Jedes Jahr die gleiche mühsame Prozedur: Wenige Tage vor Ablauf der Abgabefrist am 31. Mai quälen sich die Steuerzahler an ihren Schreibtisch, um Belege zu sortieren, Kopien zu fertigen, Listen zu erstellen und die Formulare vom Finanzamt Schritt für Schritt zu befüllen. Selbst wenn eine Steuerrückerstattung winkt: Spaß macht das kaum jemanden. Schnell verbringen Steuerpflichtige so ein Wochenende übel gelaunt am Schreibtisch.
Warum muss eine Steuererklärung so mühsam und zeitraubend sein? Vor allem bei Steuerzahlern, bei denen sich von Jahr zu Jahr wenig oder gar nichts an den Positionen in der Steuererklärung ändert, gibt es dafür keinen Grund.
Mit rechtzeitiger Vorbereitung und den richtigen Hilfsmitteln geht es tatsächlich auch „quick and dirty“. Eine so erstellte Steuererklärung ist zwar im Hinblick auf eine Steuerrückzahlung nicht optimiert, aber dafür ist die lästige Pflicht im Handumdrehen erledigt.
Wer seine Steuererklärung vor allem vom Tisch haben will und möglichst wenig Zeit investieren möchte, kann zunächst die Vorausgefüllte Steuererklärung (VaSt) des Finanzamts nutzen. Voraussetzung ist allerdings, dass sich der Steuerpflichtige zuvor für dieses Verfahren angemeldet hat. Über die Webseiten für die Elektronische Steuererklärung (Elster) oder mit Hilfe einer Steuersoftware auf dem Computer lässt sich dann der sogenannte Belegabruf durchführen, eine geeignete Steuersoftware übernimmt die Daten anschließend in die Steuerformulare.
Steuererklärung in der Mittagspause
Mit der VaSt sind dann bereits viele wichtige Angaben vorhanden: Stammdaten wie Name, Geburtsdatum, Adresse, Religion, Bankverbindung und so weiter, das vom Arbeitgeber gemeldete Bruttoeinkommen sowie alle anderen Daten auf der Lohnbescheinigung, die Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung, Vorsorgeaufwendungen (Riester- und Rürup-Rente), Rentenbezüge und Lohnersatzleistungen wie beispielsweise Arbeitslosen- oder Elterngeld. Arbeitgeber, Versicherungen und andere Dritte haben immer bis zum 28. Februar Zeit, um diese Daten für das Vorjahr an das Finanzamt zu melden. Der Belegabruf ist daher meist erst Mitte März vollständig möglich.
Die Vorausgefüllte Steuererklärung ist eine Erfolgsgeschichte. Es gibt sie erst seit 2014 – und vor allem Steuerberater nutzen sie häufig. Von den 27 Millionen Steuererklärungen im Jahr 2016 erfolgen 21 Millionen via Elster. 5,5 Millionen Steuerzahler nutzen dabei bereits die VaSt – nur drei Jahre nach der Einführung und einer höchst umständlichen Anmeldeprozedur zum Trotz.
Wer muss eine Einkommensteuererklärung machen?
Alleinstehende Arbeitnehmer, die nur bei einem Arbeitgeber beschäftigt sind, müssen in der Regel keine Steuererklärung abgeben. Das ändert sich, wenn ...
- wenn Nebeneinkünfte von mehr als 410 Euro pro Jahr erzielt wurden.
- der Arbeitnehmer bei mehreren Arbeitgebern gleichzeitig beschäftigt ist oder war.
- keine Einkünfte aus einer Arbeitnehmertätigkeit mit Lohnabzug erzielt wurden, aber der Gesamtbetrag der Einkünfte bei einem Ledigen im Jahr 2016 beispielsweise durch eine Rente über 8.652 Euro liegt.
- Lohnersatzleistungen wie beispielsweise Arbeitslosen- und Elterngeld über 410 Euro pro Jahr bezogen wurden.
- auf der Lohnsteuerkarte ein Freibetrag eingetragen wurde (– beispielsweise ein Freibetrag für Werbungskosten) und der Arbeitslohn über11.000 Euro liegt (20.900 Euro für zusammen veranlagte Ehegatten)
- der Arbeitnehmer verheiratet ist und einer der Ehegatten nach der Steuerklasse V oder VI besteuert wurde.
- der Arbeitnehmer verheiratet ist und die Ehegatten nach dem sogenannten Faktorverfahren besteuert wurde.
- der Arbeitnehmer nacheinander bei verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt war und ein Arbeitgeber einen sonstigen Bezug (beispielsweise Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder Abfindungen) versteuert hat, bei dem der Arbeitslohn beim anderen Arbeitgeber nicht mit einbezogen wurde.
- der Arbeitnehmer geschieden wurde – oder der Ehegatte gestorben ist – und er im gleichen Jahr wieder geheiratet hat.
- zum Ende des Vorjahres ein sogenannter Verlustvortag festgestellt wurde – beispielsweise Verluste aus Vermietung und Verpachtung.
„Viele Berater in den Lohnsteuerhilfevereinen nutzen bereits die sogenannte ‚Vorausgefüllte Steuererklärung‘ zur Erstellung der Steuererklärung für ihre Mitglieder“, sagt Rechtsanwalt Erich Nöll, Geschäftsführer beim Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine (BVL). „Das erleichtert die Kontrolle der Daten und damit die Kommunikation mit den Finanzämtern. Das hilft sehr bei der täglichen Arbeit.“
Die Vorteile kann auch jeder nutzen, die seine Steuererklärung selbst macht. Theoretisch hat der Steuerzahler nach Abruf der Daten und Übernahme in die Steuerformulare bereits eine rudimentäre Steuererklärung, die er via Elster elektronisch oder ausgedruckt und unterschrieben an sein Finanzamt schicken kann. So ließe sich die Steuererklärung theoretisch auch in der Mittagspause erledigen. Das allerdings wäre leichtfertig, denn es fehlen noch viele Einträge, die die Steuerlast senken können. Zudem müssen die abgerufenen Daten unbedingt vor Abgabe der Steuererklärung auf Richtigkeit geprüft und wo nötig geändert werden. Der Steuerpflichtige kann Daten vom Finanzamt dann einfach ändern.
Steuersenkende Angaben fehlen noch
„Die Berater in den Lohnsteuerhilfevereinen kontrollieren diese Daten selbstverständlich zuvor und ergänzen sie um weitere Daten, die die Steuerlast mindern, sprich um Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen oder haushaltsnahe Dienstleistungen“, erklärt Nöll die Vorgehensweise der Steuerprofis. „Zwar sind die Daten der Dritten (Arbeitgeber, Rentenversicherungsträger etc.) in der Regel richtig, ich würde sagen, zu fast 90 Prozent, dennoch dürfen sie nicht ungeprüft übernommen werden. Mit dem Abruf gelten sie als vom Steuerpflichtigen erklärt mit allen Konsequenzen bis hin zur Steuerhinterziehung, wenn die Daten unrichtig sind. Eine Kontrolle ist also zwingend notwendig.“