Verkehrsregeln Tempo 30 in der Stadt, jetzt!

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Digitaler Tempowächter sorgt für Disziplin

Weil es naturgemäß keiner aushält, gefühlt so langsam zu fahren, muss der Bordcomputer das Limit überwachen. Selbstdisziplin funktioniert an dieser Stelle nicht, selbst der sonst so souveräne Sagenheld Odysseus ließ sich an den Schiffsmast binden, weil er sich seiner mangelnden Selbstkontrolle in bestimmten Situationen bewusst war.

Zurück in die Gegenwart: Sobald das Navigationssystem feststellt, dass sich das Fahrzeug in einer geschlossenen Ortschaft befindet, wird jeder Versuch einer Beschleunigung über die gesetzliche Geschwindigkeitsgrenze hinaus automatisch herunter geregelt. Technisch lässt sich das schon jetzt umsetzen, anders als das vollautonome Computerfahrzeug, dessen Realisierung sicher noch viele Jahre dauert.

Was Raser wissen müssen

Manche Autos haben das digitale Tempolimit übrigens schon heute eingebaut. Ob der Systemadministrator den Regler auf 50 oder 30 stellt oder stellen muss, ist beim aktuellen Stand der Technik nur noch eine juristische Frage. Der digitale Geschwindigkeitswächter sollte schnellstmöglich für jedes Fahrzeug Pflicht werden und nicht durch den Fahrer abgeschaltet werden dürfen.

Zugegeben, das ist Zwang. Von dem hätten am Ende aber alle etwas, nicht nur verängstigte Fußgänger und Radfahrer. Sollte diese strenge Maßnahme an den Hürden der Verfassung scheitern – eine Frage, die Juristen klären müssen – lässt sich über Alternativen nachdenken. Ob die Verfassung allerdings ein Recht auf schnelles Fahren gewährleistet, ist zu bezweifeln.

Dem konservativsten Minister im Kabinett, Alexander Dobrindt, werden linke Ideen zum Verhängnis. Ohnehin läuft es für den Verkehrsminister nicht gut.
von Christian Schlesiger

Ersatzweise oder unterstützend könnten anreiz- und marktgesteuerte Maßnahmen zum Einsatz kommen. So sind Steuerprivilegien für die mit einem digitalen Tempowächter ausgestatteten Fahrzeuge denkbar oder saftige Rabatte bei der Kfz-Versicherung. Diese allein hätten aber nicht die Breitenwirkung eines flächendeckenden und verbindlichen Limits. Wer es sich leisten kann, wäre dann immer noch schneller unterwegs als der sparsamere Rest.

Unter einem wirksam durchgesetzten Tempolimit fahren die Autos zwar langsamer, kommen aber früher an. Wenn alle mit gleicher Geschwindigkeit unterwegs sind, gibt es keine Staus, wie Verkehrsforscher uns immer wieder zu erklären versuchen. Ein einheitliches Limit verhindert ganz nebenbei auch die Verdichtung des Verkehrs durch Überholen und überflüssige Spurwechsel. Lassen wir uns doch einfach mal dazu zwingen!

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