Tool der Woche Wenn günstiger Strom plötzlich teuer wird

Im kommenden Jahr steigt nicht nur die Umlage für Erneuerbare Energien, sondern auch die Netzentgelte für Strom. Vielen Stromkunden beschert das steigende Preise. Ein Tool zeigt, wo Sie noch günstige Tarife finden.

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Die EEG-Umlage steigt 2017 um rund acht Prozent auf 6,88 Cent je Kilowattstunde. Quelle: dpa

Frankfurt Geht es um Strompreise, gehört Deutschland in der EU zur absoluten Oberklasse. Mit rund 29 Cent je Kilowattstunde Strom werden die hiesigen Preise nur noch von Dänemark übertroffen, die noch einen Cent mehr je Kilowattstunden berappen müssen.

Der Trend kennt bei den Stromanbietern seit der Jahrtausende mit wenigen Ausnahmen nur eine Richtung: die nach oben. Einige Anbieter geben für das kommende Jahr schon den Takt vor: 172 der über 900 Grundversorger in Deutschland haben für 2017 bereits Preiserhöhungen angekündigt – und viele Verbraucher werden tiefer ins Portmonee greifen müssen.

Ihnen stehen bislang nur elf Anbieter gegenüber, die ihre Kosten senken wollen. Das geht aus einer Untersuchung des Vergleichsportals Check24 hervor. „Bislang hat also etwa jeder fünfte Stromgrundversorger Preiserhöhungen für das kommende Jahr angekündigt, sagt Oliver Bohr, Geschäftsführer Energie bei Check24. „Preisanpassungen weiterer Versorger sind wahrscheinlich.“ Ähnlich äußert sich Martin Brandis, Energieexperte beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). „Wenn die Änderungen zum neuen Jahr greifen sollen, kann es gut sein, dass viele Kunden in den nächsten Tagen noch Post bekommen.“ Steigt der Preis, müssen Grundversorger dies sechs Wochen vorher ankündigen.

Stromkunden müssen steigende Preise allerdings nicht tatenlos hinnehmen: Es gilt ein Sonderkündigungsrecht. Der einfachste Weg, die Mehrausgaben zu umgehen, ist, den Stromanbieter zu wechseln. Welcher Tarif für Sie passt, können Sie etwa mithilfe dieses Tools herausfinden.

Die Beweggründe sind von Anbieter zu Anbieter zwar verschieden. Zwei Hauptursachen dürften jedoch Umlagen und Abgaben sein. So steigt etwa ab Januar die Umlage für Erneuerbare Energien von 6,35 auf 6,88 Cent je Kilowattstunde. Einen Vierpersonenhaushalt mit einem Durchschnittsverbrauch von 5000 Kilowattstunden wird das etwa 26 Euro mehr kosten. Zugegeben: Das wird auf Jahressicht wohl kaum eine Familie in die Privatinsolvenz treiben.

Doch die steigende EEG-Umlage ist nicht der einzige Aufschlag. In vielen Regionen verteuern sich zudem die Netzentgelte, die immerhin ein Viertel der Strompreise ausmachen. Am stärksten legen Sie in Frankfurt zu – um 79 Euro auf 446 Euro. Teurer sind die Netzkosten nur in Leipzig (450 Euro) und Dresden (464 Euro). Den Daten von Check24 zufolge steigen die Stromnetzentgelte im Osten Deutschlands (18 Prozent) durchschnittlich deutlich stärker als im Westen (acht Prozent)

Das Vergleichsportal weist – nicht unbedingt uneigennützig – auf das Sparpotenzial bei einem Anbieterwechsel hin. Für einen Familienhaushalt mit einem Durchschnittsverbrauch von 5000 Kilowattstunden lag die mögliche Ersparnis im Jahr 2010 noch bei 143 Euro. Heute seien schon 333 Euro drin, geht aus der Untersuchung hervor. Das sei nicht zuletzt zahlreichen alternativen Stromanbietern zu verdanken, die traditionellen Grundversorgern wie Stadtwerken Konkurrenz machen.


Wenn Preise in die Höhe schießen

Die Vergleichsportale werben mit kinderleichten Anbieterwechseln – und prinzipiell stimmt das auch. Ein paar Klicks und schon steht der neue Vertrag. Doch Leichtigkeit kann in diesem Kontext auch zu Leichtfertigkeit führen, mahnt Verbraucherschützer Martin Brandis. Zwar werden schon auf den ersten Blick wichtige Informationen wie Vertragslaufzeit, Kündigungsfrist und – natürlich – Preis erkenntlich.

Letzterer kann es aber in sich haben – denn manches Angebot ist nur deshalb besonders günstig, weil Rabatte und Boni in den Preis eingerechnet sind, die der Kunde nur unter bestimmten Bedingungen erhält. „Einige Anbieter knüpfen eine Gutschrift beispielsweise an einen Mindestverbrauch. Wird der nicht erreicht, gibt es auch keinen Bonus“, erklärt Brandis. In anderen Fällen gibt es eine Art Treuegutschrift, die der Kunde nur dann erhält, wenn er über die Mindestvertragslaufzeit hinaus Kunde bleibt.

Der Haken: Erfüllen die Kunden die Voraussetzungen nicht, werden keine Boni ausgezahlt – und der vermeintlich günstige Preis verteuert sich. Deshalb rät Brandis: „Bei gleichen oder nur leicht unterschiedlichen Preisen sind Angebote mit niedrigeren Strompreisen ohne angerechnete Boni meist die besseren.“ Wer ohnehin nicht jedes Jahr den Anbieter wechseln möchte, sollte besser gleich gezielt auf die Preise je Kilowattstunde Strom schauen.

Doch selbst das kann seine Tücken haben. Bei vielen besonders günstigen Angeboten gelten häufig nur eingeschränkte Preisgarantien. Im Klartext: Meist werden dabei Steuern, staatliche Abgaben und Umlagen ausgenommen, häufig auch Entgelte für die Netznutzung. Daher würden eingeschränkte Preisgarantien nur bedingt vor Erhöhungen schützen. Der vermeintlich günstige Anbieter kann sich noch während der Vertragslaufzeit als teuer entpuppen. Vorsichtig sollten Stromkunden auch bei Rabatten auf Vorauszahlungen sein. Geht der Stromversorger in der Vertragslaufzeit insolvent, ist das Geld futsch.

Kritik gibt es von den Verbraucherschützern übrigens auch an Vergleichsportalen wie Check 24 und Verivox. Diese finanzierten sich in der Regel über Vermittlungsprovisionen. Das Geschäftsmodell sei häufig intransparent, so der Vorwurf. „Damit kann nicht beurteilt werden, ob die Portale Angebote wirklich unabhängig präsentieren“, erklärt Brandis. Am besten ist also, Sie vergleichen auch die Ergebnisse unterschiedlicher Vergleichsportale noch einmal.

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