Studienkosten Steuertrick für Studenten

In wenigen Wochendrängen Zehntausende Abiturienten an die Universitäten. Die Studienkosten steigen, doch dank neuer Urteile des Bundesfinanzhofs können Studenten hohe Steuervorteile für sich herausschlagen – wenn sie einige einfache Regeln beachten.

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Manche mögen's eng. Studenten Quelle: dpa

Jetzt dauert’s nicht mehr lange:Im Oktober beginnt an den meisten deutschen Universitäten das Wintersemester. Bei aller Vorfreude auf neue Freunde, Partys und bisweilen auch auf interessante Vorlesungen, sollten Studenten sich auch profaneren Dingen widmen: Neuerdings lohnt es sich besonders, Ausgaben sorgfältig aufzulisten und Belege zu sammeln. Denn der Bundesfinanzhof (BFH) hat Studenten in aktuellen Urteilen hohe Steuervorteile zugesprochen. Viele können demnach ihre Studienkosten auf einen Schlag von der Steuer absetzen, sobald das Berufsleben beginnt. „Das kann dazu führen, dass sie in den ersten ein bis zwei Jahren keinen Cent Steuern zahlen“, sagt der auf Studenten spezialisierte Würzburger Steuerberater Christoph Gramlich.

Das gefällt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zwar gar nicht. Er will das Gesetz ändern, um die BFH-Urteile zu entschärfen. Doch das letzte Wort dazu dürfte noch nicht gesprochen sein. Bei der FDP etwa regt sich Sympathie für zusätzliche Steuervorteile. So hat Finanzpolitiker Patrick Meinhardt „einen fairen Pauschalbetrag“ für Studenten ins Gespräch gebracht.

Studenten und ihre Familien sollten sich von der politischen Debatte nicht beeindrucken lassen. Nur wer jetzt die richtigen Weichen stellt, sichert sich die maximale Steuerersparnis. Die wichtigsten Regeln:

Steuererklärung abgeben

Der BFH hat entschieden, dass Ausgaben für eine Berufsausbildung oder für ein Erststudium nach dem Abitur Werbungskosten und keine Sonderausgaben sind (VI R 38/10 und VI R 7/10). Was nach einer juristischen Spitzfindigkeit klingt, hat enorme finanzielle Folgen. Denn Sonderausgaben dürfen Steuerpflichtige nur von Einkünften desselben Jahres abziehen. Da Studenten meist nichts oder weniger als die von vorneherein steuerfreien 8004 Euro verdienen, bringt ihnen das nichts.

Werbungskosten dagegen können sie auch von späteren Einnahmen abziehen. Das funktioniert so: Auch wer keine oder nur geringe Einkünfte erzielt hat, gibt eine Steuererklärung ab und listet in der „Anlage N“ seine Einnahmen und die Studienkosten auf – also die Miete für die Studentenbude, Uni-Gebühren, Ausgaben für Auslandssemester, Zinsen für einen Studienkredit, Fahrtkosten zur Uni sowie Ausgaben für einen Laptop, für Fachbücher oder für Büromaterialien.

Brutto gleich netto

Auf dem Papier entsteht auf diese Weise ein hoher Jahresverlust, oft ein fünfstelliger Betrag. Selbst Bafög-Empfänger können so hohe Verluste anhäufen, weil sie nicht das ganze Bafög, sondern nur spezielle Zahlungen wie etwa Sachkostenzuschüsse als Einkünfte angeben müssen, so Gramlich. Das Bafög mindert den Verlust somit „allenfalls um ein paar Hundert Euro im Jahr“. Stärker ins Gewicht fallen Einnahmen aus Nebenjobs und Praktika.

Nach dem Auflisten von Einnahmen und Kosten müssen Studenten das Feld „Antrag auf Verlustfeststellung“ auf dem Mantelbogen der Steuererklärung ankreuzen. Dadurch wird das Minus beim Finanzamt gespeichert und kann von künftigen Einnahmen abgezogen werden – auch in ferner Zukunft, weil Verlustvorträge nicht verfallen. Wer auf diese Weise übers gesamte Studium Verluste sammelt, muss aufs Gehalt des ersten Jahres meist gar keine Steuern zahlen (siehe Beispielrechnung). Oft bleibt sogar noch eine ansehnliche Summe fürs zweite Berufsjahr übrig. Studenten, die schon länger dabei sind und bisher keine Steuererklärung abgegeben haben, müssen sich nicht grämen: Dies ist oft noch bis zu sieben Jahre später möglich.

Bei einem Zweitstudium, also einem Studium nach einer bereits zuvor abgeschlossenen Ausbildung, akzeptieren Finanzämter den Werbungskostenabzug übrigens bereits seit 2010 anstandslos. Zuvor hatte der BFH entschieden, dass bei einem Studium nach einer Ausbildung stets ein enger Zusammenhang zum künftigen Job bestehe. Davon profitieren etwa BWLer, die vorher eine Banklehre gemacht haben – aber auch Juristen vor dem zweiten Staatsexamen und Bachelor-Absolventen, die den Master obendrauf setzen.

Zweiten Haushalt führen

Die jetzigen BFH-Urteile will der Fiskus „restriktiv“ auslegen, wie aus Berlin zu hören ist. So könnte Schäuble Einnahme-Ausfälle begrenzen, während seine Mannen ein neues Gesetz stricken.

Mit kritischen Nachfragen müssen Studenten vor allem bei der Miete für die Studentenbude rechnen. Denn diesen – meist größten – Kostenblock dürfen sie lediglich bei „doppelter Haushaltsführung“ absetzen. Und Beamte wissen: Viele Studenten haben ihren Erstwohnsitz nur zum Schein bei den Eltern. In Wahrheit ist ihr Lebensmittelpunkt längst die Universitätsstadt.

Wer eine doppelte Haushaltsführung reklamiert, hat in der Heimat deshalb optimalerweise eine eigene Wohnung, etwa im Haus der Eltern. „Zudem sollten Studenten mindestens zweimal im Monat dorthin fahren“, rät Gramlich. Eine eigene Wohnung könne laut aktueller Rechtsprechung selbst dann bereits vorliegen, wenn der Student Küche und Bad der Eltern mitbenutzt. In solchen Grenzfällen müssten Studenten belegen, „dass sie einen eigenen Haushalt führen und nicht nur Besucher sind“, so Gramlich. Wichtige Indizien könnten eine eigene Waschmaschine und ein eigener Kühlschrank sein.

Ein weiterer Ansatzpunkt für Finanzbeamte: Sie könnten behaupten, dass die Ausbildung oder das Studium – anders als vom BFH gefordert – nicht „hinreichend konkret durch die spätere Berufstätigkeit veranlasst“ sei. Bei Medizinstudenten und angehenden Piloten, um die es in den vom BFH entschiedenen Fällen ging, ist das kein Problem. Aber was ist mit BWL-, Politik- oder Philosophiestudenten, deren Werdegang weniger klar vorgezeichnet ist?

„Es besteht die Gefahr, dass Finanzämter in solchen Fällen den Werbungskostenabzug verweigern“, sagt Heiner Röttger, Partner bei HLB Dr. Schumacher & Partner in Münster. Vor Gericht dürften sie damit aber kaum durchkommen, glaubt er. Zwischen verschiedenen Studienarten zu unterscheiden wäre „rechtlich sicher nicht haltbar“, meint auch Steuerberater Gramlich. Probleme könnten aber auftauchen, wenn etwa ein Germanistikstudent später als Taxifahrer arbeitet und trotzdem Studienverluste geltend macht. Dann hätte der Fiskus schließlich gute Gründe, auf einen fehlenden Bezug zum Job zu verweisen.

Nicht die Eltern zahlen lassen

Das Bild zeigt ein mit Quelle: dpa/dpaweb

Gefahr besteht auch, wenn nicht der Student, sondern die Eltern Rechnungen bezahlen. Beamte behaupten dann oft, dass Betroffene für Zahlungen, die Verwandte geleistet haben, keine Vorteile fordern können. Das stimmt zwar nicht immer, aber angesichts der komplizierten Rechtslage sollten Familien diese Diskussion vermeiden. „Auf der sicheren Seite sind Studenten, wenn sie von ihren Eltern eine monatliche Pauschale erhalten und ihre Rechnungen dann selbst bezahlen“, rät Röttger. Zudem sollten sie „offizieller Mieter“ sein.

Die Miete ist sogar absetzbar, wenn die Eltern die Studentenbude gekauft haben und somit als Vermieter fungieren. Gegen einen solchen familiären Geldkreislauf – Papa überweist monatlich Geld und erhält einen Teil als Miete zurück – ist rechtlich nichts einzuwenden. „Beträgt die Miete mindestens 75 Prozent des marktüblichen Niveaus, gibt’s keine Probleme“, sagt Röttger. Durch ein geplantes Gesetz sinke die Grenze bald womöglich auf 66 Prozent.

Wichtig: Auch wenn Studenten Steuervorteile einfordern, können Eltern in der eigenen Steuererklärung weiter den Ausbildungsfreibetrag von 924 Euro ansetzen. Ebenfalls unberührt bleibt ihr Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag.

Vorsichtig kalkulieren

Bei ihrer finanziellen Planung sollten Studenten den steuerfreien Berufsstart aber nicht einkalkulieren – schließlich fordert Schäuble bereits eine Gesetzesänderung. Und leider ist nicht auszuschließen, dass diese auch rückwirkend gilt.

Es wäre nicht das erste Mal: 2003 hatte der BFH schon mal entschieden, dass Ausgaben fürs Studium Werbungskosten sind. Daraufhin änderte die rot-grüne Regierung 2004 das Gesetz. In der Folge akzeptierten die Finanzämter Kosten nur als Sonderausgaben. Erst jetzt entschied der BFH, dass die damals von Rot-Grün gewählte Gesetzesformulierung „nicht hinreichend konkret“ sei und den Werbungskostenabzug deshalb nicht ausschließe.

Experte Röttger glaubt nicht, dass der Gesetzgeber dieses Votum der Richter rückwirkend aushebeln kann. „Es ist meines Erachtens nicht möglich, das missglückte Gesetz durch eine Klarstellung nachträglich zu heilen“, sagt er. „Ich gehe deshalb davon aus, dass eine etwaige Änderung frühestens ab 2012 gilt.“ Somit könnten Studenten zumindest bis zum Jahr 2011 Steuervorteile geltend machen.

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