Urteil Polizei darf Zufallskontrollen vortäuschen

Wenn Ermittler Drogenhändlern eine Falle stellen, spielen sie nicht immer mit offenen Karten. Grundsätzlich haben die obersten Strafrichter dagegen nichts einzuwenden. Als Freibrief gilt das Urteil jedoch nicht.

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Polizisten dürfen laut aktuellem Urteil eine „zufällige“ Kontrolle vortäuschen. Quelle: dpa

Karlsruhe Ermittler dürfen Kriminelle durch Vortäuschen einer zufälligen Polizeikontrolle gezielt auf frischer Tat ertappen. Solche sogenannten legendierten Kontrollen sind grundsätzlich zulässig, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Mittwoch entschied.

Die obersten deutschen Strafrichter hatten die Verurteilung eines bei einer vorgeblichen Verkehrskontrolle überführten Drogenkuriers zu überprüfen. Um einen Hintermann in Sicherheit zu wiegen, durchsuchten die Fahnder sein Auto ohne richterlichen Beschluss, obwohl sie dem Drogenring schon seit Monaten auf der Spur waren. Alles sollte nach einem Zufallsfund aussehen. Also stoppten die Kollegen von der Autobahnpolizei den Mann auf einer Tour – er sei zu schnell gefahren. Bei der Kontrolle erschnüffelte ein Drogenhund „zufällig“ knapp acht Kilo Kokain in einem Versteck hinter dem Armaturenbrett.

Mit dem Urteil steht fest, dass die Polizisten das Rauschgift so oder so aus dem Verkehr ziehen durften. Es ist auch als Beweis vor Gericht verwertbar. Der Vorsitzende Richter Ekkehard Appl hob hervor, dass die Polizei sich häufig „in einer Gemengelage“ bewege: Im selben Moment ist eine Gefahr abzuwehren – hier der Weiterverkauf der Drogen – und ein Straftäter zu überführen. Zur Gefahrenabwehr darf ein Auto ohne richterlichen Beschluss durchsucht werden. Dass sich die Ermittler das zunutze machen, ist demnach nicht zu beanstanden.

Für die Richter war am Ende entscheidend, dass außer Frage stand: Bei allem, was die Ermittler gegen den Drogenkurier in der Hand hatten, hätten sie auch einen Durchsuchungsbeschluss bekommen. In die Akte kam zwar zunächst die Version mit der Verkehrskontrolle. Sobald der Hintermann geschnappt war, wurde aber alles richtiggestellt. Allerspätestens muss das laut Urteil bei Anklageerhebung passieren.

Appl betonte, dass die Entscheidung „keine in Stein gemeißelte Unbedenklichkeitsbescheinigung für alle Zukunft“ sei. Sollte sich herausstellen, dass die Polizei das Urteil systematisch ausnutze, sei auch eine andere Bewertung denkbar. Wichtig ist dem Senat insbesondere, dass der Staatsanwalt als „Herr des Verfahrens“ wahrheitsgemäß und vollständig informiert ist. (Az. 2 StR 247/16)

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