Geladen sind Parlamentarier ebenso wie Vertreter großer Rüstungsfirmen. Auch Rheinmetall oder Diehl Defence haben Vertreter geschickt, um den anwesenden Politikern ihr Leid über die jährlich schrumpfenden Rüstungsausgaben zu klagen. Natürlich sind auch die Panzerschmiede Krauss-Maffei Wegmann oder der Waffenproduzent Heckler & Koch bei der DWT engagiert. Sie alle treffen an diesem Abend auf offene Ohren, etwa bei den Gesandten des Auswärtigen Amtes, bei den Herren der Botschaften von Österreich oder Norwegen, auch bei Beamten des Wirtschafts- und Verteidigungsministeriums. Wie hatte Schempp doch vorhin noch gefordert, als er über den sinkenden deutschen Rüstungsetat sprach: „Die Mittel müssen bereitgestellt werden.“
Verabschiedet werden die Gäste mit der Einladung zum „Highlight des Jahres“, dem „Dialog mit Militärattachés“. „Veranstaltungskern“, heißt es in der Einladung, sei die Ausstellung. Dort können sich Rüstungsfirmen für 275 Euro pro Quadratmeter ihren Werbeplatz erkaufen, um mit den amtierenden und künftigen Diplomaten der Bundesregierung ins Gespräch zu kommen. Die Teilnahmequote der Attachés liege, so verspricht es die Broschüre, bei „100 %“. Die Unternehmen hoffen auf gute Kontakte und lukrative Aufträge. Lufthansa Technik etwa habe sich für dieses Jahr schon mal 4,5 Quadratmeter reserviert, Dynamit Nobel Defence und Airbus jeweils sechs. Einen der größten Stände habe Atlas Elektronik gebucht: 15 Quadratmeter Showroom.
„Zweck des Vereins ist die Förderung der Bildung in den Bereichen Wehrtechnik, Verteidigungswirtschaft, Bündnisfähigkeit und Sicherheitspolitik“, erklärt DWT-Geschäftsführer Wolfgang Döring, Generalmajor a. D. Seit 1957 wirke man auf diesen Feldern als neutrale Informations- und Dialogplattform und trage so zur Bildung auf diesen Gebieten bei. Deshalb erfülle die DWT „uneingeschränkt die Voraussetzungen für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit“. Vertreter aller großen Unternehmen der Verteidigungsbranche sitzen in seinem Präsidium, dazu Politiker und Generäle. Mindestens 500 Euro Beitrag zahlen Unternehmen pro Jahr an die DWT. Alles absetzbar von der Steuer, versteht sich.
Ein nettes Netzwerk. Aber was genau hat die Allgemeinheit davon?
An einem sonnigen Mittag im März steht Peer Witten, ein schlaksiger Mann mit runden Gläsern auf der Nase, im Konferenzraum zwei der Hamburger Otto-Zentrale. Witten hat für den Osteuropaverein der Deutschen Wirtschaft zum „Lunch Break“ geladen. Er wartet noch auf ein paar Gäste und vertreibt den Anwesenden derweil die Zeit mit Reiseanekdoten. Gerade schwärmt er von der Mongolei.
Er ist dem Verein und Otto verbunden, saß bis 2005 im Vorstand des Versandhändlers. Da ist es ihm vorbehalten, die einleitenden Worte zu sprechen: „Wir als Osteuropaverein wollen bessere Chancen und bessere Möglichkeiten für die Unternehmen, die in Osteuropa tätig sind“, beginnt er. „Wir wollen Türen öffnen in der Politik für die Unternehmer.“ Dafür, referiert Witten, gebe es eine Vielzahl von Veranstaltungen: den Neujahrsempfang etwa, den Osteuropa-Wirtschaftstag, natürlich das Sommerfest in Berlin mit diplomatischem Corps. In der PowerPoint-Präsentation wird das „Unsere Dienstleistungen“ genannt.
Der OEV versteht sich als Interessenvertretung, schreibt aber in seiner Satzung: „Der Verein arbeitet auf unmittelbar und ausschließlich gemeinnütziger Grundlage im Sinne des Abschnitts ,Steuerbegünstigte Zwecke‘ der Abgabenordnung.“ Er verfolge „keine politischen Ziele“. Beim Hamburger „Lunch Break“ klingt das ganz anders. „Wir vertreten die Interessen unserer Mitglieder. Wir sitzen in sämtlichen bilateralen Regierungsarbeitsgruppen, die es gibt“, sagt Geschäftsführerin Ute Kochlowski-Kadjaia und verspricht: Als mitgliederstärkster Verein der deutschen Wirtschaft habe man Einfluss. Zur Gemeinnützigkeit des OEV sagt Kochlowski-Kadjaia nichts. Eine Antwort auf die Anfrage der WirtschaftsWoche bleibt aus.