Verbraucherschutz Die neuen Pflichten der Honorarberater

Ein neues Gesetz soll die Honoraranlageberatung stärken und sie als Alternative zur Beratung auf Provisionsbasis etablieren. Verbraucherschützer sind skeptisch: Sie bezweifeln, dass das Gesetz wirklich weit genug geht.

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Handschlag zwischen Kunde und Berater: Oft folgt die Beschwerde. Quelle: dpa

Düsseldorf Wenn es nach Dorothea Mohn geht, gehören Provisionen für Anlageberater generell abgeschafft. „Ich denke, dass das die Beratungsqualität sehr verbessert würde“, sagt die Finanzexpertin des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv). „Ziel sollte es sein, vom provisionsbasierenden Verkauf zu einer unabhängigen Beratung zu kommen.“

Zumindest ihrem Ziel einer unabhängigen Beratung ist der vzbv einen Schritt näher gekommen: Anfang August tritt ein neues Gesetz in Kraft, das eine rechtliche Grundlage für Honorarberatungen schafft, das sogenannte Honoraranlageberatungsgesetz.

„Die Erfahrung hat gezeigt: Provisionsbasierte Beratung kann Fehlanreize setzen“, erklärte das Bundesfinanzministeriums bereits Ende 2012. „Anleger wurden oftmals schlecht beraten und Risiken bestimmter Produkte verschleiert.“ Das neue Gesetz stärke eine unabhängige Beratung durch Honorar-Berater, da diese keine Provisionen einbehalten dürfen. Stattdessen werden sie vom Kunden direkt für ihre Leistungen bezahlt.

Die Bundesregierung will damit Berater, die mit einem Honorar durch den Kunden vergütet werden, fördern. Dadurch sollen Honorarberatungen als Alternative zur Beratung auf Provisionsbasis vorangetrieben werden. Durch das neue Gesetz ist nun auch das Berufsbild des Honorar-Beraters gesetzlich definiert.

Dorothea Mohn vom vzbv hat drei Jahre lang für das Gesetz gekämpft. Sie sagt, sie freue sich, dass es das Gesetz nun gebe, aber mit dem Ergebnis ist sie unzufrieden: „Es ist handwerklich nicht gut umgesetzt.“ Tatsächlich gilt das neue Gesetz nicht für alle Finanzprodukte, sondern lediglich für Wertpapiere und Vermögensanlagen. Andere Kapitalanlagen wie Versicherungen, Bausparpläne oder Spareinlagen sind davon ausgenommen.

Der Finanzexpertin geht die gesetzliche Regelung daher am Kern der Honorarberatung vorbei. „Honorar-Berater müssen in der Lage sein unabhängige Konzepte für eine vollumfängliche Finanzplanung ihrer Kunden erstellen“, sagt die Finanzexpertin. „Die Beratung muss aus einem Guss sein. Deshalb muss ein Honorarberater zu allen Finanzprodukten provisionsfrei beraten.“


Das neue Gesetz ist noch nicht ausgereift

Pläne für eine Regelung der anderen Kapitalanlagen gebe es bereits, teilt das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz auf Anfrage mit. „Die Koalition hat sich vorgenommen, das Modell der Honorarberatung auf alle Finanzdienstleistungen auszudehnen“, erklärt Staatssekretär Gerd Billen. „Den Kreditbereich wollen wir bei der Umsetzung der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie in Angriff nehmen.“ Der Gesetzesentwurf werde noch im Sommer vorgelegt.

Im Versicherungsbereich, also auch bei den Kapitallebensversicherungen, ist der Versicherungsberater bereits gesetzlich geregelt – ihm ist es allerdings verboten, passende Versicherungsverträge zu vermitteln. Hier warte das Ministerium derzeit noch die Novellierung der EU-Versicherungsvermittlerrichtlinien ab.

Unklar bleibt zudem, wie viel ein Honorar-Berater abrechnen kann. Eine Gebührenordnung, wie es sie beispielsweise für Rechtsanwälte gibt, ist nicht festgelegt. In der Regel würde rund 150 Euro pro Stunde abgerechnet werden, sagt Dorothea Mohn. „Das klingt erst mal nach viel, aber letztlich erhält man dadurch eine unabhängige Beratung und meist ist das gegenüber der Provisionsberatung günstiger.“

Sie gibt ein vereinfachtes Beispiel: Wenn ein Anleger 10.000 Euro bei zehnjähriger Laufzeit in einen Investmentfonds investiert, so erhält der Berater, der auf Provisionsbasis arbeitet, fünf Prozent Provision, also 500 Euro, vom Produktanbieter. Dazu kommen Rückvergütungen und Verwaltungsgebühren. Insgesamt kassiert ein Berater auf Provisionsbasis für den Verkauf des Produkts dann rund 1.500 Euro. Lässt der Anleger sich hingegen von einem Honorar-Berater beraten, so berechnet dieser für drei Stunden Beratungszeit beispielsweise 450 Euro. „Der Verbraucher muss zwar den Honorar-Berater selbst zahlen“, erklärt Mohn. „Aber wer sich für eine Beratung auf Provisionsbasis entscheidet, erhält häufig schlecht und unpassende Anlageempfehlungen.“


Schwierige Umstellung

Das bestätigt auch Kathrin Kleinjung vom Berufsverband deutscher Honorarberater: „Bankberater sind in der Regel Verkäufer, die von Provisionen leben“, erklärt sie. „Ein Honorarberater hat dagegen kein Interesse am Verkauf eines bestimmten Produkts, weil er vom Kunden bezahlt wird.“

Ihre Mitglieder müssten nachweisen, dass sie erfahren und kompetent in der Finanz- und Versicherungsberatung seien, heißt es von Seiten des Berufsverbands deutscher Honorarberater. Dazu gehöre ein abgeschlossenes betriebswirtschaftliches Studium oder eine entsprechende IHK Ausbildung, das der Gesetzgeber generell von freien Beratern fordert. Darüber hinaus müssen die Mitglieder den Kodex des Verbandes anerkennen.

Die Kreditinstitute sehen die strikte Trennung von Honorarberatung und Beratung auf Honorarbasis durch das neue Gesetz kritisch. Dies werde in der Praxis kleinere und mittlere Kreditinstitute aufgrund mangelnder Ressourcen zu einer Entscheidung „entweder – oder“ zwingen, heißt es von Seiten der Deutschen Kreditwirtschaft. „Wenn ich nur zwei Berater habe, ist das in der Praxis ein Problem, zum Beispiel bei Urlaub oder Krankheit“, sagt Patrick Arora vom Bundesverband deutscher Banken (BdB).

Dafür hat auch vzbv Finanzexpertin Mohn Verständnis: „Es ist nachvollziehbar, dass diese Umstellung schwierig ist“, sagt sie. „Die Beratung kann nur funktionieren, wenn man sich als Berater für ein Modell entscheidet.“

Die Banken und Sparkassen haben daher eher ein geringes Interesse auf Honorar-Basis zu arbeiten. Der BdB teilt mit, die Banken prüften die Honoraranlageberatung – derzeit scheine das Interesse aber nicht so groß zu sein. Für die Breite des Marktes werde die Vermittlung auf Provisionsbasis bevorzugt, erklärt der Deutsche Sparkassen- und Giroverband. Auch der Bundesverband Deutscher Volksbanken und Raiffeisenbanken erklärt, in der genossenschaftlichen Bankengruppe seien gegenwärtig keine Tendenzen absehbar, die auf eine organisatorische Umstellung der Kundenberatung auf eine Honoraranlageberatung hindeute.


Diese Pflichten haben Honorarberater

Die Reaktionen der Banken überrascht nicht. Nach dem neuen Gesetz dürfen Honorar-Berater ihre Empfehlung nur auf eine hinreichende Anzahl von am Markt angebotenen Finanzinstrumente stützen. Diese müssen hinsichtlich ihrer Art und ihres Anbieters oder Emittenten hinreichend gestreut sein. Außerdem dürfen sie nicht auf solche Anbieter beschränkt sein, die zum Wertpapierdienstleistungsunternehmen in einer engen Verbindung stehen.

Nach dem neuen Gesetz sind Honorar-Berater nun verpflichtet, Empfehlungen auf einen hinreichenden Marktüberblick zu stützen. Auch hier sieht Dorothea Mohn vom vzbv Nachholbedarf in der Gesetzgebung: „Diese Verpflichtung muss unbedingt konkretisiert werden“, sagt sie. „Denn es kommt nicht auf die Menge möglicher Produkte an, sondern auf deren Qualität.“

Der Erfolg des Gesetzes hänge nun auch vom Verbraucher ab, sagt Mohn vom vzbv. „Derzeit nehmen noch nicht sehr viele Kunden Honorar-Berater in Anspruch.“ Das zeigt sich auch in der Beraterstruktur: So hat der Berufsverband deutscher Honorarberater rund 1.500 Mitglieder – ihnen stehen fast 200.000 Anlagevermittler und –berater entgegen, die überwiegend auf Provisionsbasis arbeiten.

Verbraucherschützerin Mohn erwartet aber, dass nun Bewegung in die Berater-Zunft kommt. Davon geht auch Kathrin Kleinjung vom Berufsverband deutscher Honorarberater aus: „Das dominierende Provisionsmodell gerät auch in Deutschland immer mehr unter Druck.“ Der Bundesverband Deutscher Volksbanken und Raiffeisenbanken ist da eher skeptisch: „Es bleibt abzuwarten, ob sich die Beratung gegen Honorar im deutschen Markt überhaupt etablieren wird.“

Mit Material von dpa

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