Steuerparadies Malta Das neue Panama

Seite 2/2

"In Luxemburg und Irland dürften sich gerade ein paar Leute sehr freuen"

Man könnte all das unter Steuerwettbewerb verbuchen, käme nicht eine zweite maltesische Spezialität hinzu: die lasche Finanzaufsicht. An der Spitze der Aufsichtsbehörde MFSA steht seit rund 20 Jahren dieselbe Person, Joseph Bannister, Professor für Biochemie. Premier Muscat hielt auch dann noch an ihm fest, als bekannt wurde, dass er Direktor von Investmentfonds auf den Cayman Islands war. Diese Posten hat er aufgegeben, ein Interessenkonflikt besteht weiter: Bannister ist Vizechairman von Finance Malta. „Auf der einen Seite holt er Finanzdienstleister ins Land, auf der anderen soll er sie überwachen“, kritisiert Arnold Cassola, Vorsitzender der maltesischen Grünen. So hatte die Skandalbank Pilatus ihre Lizenz von der Behörde innerhalb von drei Monaten bekommen, obwohl der Inhaber weder Bürger des Landes war noch irgendeine Erfahrung in der Branche vorweisen konnte.

Dass es in der Arbeit der dortigen Steuerbehörden noch viel Luft nach oben gibt, zeigt sich schon am Falle des Marcis Vibergs. Sein Arbeitgeber, die St. Publius Corporate Services Limited, ist auf der Insel schon länger bekannt. Im Oktober 2013 veröffentlichte die Aufsicht eine Warnung, St. Publius biete Finanzdienstleistungen ohne Lizenz an. Hinter der Firma steht der rheinische Unternehmer Peter Knappertsbusch, der es Anfang der 2000er-Jahre mit seinem Internetunternehmen Quickprinter zu lokalem Ruhm brachte. 2010 siedelte er persönlich nach London und mit seinem Druckunternehmen nach Malta über und erweiterte sein Portfolio um steuerliche Dienstleistungen. Die Warnung wiederholte die Behörde im vergangenen Jahr, den Geschäften des Herrn Kappertsbusch hat das bisher keinen Abbruch getan.

In Malta lassen sie trotzdem nichts auf ihren Finanzsektor kommen. „Wir haben keine Kohle, wir haben keinen Stahl, wir sind auf den Finanzsektor angewiesen“, sagt ein maltesischer Geschäftsmann beim Bier im Hafen von Sliema. Natürlich mache sich die Wirtschaft in Malta Sorgen über den Reputationsverlust: „In Luxemburg und Irland dürften sich gerade ein paar Leute sehr freuen.“

Von diesem gesellschaftlichen Konsens über den Wert der Finanzbranche profitieren nicht nur windige Privatleute, sondern auch große deutsche Unternehmen. Gleich eine Handvoll von ihnen leistet sich Büros im Mayfair Business Centre in Saint Julian. In den ersten drei Etagen lernen Teenager und Studenten Englisch, ihr Gelächter hallt über das mit Mamor verzierte Treppenhaus nach oben. Im vierten Stock hingegen ist es verdächtig ruhig dafür, dass hier laut Briefkasten die Finanz- und Investmentgesellschaften der Milliardenkonzerne Puma, K&S, Fresenius Medical Care und BASF ihren Sitz haben. An einem gewöhnlichen Montagmorgen öffnet niemand die Tür, auch sonst scheint hier selten etwas los zu sein: Der Postbote wird auf einem Schild am Briefkasten gebeten, Päckchen bei den Nachbarn im sechsten Stock abzugeben.

Bei den Optimierern von St. Publius hingegen scheint der Druck aus Deutschland etwas mehr zu bewirken als die Warnungen der maltesischen Aufsicht. An der Deutschlandniederlassung in Düsseldorf steht zwar noch der Name des Unternehmens, die Tür aber öffnet der Besitzer des benachbarten Modegeschäfts. Bis vor kurzer Zeit hätten hier zwei Damen für das Unternehmen gearbeitet. „Die sind dann aber ziemlich plötzlich verschwunden, seitdem habe ich da nie wieder jemanden gesehen.“

Inhalt
  • Das neue Panama
  • "In Luxemburg und Irland dürften sich gerade ein paar Leute sehr freuen"
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%