Streitfall des Tages Wenn der Versicherer nach einem Einbruch mauert

Die Zahl der Einbrüche steigt. Die Schäden von Diebstahl und Vandalismus können tausende Euro betragen. Viele Versicherer lehnen eine Regulierung aber aus fadenscheinigen Gründe ab. Wie Versicherte an ihr Geld kommen.

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Der Schmu des Tages. Illustration: Tobias Wandres


Der Fall


Hartmut und Hannelore Wieland (Name der Redaktion bekannt) kommen vom Kaffeekränzchen bei ihrer erwachsenen Tochter ins heimische Bergisch Gladbach an einem Sonntagabend im Januar dieses Jahres zurück. Schon beim Öffnen der Wohnungstür merkt das Rentner-Ehepaar, dass im eigenen Haus etwas nicht stimmt – die Teppiche sind aufgeworfen, zwei Vasen liegen zerbrochen im Windfang, der Eingangsschrank ist demoliert.

Die Polizei, die die beiden sofort verständigen, ermittelt später, dass das Sicherheitsschloss an der Gartentür im Untergeschoss des Hauses von den Einbrechern geknackt und drei bis vier Männer das gesamte Heim der Familie gründlich nach Wertgegenständen untersucht haben – bis auf die Unterwäsche der Wielands.

Die beiden unterrichten umgehend ihre Hausratversicherung über den Zwischenfall und legen eine Liste der gestohlenen Gegenstände sowie der zerstörten Hauseinrichtung vor. Dabei kommt es zum Streit mit der Hausratversicherung, die behauptet, dass alleine die Existenz eines Schlosses nicht zur Sicherung einer Immobilie ausreiche.


Die Relevanz


Treffen kann es jeden: Auch Ex-Bundesminister Genscher wurde im März 2011 Opfer von Wohnungseinbrechern. Durchschnittlich alle vier Minuten wird in Deutschland ein Wohnungseinbruch verübt. Dieser Klassiker aus der Verbrechenswelt erlebt sogar gerade eine Renaissance.

Entgegen der allgemeinen Entwicklung, nach der Straftaten bundesweit um zwei Prozent auf rund 5,9 Millionen Delikte zurückgegangen sind, wurden nach der polizeilichen Kriminalstatistik fast sieben Prozent mehr Wohnungseinbrüche begangen – rund 123.000 Delikte dieser Art allein in 2010. Betroffen sind vor allem Großstädter und Villenbesitzer.

Den finanziellen Schaden beziffert der Gesamtverband der Versicherer, in dem rund 480 Gesellschaften vertreten sind, auf insgesamt knapp eine halbe Milliarde Euro im Jahr. „Das ist das Ergebnis der Hausratversicherungen – die Schäden werden in der Tendenz größer, weil sich in immer mehr Haushalten teure elektronische Geräte befinden“, erklärt der Einbruchspezialist des GdV, Christian Lübke. Dabei wird jedes einzelne Einbruchsopfer im Durchschnitt um circa 1.225 Euro geschädigt.

Und um die Erstattung dieses Schadens gibt es immer häufiger Streit. Eine genaue Kenntnis der Vertragsbedingungen ist unabdingbar – sonst riskiert der Versicherte, dass ihm am Ende nur wenig des ersetzt wird. Und auch einige Grundsatzentscheidungen, die nachfolgend zusammengestellt wurden.

Die Rechtslage

Zahlreiche Urteile zeigen, wann der Versicherer zahlen muss, und wann nicht.


Was Immobilienbesitzer und Mieter beachten sollten

Der Expertentipp


Ob Wasserschaden oder eben Einbruchdiebstahl – wer in solchen Fällen eine Hausratversicherung besitzt, sollte gut abgesichert sein. Denn die Hausratversicherung ersetzt alle Schäden an Gegenständen im Haushalt. Das sieht zumindest der Großteil der deutschen Versicherungsgesellschaften so.

Die Verbraucherzentrale NRW sagt, dass eine Hausratversicherung dann notwendig ist, wenn die Einrichtung besonders wertvoll ist – sprich, die Versicherung ist abhängig vom bereits vorhandenen Besitz. Was Versicherungen also als absolut notwendige Absicherung erachten, gilt nach der Einschätzung von Verbraucherschützern nur für gut situierte Bundesbürger - oder für Menschen ohne oder nur ganz geringe Rücklagen.

Ganz wichtig: wer eine Hausratversicherung abschließen, oder bei einem Wechsel des Wohnortes ändern möchte, der muss unbedingt darauf achten, dass die Versicherungssumme stimmt. Sie sollte dem Neuwert des Hausrates entsprechen – denn bei einer Unterversicherung wird nur ein Teil des Schadens ersetzt.

Viele Versicherungen bieten daher einen so genannten „Unterversicherungsverzicht“ an. Diesen Unterversicherungsverzicht erhält man, wenn die Versicherungssumme je Quadratmeter Wohnfläche zwischen 600 Euro und 750 Euro – das ist abhängig von der Police - beträgt.

Die Alternative ist die Ermittlung der Versicherungssumme über eine möglichst exakte Liste des gesamten Hausrates und seines Neuwertes. „Welche Berechnungsmethode günstiger ist, hängt von der individuellen Ausstattung der Immobilie ab“, erklärt Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale NRW in Düsseldorf, „ein durchschnittlich ausgestatteter Haushalt kommt mit eine Pauschalberechnung wahrscheinlich zurecht – ein Stundenzimmer wäre damit aber genauso sicher überversichert“.

Aber: in einer kleinen Wohnung mit hohen Werten reicht wiederum eine pauschal berechnete Versicherungssumme bei einem Totalschaden sicherlich nicht aus. Checklisten der Verbraucherzentralen oder auch des Bundes der Versicherten helfen, den wahrten Wert des Hausrates zu ermitteln.

Das Fazit


Familie Wieland konnte eine Woche nach dem Einbruchsdiebstahl zweifellos gegenüber ihrer Versicherung nachweisen, dass die Schlösser an ihren Türen in einwandfreiem Zustand waren – einer Begleichung des Schadens stand so nichts mehr im Wege.

Versicherte sollten das klein Gedruckte bei ihrer Hausratpolice checken, damit sie im Ernstfall nicht leer ausgehen. Im Streitfall helfen Verbraucherzentrale, Versicherungsberater, Anwalt oder Ombudsmann. Außerdem ist eine Beratung der Polizei sinnvoll, und Hab und Gut zu schützen.

Nützliche Adressen

 

 

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