Versicherungskonzern Neue Allianz-Bank für alte Dresdner-Kunden

Bankgeschäft ade? Nicht ganz. Nach dem Verkauf der Dresdner Bank wagt der Versicherungsriese einen skurrilen neuen Anlauf mit der Allianz-Bank - allerdings deutlich bescheidener.

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Fahnen der Allianz AG in Quelle: dpa

Etwas Grün ist noch da. Doch der Rahmen am Glasvorbau der Allianz-Agentur in der trostlosen Häuseransammlung Gründau-Lieblos, 30 Kilometer östlich der Frankfurter Finanztürme, ist inzwischen leer. Bis Anfang des Jahres hingen hier Werbeplakate der Dresdner Bank. Die gehört jetzt zur Commerzbank. Geblieben sind neben der Traditionsfarbe auch Geldautomat und Überweisungsterminal. An der Glastür klärt ein ausgedruckter Zettel in Klarsichtfolie die Kunden darüber auf, dass sie hier nun eine Filiale der Allianz-Bank betreten.

Drinnen reagieren die beiden Versicherungsberater zunächst überrascht, dass sich jemand nach den Angeboten der Bank erkundigt. Mehr als ein Faltblatt haben sie erst einmal nicht da, eine Beratung zu den Bankprodukten ist gerade nicht möglich, weil die zuständige Mitarbeiterin in Urlaub ist. „Nach ihrer Rückkehr kommt sie aber auch gerne zu einem ausführlichen Gespräch nach Hause“, heißt es. Überhaupt sei es besser, mit dem Wechsel noch etwas zu warten. Schließlich seien attraktive Produkte aus der Zentrale angekündigt.

350.000 Kunden sind noch da

Es sind unscheinbare Überbleibsel, die vom erfolglosen Ausflug der größten deutschen Versicherung ins Bankgeschäft künden – und vom Neustart unter neuem Namen. Als die Allianz ihre Banktochter im vergangenen August an die Commerzbank losschlug, verabschiedete sie sich nicht komplett aus dem Bankgeschäft. Mit der Oldenburgischen Landesbank (OLB) blieb die Mehrheit an einem stabilen Regionalinstitut mit 400.000 Kunden in der Weser-Ems-Region bei der Versicherung. Viele Kunden sind Landwirte, die über die Bank eine Biogasanlage oder einen Traktor finanzieren.

Von der ländlichen Idylle hat die Allianz nun eine skurril anmutende Brücke ins Finanzzentrum München geschlagen. Denn die Kunden, die die Allianz-Vertreter für die Dresdner Bank einwarben, wollte die Versicherung behalten. Für sie gründete sie die Allianz-Bank als Tochter der OLB und nutzt deren Banklizenz und technische Plattform. Mit bescheidenen 350.000 Kunden wagt sich der Allianz-Ableger nun erneut ins von bereits rund 2.000 Instituten umkämpfte Privatkundengeschäft. Nun gibt es eins mehr.

Experten sind skeptisch

Ob die Welt darauf gewartet hat? Die Allianz-Bank will zunächst vor allem Standardprodukte wie Tages- oder Festgeld absetzen. Mit arg einfallsreichen Slogans, wie „Lassen Sie Ihre Träume wahr werden“, wirbt sie auch für Kredite. Bei diesen Produkten sind die Gewinnspannen gering. Sie lohnen sich eigentlich nur dann, wenn ein entsprechender Klientenstamm da ist. Die großen privaten Konkurrenten haben alle mehrere Millionen Kunden. Und selbst ein erfolgloses Institut wie die schwedische SEB kommt in Deutschland auf eine Million. Weil selbst das zu wenig ist, hat die SEB Ende 2008 den Verkauf des Privatkundengeschäfts angeleiert.

Den Vorstoß aus München betrachten Experten denn auch skeptisch. „Großes Wachstumspotenzial sehe ich nicht“, sagt ein Versicherungsanalyst. Er hält zwar die Idee einer Finanzberatung aus einer Hand grundsätzlich für zukunftsfähig. Doch dass das nun ausgerechnet die Allianz-Bank beweisen kann, ist unwahrscheinlich. Der Bank fehlt ein flächendeckendes Filialnetz. Als Online-Institut mit Kampfkonditionen kann sie sich aber auch kaum profilieren, weil ein Discounter-Image nicht zum Markenauftritt der Allianz passt. Zudem ist fraglich, ob viele Kunden den Versicherungsvertretern große Beratungskompetenz bei Bankprodukten zutrauen. „Mir fällt kein Grund ein, warum jemand zu dieser Bank wechseln sollte“, sagt ein Banker.

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