Urteile Was beim Autokauf zu beachten ist

Mehrverbrauch, Rost statt Chrom und Dutzende Nachbesserungen: Immer wieder gibt es Ärger um Neu- und Gebrauchtwagen, der Anwälte und Gerichte beschäftigt, weil Verkäufer zu viel versprechen. Einige Urteile im Überblick.

Mangelhafter Neuwagen muss zurück zum Händler: Wer bei seinem Neuwagen einen Mangel an der Elektronik feststellt, muss dem Händler den Wagen zur Prüfung überlassen. Denn dem Verkäufer muss eine sogenannte "Nacherfüllung" gewährt werden, um den Mangel beheben zu können. Verweigert der Käufer die Untersuchung des Fahrzeuges, kann der Händler die behaupteten Mängel nicht überprüfen. Handelt es sich bei dem bemängelten Auto um ein Leasingfahrzeug, so dürfen laut den Rechtsexperten der ARAG aufgrund von Mängeln nicht die Leasingraten eigenmächtig gestoppt werden, stattdessen muss der Leasingnehmer erst den Lieferanten des Fahrzeugs auf eine Kaufpreisrückzahlung verklagen und diesen Prozess gewinnen.(Az.: VIII ZR 310/08 und VIII ZR 317/09) Quelle: dpa
Nur teurer Mangel rechtfertigt Kaufrücktritt: Achtung: Je teurer das neugekaufte Fahrzeug, egal ob Sportwagen oder Reisemobil, desto größer muss auch ein Mangel sein, um vom Kaufvertrag wieder zurücktreten zu können. Die Reparaturkosten müssen mehr als ein Prozent des Kaufpreises ausmachen, wie der BGH urteilte. (Az. VIII ZR 202/10) Quelle: AP
Bei Anschlussgarantie gelten Wartungsvorschriften nicht: Wer den Garantiezeitraum für sein Auto beim Fahrzeughersteller kostenpflichtig verlängert, muss nicht zwangsläufig auch noch die speziellen Wartungsintervalle einhalten. Entsprechende Klauseln sind nach Ansicht des BGH unzulässig. Kommt es zu einem Defekt, der unabhängig von der regelmäßigen Wartung auch eingetreten wäre, greift die sogenannte Anschlussgarantie – und der Hersteller muss für die Reparaturkosten aufkommen. (Az. VIII ZR 293/10) Quelle: AP
Keine Auto-Rückgabe bei 8% Mehrverbrauch: Verbraucht ein Neuwagen im Alltagsbetrieb auch unter Optimalbedingungen gut acht Prozent mehr Sprit als vom Hersteller angegeben, gilt dies zwar als Mangel. Dieser rechtfertigt laut eines Urteils aber nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag. Dazu bedarf es eines Mehrverbrauchs von mindestens 10 Prozent. (Az. I-28 U 12/11) Quelle: dpa
Mehrverbrauch kann ein Rückgabegrund seinLiegt der Kraftstoffverbrauch eines Neuwagens mehr als zehn Prozent über den Herstellangaben im Verbrauchsprospekt, kann der Autobesitzer wegen Sachmangel vom Kaufvertrag zurücktreten. Das hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden (AZ: 28 U 94/12, 4 O 250/10). In diesem Fall stellt der höhere Verbrauch einen "erheblichen Sachmangel" dar. Der Besitzer eines Renault Scénic Dynamique hatte geklagt, da das Fahrzeug statt der vom Hersteller angegebenen 7,7 Liter auf 100 Kilometern tatsächlich 8,5 Liter verbraucht hat. Das entspricht einem Mehrverbrauch von 10,3 Prozent. In seiner Urteilsbegründung hat das OLG Hamm außerdem zwei Grundsätze bestätigt, die der Bundesgerichtshof in früheren Entscheidungen formuliert hat. Zum einen wüssten verständige Käufer, dass die tatsächlichen Verbrauchswerte wegen der individuellen Fahrweise durchaus von den standardisierten Herstellerangaben abweichen können. Zum anderen dürfen Käufer aber vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn Sachverständige einen Mehrverbrauch feststellen, der die sogenannte Erheblichkeitsschwelle von zehn Prozent übersteigt. Quelle: dpa
Kraft-Angabe muss stimmenStimmt die PS-Angabe im Kaufvertrag nicht, dann ist das gelieferte Fahrzeug nach Auffassung des Gerichts mangelhaft und es handelt sich nicht um eine dem Käufer zumutbare Konstruktionsabweichung. Das Gericht gab mit seinem Urteil der Klage eines Autokäufers auf Rückabwicklung eines Kaufvertrages statt (Aktenzeichen: 23 U 15/11). Der Kläger hatte einen Neuwagen mit einer Motorleistung von 110 PS bestellt. Der gelieferte Wagen des neuen Modells hatte jedoch nur 90 PS. Der Kläger wollte daraufhin den Wagen zurückgeben, was der Händler verweigerte. Denn seiner Ansicht nach lag eine zumutbare Konstruktionsabweichung vor. Das Kammergericht sah die Sache anders: Die Motorleistung sei für die Kaufentscheidung regelmäßig von wesentlicher Bedeutung. Daher dürfe der Kunde bei Abweichungen nicht zum Festhalten am Vertrag gezwungen werden. Quelle: dpa
Fehlende Sicherheitsausstattung bei Reimport ist Sachmangel: Als Sachmangel gilt ein fehlendes Ausstattungsmerkmal wie ESP in einem neu gekauften Auto, selbst wenn es sich dabei um einen Reimport handelt. Diese Fahrzeuge verfügen oft nicht über das gleiche Komfort- und Sicherheitsniveau wie hierzulande angebotene Autos und sind daher oft auch günstiger. Voraussetzung für das Urteil ist allerdings, dass dem Käufer das fehlende Merkmal vor dem Kauf zugesagt wurde.(Az.: 5 O 97/10) Quelle: rtr
Garantie nur am Verkaufsort: Im Zeitalter des Internets werden Fahrzeuge, Autos und Hänger häufig auch an weit entfernten Orten gekauft. Wird eine Garantie eingeräumt, so gilt diese gewöhnlich jedoch nur am Ort des Verkäufers. Ein Käufer kann demnach nicht erwarten, dass das vom Käufer zu reparierende Auto an seinem vom Kaufort weit entfernten Heimatort abgeholt wird. (AZ: 8 U 812/09) Quelle: dpa
Ein paar Jahre darf ein Oldtimer naturgemäß auf dem Buckel haben. Ist er als solcher für die Straße zugelassen, muss er aber auch fahrtüchtig sein.Eine Rostlaube, die nicht mehr fährt, entspricht nicht den Vorgaben eines Oldtimers, der als solcher für den Verkehr zugelassen ist. Dies geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe hervor. Im vorliegenden Fall bekam ein Oldtimer-Käufer Recht, dessen Wagen wegen massiver Durchrostungen an Radhäusern und Innenschwellern nicht fahrbereit war und deshalb nicht das TÜV-Siegel hätte bekommen dürfen (Aktenzeichen: VIII ZR 172/12 - Urteil vom 13. März 2013). Der BGH hob ein Urteil des Oberlandesgerichtes Hamm auf und wies den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück. Das Gericht muss noch Feststellungen zur Schadenshöhe treffen. Der Kläger hatte von einer Autohändlerin 2005 für 17.900 Euro einen Oldtimer (Daimler Benz 280 SE) erworben. Bei der dem Kaufvertrag zugrundeliegenden "Verbindlichen Bestellung" war die "positive Begutachtung nach § 21c StVZO (Oldtimer) im Original" aufgeführt worden. Tatsächlich bescheinigte ein Gutachter aber zwei Jahre später massive Korrosionsschäden, die nicht fachgemäß repariert und durch starken Auftrag von Unterbodenschutz kaschiert worden seien. Der Kläger verlangte daraufhin die Erstattung der - nach seiner Behauptung - für die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Oldtimers erforderlichen Kosten in Höhe von 34.344,75 Euro. Quelle: REUTERS
Verkäufer muss auf Chiptuning hinweisenChiptuning kann Mängel am Auto verursachen. Deshalb muss der Verkäufer eines getunten Fahrzeugs den Käufer auch dann auf die Modifizierung hinweisen, wenn der Chip wieder entfernt wurde, wie das Oberlandesgericht Hamm entschieden hat. Zum Beispiel könnten Motor und Getriebe schneller verschleißen, da sie nach einer Leistungssteigerung höheren Belastungen ausgesetzt seien, erklärte das Gericht (Aktenzeichen: I-28 U 186/10). Dies wäre ein Mangel, mit dem ein Käufer nicht rechnen muss. Im dem Fall hatte ein Verkäufer nicht darüber informiert, dass ein Pkw rund 60 000 Kilometer mit einem Tuningchip in der Motorsteuerung gefahren wurde. Neun Monate nach dem Kauf ging der Motor kaputt. Der Käufer konnte zwar nicht nachweisen, dass das Chiptuning die Schadensursache war, doch das musste er nach Ansicht der Richter auch nicht: Die frühere und dem Käufer verschwiegene Leistungssteigerung allein rechtfertige einen Kaufrücktritt. Der neue Fahrzeugbesitzer konnte den Wagen zurückgeben. Allerdings wurde der Wertverlust aufgrund der von ihm gefahrenen Kilometer verrechnet. Quelle: REUTERS
Streit um die UmweltplaketteWer einen Gebrauchtwagen mit einer Umweltplakette kauft, kann das Fahrzeug nicht zurückgeben, wenn es den Aufkleber bei der Ummeldung nicht wieder bekommt. Das geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe hervor. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Verkäufer eine Gewährleistung ausgeschlossen hat (Aktenzeichen: VIII ZR 186/12). Geklagt hatte die Käuferin eines Wohnmobils, die das Gefährt im Januar 2011 mit einer gelben Plakette erworben hatte. Der Verkäufer hatte damals angegeben, der Aufkleber sei schon da gewesen, als er das Fahrzeug gekauft habe. Bei der Ummeldung auf die Klägerin bekam das Wohnmobil die Plakette dann allerdings nicht noch einmal. Die Frau wollte daraufhin vom Kaufvertrag zurücktreten - scheiterte aber in mehreren Instanzen. Auch beim BGH hatte sie keinen Erfolg. Grund ist eine Klausel im Vertrag. Darin heißt es: "Für das Fahrzeug besteht keine Garantie." Nach Auffassung des Gerichts wird mit der Formulierung "die Gewährleistung wirksam ausgeschlossen." Quelle: AP
Vorsicht bei Eigenleistung!Wer einen Gebrauchtwagen kauft und erst nach der eigenen Reparatur eines Mangels die Rücknahme verlangt, hat keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages. Das entschied das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht. Der Kläger hatte ein gebrauchtes Auto im Internet ersteigert. Der Verkäufer hatte Garantie und Rücknahme ausgeschlossen und auf defekte Glühkerzen hingewiesen. Er entdeckte nach dem Kauf ein fachwidrig aufgebohrtes Glühkerzen-Gewinde, beseitigte den Mangel und wollte acht Monate danach vom Kauf zurücktreten. Laut Gericht war das Auto zu diesem Zeitpunkt nicht mangelhaft, da der Mangel schon behoben war. Auch Reparaturkosten könne der Kläger nicht zurückverlangen, da der Verkäufer eine Gewährleistung wirksam ausgeschlossen habe (Az. 3 U 22/12). Quelle: dpa
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