US-Banken Stresstest: Erleichterung in der Finanzwelt

Die Ergebnisse des Stresstests der US-Regierung liegen auf dem Tisch. Demnach müssen zehn von 19 großen US-Banken ihre Kapitalreserven um 74,6 Mrd. Dollar aufstocken. Nach den Worten von Fed-Chef Ben Bernanke ein beruhigendes Ergebnis - das sehen Analysten auch so. Und Morgan Stanley hat offenbar schon einen Plan, wie die Stresstest-Lücke gefüllt werden soll.

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Quelle: handelsblatt.com

HB WASHINGTON. Erleichterung in der US-Finanzwelt: Die größten US-Banken brauchen dem staatlichen Branchen-Belastungstest zufolge deutlich geringere Finanzspritzen als befürchtet. Zehn von 19 US-Großbanken benötigen dem Stresstest der US-Regierung zufolge Kapital in Höhe von insgesamt rund 75 Mrd. Dollar. Wie die Regierung am Donnerstagabend nach Börsenschluss bei Vorlage der Ergebnisse bekanntgab, muss die Bank of America ihr Finanzpolster mit 33,9 Mrd. Dollar am deutlichsten aufbessern. Ihr folgen Well Fargo mit 13,7 Mrd. Dollar und GMAC mit 11,5 Mrd. Dollar. Bei der Citigroup veranschlagten die Prüfer unter Federführung der US-Notenbank Federal Reserve einen Kapitalbedarf von 5,5 Mrd. Dollar. Die Zahlen decken sich in etwa mit den Zahlen, die in den vergangenen Tagen schon durchgesickert waren. Die US-Regierung hofft vor allem, mit Vorlage der Ergebnisse Klarheit zu schaffen und das Vertrauen in den Finanzmarkt wiederherzustellen, um einen Ausweg aus der tiefsten Rezession seit Jahrzehnten zu finden.

An der Börse kamen die Ergebnisse des Stress-Tests zunächst gut an: nachbörslich legten die Kurse zu. Einige der betroffenen Banken reagierten umgehend mit der Bekanntgabe von Plänen für eine Kapitalerhöhung. So kündigte die Bank of America an, die Finanzlücke mit der Ausgabe neuer Aktien schließen zu wollen. Auch die Citigroup will sich die offenstehenden 5,5 Mrd. Dollar am Aktienmarkt beschaffen.

Der Gesamtbedarf der Banken fiel indes niedriger aus als von einigen Analysten angenommen. "Die Überraschung besteht nicht in der Größe der Ausfälle", erklärte Andy Busch von BMO Capital Markets in Chicago. "Wichtiger ist der Umstand, dass die Banken sich umgehend um eine Kapitalerhöhung am Markt bemühen, damit sie die Löcher stopfen können." Die Geldhäuser könnten nach Meinung des Analysten mit dem Plan richtig liegen: "Nach der Rally am Markt könnte es der beste Moment dafür sein."

In den vergangenen Tagen hatten die Aktien vieler Großbanken an der Wall Street kräftige Gewinne verzeichnet. Eric Kuby von North Star Investment äußerte sich wie viele Analysten wenig überrascht über die Ergebnisse: "Die Angst vor einer Verstaatlichung oder einem Bankrott hat sich mehr oder weniger aufgelöst", sagte er. Die Aufmerksamkeit für die Stress-Tests sei aber deshalb so groß gewesen, weil die Pleite einer Großbank Schockwellen durch die Gesamtwirtschaft gesandt hätte. Investoren sollten daraus aber noch nicht schließen, dass Bankentitel nun eine großartige Kaufoption seien, meinte Kuby.

Die US-Bank Morgan Stanley will die eigene Stresstest-Lücke durch eine Anleihe füllen. Und die kommt offenbar gut an. Die drei Milliarden Dollar schwere Anleihe der Investmentbank stößt nach Informationen aus Finanzkreisen auf hohe Nachfrage. Die Emission sei mehrfach überzeichnet, hieß es am späten Donnerstagabend in New York. Die Bank hatte zuvor angekündigt, über die Ausgabe einer Anleihe drei Mrd. Dollar einsammeln zu wollen.

Zudem sollen Aktien für zwei Milliarden Dollar platziert werden. Mit den fünf Mrd. Dollar will Morgan Stanley die beim Stresstest für die Bank festgestellte Kapitallücke von knapp zwei Milliarden Dollar füllen. Zudem will die Bank die bisher erhaltenen Staatshilfen in Höhe von zehn Mrd. Dollar so schnell wie möglich zurückzahlen.

Mit der Veröffentlichung der Ergebnisse wird zugleich eine deutliche Grenze gezogen zwischen jenen Geldhäusern, die robust durch die Finanzkrise gekommen sind, und solchen, die nun als schwächer wahrgenommen werden könnten. So überstanden etwa JPMorgan, Goldman Sachs und American Express den Test ohne weitere staatliche Auflagen.

Mehr als 150 Regierungsangehörige haben geprüft, wie die Bilanz von 19 US-Großbanken aussähe, falls sich die Wirtschaftskrise nochmals verschärfen sollte. Stellten sie fest, dass ein Institut nicht genügend Polster hat, um "seine zentrale Rolle in der Volkswirtschaft zu erfüllen" - also Geld an Firmen und Verbraucher zu verleihen -, hat es ein halbes Jahr Zeit, Geld aufzutreiben. Die Regierung hat der Branche bereits mit Hunderten Mrd. Dollar unter die Arme gegriffen.

Stichwort "Stress-Test"

Die Tests

- Die Tests liefen seit Februar. Die Ergebnisse wurden zunächst den betroffenen Banken und am Donnerstag zumindest in Auszügen der Öffentlichkeit vorgestellt.

- Die Prüfer sind: Notenbank, Einlagensicherung FDIC, die Bankenaufsicht für landesweit tätige und ausländische Banken sowie die Sparkassenaufsicht.

- Die Tests berücksichtigen alle potenziellen Verluste der Banken in den kommenden zwei Jahren, darunter auch die Risiken des Wertpapier-Portfolios, der nicht in der Bilanz verzeichneten Verpflichtungen und eventuelle andere Verbindlichkeiten.

- Die Lage der Banken wird unter zwei Szenarien geprüft: Das sogenannte Ausgangsszenario basiert auf den aktuellen Krisenprognosen, das zweite Szenario geht von einer negativeren Entwicklung aus - einer längeren und schlimmeren Rezession.

- Die Banken legen Prognosen zu ihren internen Ressourcen vor. Dazu zählen vorläufige Schätzungen für die Netto-Einnahmen und potenzielle Abschreibungen auf Kreditverträge.

- Die Prüfer stellen fest, ob das Institut genug Polster hat, "seine zentrale Rolle in der Volkswirtschaft zu erfüllen".

Die Szenarien

- Das Ausgangsszenario geht von einer Schrumpfung der größten Volkswirtschaft von zwei Prozent 2009 aus, bei einer zügigen Erholung 2010 und einem Wachstum von dann 2,1 Prozent. Die Arbeitslosenrate wird hier auf 8,4 Prozent in diesem Jahr und 8,8 Prozent im kommenden Jahr geschätzt. Bei den Hauspreisen wird 2009 ein Rückgang von 14 Prozent und 2010 um weitere vier Prozent erwartet.

- Die Rahmendaten im Szenario einer negativeren Entwicklung sind: BIP-Minus von 3,3 Prozent 2009, Wachstum von 0,5 Prozent 2010, Arbeitslosenquote bis zu 8,9 Prozent 2009 und bis zu 10,3 Prozent 2010, Häuserpreise minus 22 Prozent 2008 und weitere minus sieben Prozent 2010.

Das Kapitalprogramm CAP

- Nachdem die Prüfer den Kapitalbedarf festgestellt haben, hat die Bank ein halbes Jahr lang Zeit, privat Geld aufzutreiben. Gelingt dies nicht, kann sie sich am CAP-Programm der Regierung beteiligen.

- Das CAP sieht keine Obergrenze für Kapitalhilfen vor.

- CAP-Kapital wird in Form von abgesicherten Wertpapieren gestellt, die zu einem zehnprozentigen Abschlag auf den Kurs vor dem 9. Februar in Stammaktien umgewandelt werden können.

- An die CAP-Wertpapiere ist eine Dividende von neun Prozent geknüpft. Der Staat hat das Recht zur Umwandlung, wann immer es ihm beliebt. Nach sieben Jahren werden die Papiere automatisch in Stammaktien umgewandelt.

-Die Banken können Vorzugsaktien aus dem bisherigen Hilfsprogramm CPP in CAP-Papiere umtauschen.

- Wer das CAP nutzt, muss Managerentgelte einschränken, Auskunft über die Verwendung des Geldes geben, die Kreditvergabe offen legen und ist bei Dividenden und Übernahmen begrenzt.

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