwickelt. Auch der isländischen Finanzminister steht in den geleakten Dokumenten. Der aus einer der reichsten Familien Islands stammende Politiker hält 33 Prozent an der Briefkastenfirma „Falson & Co.“, die 2005 in den Seychellen gegründet wurde. Auch nachdem er 2009 ins Parlament einzog, meldete Benediktsson die Firma nicht an. Der Minister bestreitet die Vorwürfe. Zum einen soll er nicht gewusst haben, dass die Firma auf den Seychellen registriert war, zum anderen sei die Firma steuerlich gemeldet gewesen. Komplettiert wird das betrügerische Dreigestirn in Island durch die Innenministerin Olöf Nordal, die zusammen mit ihrem Ehemann in Panama die Firma „Dooley Securities“ gegründet hat. In Island ist die Wut auf die Politiker groß. Es finden auf den Straßen bereits erste Proteste statt. Quelle: AP
Ian CameronDer 2010 verstorbene Vater des britischen Premierministers David Cameron (links) ist mit Aktiengeschäften und als Investor zu großem Reichtum gelangt. Die nun veröffentlichten Panama-Papers zeigen nun, dass er es mit der Versteuerung seines Vermögens nicht ganz so genau genommen hat. Ian Cameron soll mithilfe seiner 1999 gegründeten Firma auf den Bahamas Steuern hinterzogen haben. David Cameron hat zu den Vorwürfen gegen seinen Vater keine Stellungnahme abgegeben. Quelle: dpa

Gravierende Defizite in Sachen „Verfügbarkeit von Eigentümer-Informationen“ konstatiert die Financial Action Task Force – die Anti-Geldwäsche-Einheit der OECD – etwa in der Schweiz, in Costa Rica, in Marokko und sogar in den EU-Staaten Rumänien und Polen.

Fortschritte bescheinigen die Experten dagegen anderen Ländern mit schlechtem Ruf – etwa den Britischen Jungferninseln, Gibraltar und Singapur („compliant“) sowie den Cayman Islands, Liechtenstein und Zypern („largely compliant“).

Auch im Bereich der Briefkastenfirmen geht es also voran.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%