Verursacher der Finanzkrise Jagd auf Goldman Sachs, Deutsche Bank & Co.

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Josef Ackermann. Der Quelle: dpa

„Es ist zunehmend offenkundig, dass der Hausmarkt-Boom der vergangenen zehn Jahre an sein Ende gekommen ist“, heißt es in Lippmanns Präsentation. „Fast 775 Milliarden Dollar an Subprime-Krediten“ würden „in den kommenden drei Jahren Zahlungsschocks erfahren.“ Die Präsentation enthält auch eine Folie mit dem Titel „Was bedeuten Kreditratings wirklich?“, in der es heißt, dass mit „AAA“ sehr gut bewertete Kredite, je nach Kredit, eine vier bis zehn Mal so hohe Ausfallwahrscheinlichkeit haben könnten wie im Basisszenario der Ratingagenturen. Das bedeutete, dass viele abgesicherte Kredite viel riskanter waren, als es ihr exzellentes Rating vermuten ließ. Die Ratingagenturen ernst zu nehmen kann gefährlich sein.

Der Crash der Subprime-Kredite war 2006 für Marktkenner absehbar, doch noch immer verkauften Investoren wie die IKB mithilfe von Deutscher Bank oder Goldman Sachs den Hedgefonds viel zu billige Versicherungen gegen Wertverluste der Schrottkredite.

„Es ist wahr, dass der Markt das Auslöschungs-Szenario für Subprime-Immobilienkreditpakete nicht einpreist“, schrieb ein Mitarbeiter von Paulsons Hedgefonds im Januar 2007 in einer E-Mail. „Meiner Meinung nach liegt das daran, dass die Ratingagenturen, die Verwalter von komplexen Kreditpaketen und die Banken, die solche Geschäfte betreuen, alle einen Anreiz haben, dass das Spiel weitergeht“, so der Hedgefondsmanager.

Paulson selbst und seine Mitarbeiter sind Schlüsselfiguren in einem Verfahren, das die US-Börsenaufsicht SEC jetzt gegen Goldman Sachs angestrengt hat. SEC-Chefermittler Robert Khuzami hat gegen Goldman eine Klage wegen Wertpapierbetrugs eingereicht.

Brisante E-Mails

Goldman soll Investoren wie der IKB Papiere verkauft haben, die von US-Schrottimmobilien abhängig waren. Dabei soll die Bank verheimlicht haben, dass Hedgefondsmanager John Paulson auf der anderen Seite des Geschäfts stand. Paulson wettete also mithilfe der Bank auf den Kollaps des Subprime-Markts und soll laut Klage auch noch selbst die Papiere ausgesucht haben, die in dem Kreditpaket landeten.

Die SEC-Klageschrift enthält brisante E-Mails von Paulsons Hedgefonds und vom zuständigen Goldman-Mitarbeiter Fabrice Tourre, der sich selbst „der fabelhafte Fab“ nannte. Tourre hatte, wie Lippmann von der Deutschen Bank, der über die dummen Deutschen spottete, kein Problem damit, Kunden ins Verderben zu schicken – solange er daran gut verdiente. Einem Freund schrieb er am 23. Januar 2007, während er das Geschäft mit der IKB vorbereitete: „Mehr und mehr Kredite im System, das gesamte Gebäude steht davor, im nächsten Moment zusammenzubrechen... Nur ein möglicher Überlebender, der fabelhafte Fab, er steht inmitten all dieser komplexen, stark kreditfinanzierten, exotischen Handelsgeschäfte, die er geschaffen hat, ohne unbedingt alle Folgen dieser Monstrositäten zu verstehen!!!“

Die SEC-Klage gegen Goldman

Unmittelbare Folge dieser Monstrositäten war die welterschütternde Finanzkrise. Spätfolgen treffen nun den Arbeitgeber des in der vergangenen Woche beurlaubten Tourre. Goldman-Chef Lloyd Blankfein, ein Händler-Typ wie Tourre, der sein Selbstbewusstsein nur wenig dezenter zu Markte trägt („Wir verrichten Gottes Werk“), hat mit der Klage ein gravierendes Problem am Hals. Erste Analysten forderten bereits seinen Rücktritt, die Goldman-Aktie verlor seit vorvergangenem Freitag 15 Prozent – trotz wieder einmal starker Quartalszahlen. In Gesprächen mit Kunden griff Blankfein die US-Börsenaufsicht bereits scharf an. Die Klage gegen die Bank sei politisch motiviert und werde „Amerika schaden“, berichtete ein von Blankfein angerufener Kunde der „Financial Times“.

Was wirft die SEC Goldman vor?

In der Klage geht es um „Abacus“, ein Paket aus CDOs („Collateralized Debt Obligations“). Diese bestehen wiederum aus CDS, die immer dann einspringen sollten, wenn schwachbrüstige US-Hausbesitzer ihre Immobilienkredite nicht mehr bedienen konnten. In Abacus steckte also vereinfacht gesagt das Risiko aus den Geschäften von Goldman mit Hedgefondsmanager Paulson. Zur Erinnerung: Paulson hatte sich über die von Goldman verkauften CDS eine Versicherung gegen einen Crash des US-Häusermarkts gekauft und so auf diesen Crash gewettet. Weil Goldman das Risiko als Wettpartner von Paulson nicht tragen wollte, gab die Bank CDS-Positionen an Abacus ab. Abacus wiederum landete bei der IKB. Damit versicherten die Rheinländer im Ergebnis also CDS-Käufer Paulson gegen mögliche Zahlungsausfälle bei den Subprime-Krediten.

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