Verspätete Steuerzahlungen Wann das Finanzamt sechs Prozent Zinsen zahlt

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Im Nullzinsumfeld hohe Rendite

Steuerzahler, denen Nachzahlungen an das Finanzamt ins Haus stehen, dürften sich über die Zinssatzhalbierung also freuen, sie zahlen künftig weniger. "Steuerzahler, denen auf Steuernachzahlungen Zinsen von sechs Prozent per anno vom Finanzamt aufgeschlagen werden, raten wir dringend mit Verweis auf die laufenden Verfahren zum Einspruch gegen ihren Steuerbescheid“, empfiehlt BdSt-Steuerexpertin Klocke. „Sie sollten das Ruhen des Verfahrens beantragen, bis die Verfassungsmäßigkeit des hohen Fiskalzinses in den Musterverfahren geklärt ist. So wahren sie ihre Chancen auf Rückerstattung zu viel gezahlter Zinsen.“

Andererseits: Seitdem festverzinsliche Wertpapiere, Sparbücher, Tages- und Festgeldkonten kaum noch Zinserträge einbringen, schauen Anleger und Kreditgeber neidisch auf den hohen Zinssatz vom Finanzamt. Einige Ratgeber legen ihren Lesern sogar nahe, durch hohe Steuervorauszahlungen und verzögerte Steuerbescheide diese sechs Prozent als Geldanlage zu nutzen. Denn wer seine Steuerschuld bereits bezahlt hat, aber mit einer Steuerrückzahlung rechnen kann, leiht dem Staat im Grunde Geld, wofür er eine marktübliche Verzinsung erwarten kann.

Heute liegen die höchsten Zinsen am Markt für Festgeld mit bis zu vier Jahren Laufzeit und für 10.000 Euro Anlagesumme bei maximal 1,76 Prozent, oft liegen sie nur um 1,0 bis 1,1 Prozent. Die Rendite beträgt so nach vier Jahren also maximal 723 Euro. Bei sechs Prozent läge sie bereits bei 2625 Euro. Aber die wird ein Steuerpflichtiger so nie bekommen.

In der Praxis als Anlageform untauglich

Der Haken: Die Idee ist nicht einfach in die Praxis umzusetzen. Denn wie lange das Finanzamt für einen Steuerbescheid benötigt, ist nicht hinreichend genau planbar. Außerdem verzinst der Fiskus Steuerrückzahlungen auch nur unter bestimmten Voraussetzungen und nach untypischen Berechnungsmethoden.

Zum einen berechnet der Staat keinen Zinseszinseffekt, sondern kalkuliert stur für jeden Monat 0,5 Prozent der ursprünglichen Summe. Zum anderen zahlt das Finanzamt die sechs Prozent erst ab dem 15. Monat nach dem Ende des fraglichen Steuerjahres, also ab dem April des Folgejahres. Dauert es bis zur Steuerrückzahlung vier Jahre, hat der Steuerzahler also nur einen Anspruch auf Verzinsung für 33 der 48 Monate, anders ausgedrückt bekommt er 16,5 Prozent statt 24 Prozent Zinsaufschlag. Unter dem Strich wären das also 1650 Euro. Immerhin noch mehr als das Doppelte von dem, was ein Festgeldkonto aktuell abwerfen würde.

Die Zinserträge sind aber auch ebenso zu versteuern, also nach Ausschöpfung des Freibetrags (801 Euro im Jahr, zusammen veranlagte Paare 1602 Euro) mit 25 Prozent - plus Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer.

Besonders häufig sind Unternehmen nach Betriebsprüfungen vom Fiskalzins betroffen, da diese oft erst zwei oder drei Jahre nach Ablauf des Geschäftsjahres stattfinden. Zuletzt waren auch Rentner häufiger zur Zahlung von Zinsen an das Finanzamt verpflichtet, weil ihnen über Jahre nicht klar war, dass ihre Rente inzwischen steuerpflichtig ist und sie entsprechend Steuererklärungen für mehrere Jahre nachreichen mussten.

Mit Material von dpa

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