Hat ein Arbeitnehmer mit durchschnittlichen Leistungen heute einen Anspruch auf Zeugnis mit der Note „gut“? Das Bundesarbeitsgericht hat dem heute eine Absage erteilt. Enthält das Zeugnis die Formulierung „zur vollen Zufriedenheit“, werden die Arbeitsleistungen mit der Note „befriedigend“ bewertet. Verlangt der Arbeitnehmer eine bessere Note, muss er seine vermeintlich besseren Leistungen vortragen und beweisen. Und zwar auch dann, so das BAG, wenn in der Branche überwiegend gute („stets zur vollen Zufriedenheit“) oder sehr gute („stets zur vollsten Zufriedenheit“) Endnoten vergeben werden.
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Bernd Pirpamer ist Arbeitsrechtler bei Heisse Kursawe Eversheds in München.
In dem Fall hatte eine Zahnarzthelferin gegen ihren Arbeitgeber geklagt. Der hatte ihr im Zeugnis bescheinigt, sie habe ihre Aufgaben „zu unserer vollen Zufriedenheit“ erledigt – in der „Zeugnissprache“ eine glatte 3. Diese Note reichte der Arzthelferin nicht. Sie verlangte die Note 2 mit der Formulierung „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“. Der Arzt blieb dabei, dass die Leistungen der Frau wegen zahlreicher Fehlleistungen allenfalls durchschnittlich gewesen seien und lehnte es ab, das Wörtchen „stets“ zu ergänzen.
Vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht bekam die Frau Recht: Die Richter gestanden ihr die Note 2 zu und verwiesen auf Studien, nach denen fast 90 Prozent der Arbeitszeugnisse heute eine „gute“ oder „sehr gute“ Bewertung enthalten. Daraus folgerten die Gerichte, ein Zeugnis mit der Note 3 sei heute eben keine durchschnittliche Beurteilung mehr.
BAG stellt auf die Mitte ab
Das BAG hob das Urteil der Vorinstanz auf. Für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast spielten Studienergebnisse keine Rolle. Es komme nicht auf die in der Praxis am häufigsten vergebenen Noten an, sondern auf die „mittlere Note der Zufriedenheitsskala“, allgemeinhin „befriedigend“.
Ein Arbeitnehmer, der eine Note im oberen Bereich der Skala verlangt, so das BAG, müsse darlegen, dass er den Anforderungen gut oder sehr gut gerecht geworden ist. Ausdrücklich weist das BAG darauf hin, dass bei den zitierten Studien nicht ausgeschlossen werden könne, „dass auch Gefälligkeitszeugnisse in die Untersuchungen eingegangen sind, die dem Wahrheitsgebot des Zeugnisrechts nicht entsprechen“.
Der 9. Senat wies die Sache an das LAG zurück, das nun klären muss, ob die Zahnarzthelferin tatsächlich aufgrund ihrer Leistungen eine bessere Beurteilung verlangen kann.