Je mehr Arztrechnungen die Versicherer bezahlen müssen, desto stärker steigen die Beiträge. Weil junge, zumeist gesunde Versicherte in die neuen Unisex-Tarife gehen, vergreisen häufig Tarife, die von den Versicherern nicht mehr aktiv angeboten werden. Folge: Deren Beiträge können sprunghaft ansteigen, teilweise um 20 bis 30 Prozent pro Jahr.
Auch Lothar Taubert aus Maxhütte steckte in einem solchen Tarif mit vielen kranken und damit teuren Versicherten fest. 2012 sollte er 806,36 Euro pro Monat zahlen. Der Zahntechniker im Ruhestand wollte einen günstigeren Tarif. „Auf meine Anfrage bei der Axa nach dem Basistarif, der die gesetzlichen Leistungen abdeckt, bekam ich keine Antwort“, sagt Taubert.
Erst als er sich bei der BaFin beschwerte, meldete sich die Axa: 466,61 Euro pro Monat für den Basistarif. Das war Taubert zu viel. Ein unabhängiger Berater fand für ihn einen Tarif, der mit 337,95 Euro monatlich noch günstiger war als der Basistarif, aber die gleichen Leistungen bot wie sein alter PKV-Vertrag – nur, dass er jetzt bis zu 300 Euro pro Jahr selbst bezahlen muss.
Entscheidungshilfe: Gesetzlich oder privat versichern?
Ja: PKV geht
Nein: Sie dürfen aus gesetzlichen Gründen nicht in die PKV
Ja: spricht für die PKV,
Nein: überlegen Sie es sich zwei Mal - Drin gefangen, drin gehangen
Ja: in der GKV sind ihre Kinder kostenlos mitversichert, in der PKV kosten sie im Schnitt 120 Euro pro Kind und Monat extra
Nein: dann ist die PKV für Sie vermutlich günstiger als die GKV
Ja: GKV übernimmt sie unter Voraussetzungen
Nein: spricht für die PKV, in der Kinderbetreuung nicht als Standardleistung gilt
Ja: diese Leistung übernimmt nur die GKV
Nein: dann kann eine private Krankenversicherung günstiger sein
Ja: davon zahlt die GKV nichts, nur die PKV
Nein: spräche für GKV
Ja: die GKV spart daran, dort bräuchten Sie eine private Zahnzusatzversicherung, bei der PKV brauchen Sie diese in der Regel nicht
Nein: dann reichen die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung aus
Ja: achten Sie auf die Wahl des GKV-Anbieters, einige erstatten auch Akupunktur und andere Verfahren. Oft ist die PKV aber kulanter
Nein: GKV reicht aus
Ja: die GKV zahlt. Die PKV zahlt Krankentagegeld nur, wenn diese Leistung zusätzlich vereinbart und über höhere Beiträge bezahlt wird
Nein: dann spielt dieser Aspekt bei der Entscheidung GKV oder PKV keine Rolle
Ja: das spricht für eine Privatversicherung
Nein: dann genügen die Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse
Ja: Dann ist die PKV kein Problem
Nein: dann ist der Abrechnungsmodus der GKV besser. Sie zahlt sofort.
Alternativtarife
Grundsätzlich sind Krankenversicherer verpflichtet, Alternativtarife anzubieten, wenn die Police zu teuer wird. Sie tun das jedoch ungern, weil sie in neueren Tarifen keine alten, kranken Versicherten wollen – hier sollen ja Neukunden mit günstigen Konditionen gelockt werden.
Wer seinen Tarif wechseln will, sollte hartnäckig bleiben. Bietet der neue Kontrakt Mehrleistungen, muss sich der Versicherte zwar einer Gesundheitsprüfung unterziehen. „Allerdings bezieht sich diese Prüfung nur auf die Mehrleistung“, sagt Nicola Ferrarese, Geschäftsführer von Minerva Kundenrechte, Grünwald. Minerva hilft Versicherten gegen Honorar beim Tarifwechsel.
Wer wieder zurück in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln kann
Zurück in die gesetzliche Kasse dürfen Versicherte, die nicht älter als 55 sind und einige Bedingungen erfüllen (siehe Kurztexte unten).
Angestellte , deren Einkommen unter die Pflichtgrenze von 53.550 Euro brutto fällt
Selbstständige, die sich wieder anstellen lassen und unter 53.550 Euro verdienen
Bezieher von Arbeitslosengeld
Väter und Mütter, die nach der Elternzeit mit einem Teilzeitjob weniger als 53.550 Euro brutto pro Jahr verdienen.
Tarifwechsel möglich
Zu Unrecht verzichteten viele Versicherte wegen der Gesundheitsprüfung auf einen Tarifwechsel, so Ferrarese. In 50 Prozent der von Minerva betreuten Fälle aber verzichte der Versicherer auf einen Risikozuschlag für die Mehrleistung. Bei einem Viertel sei der Zuschlag akzeptabel, beim Rest rät Ferrarese den Versicherten, auf die Mehrleistung zu verzichten.
Ist der Wechsel in einen regulären Tarif nicht möglich oder zu teurer, bleibt den Versicherten noch der Weg in den Standard- oder Basistarif. Beide Tarife sichern nur das Niveau der gesetzlichen Krankkassen ab. Allerdings gibt es Unterschiede:
- Der Standardtarif ist eine günstige Alternative für ältere Versicherte, die nicht zurück in die GKV können und für die ein regulärer Tarif zu teuer wäre. Ihn bekommen nur Versicherte, die bereits vor 2009 in der PKV waren, 65 Jahre oder älter sind und mindestens zehn Jahre in der PKV waren. Wer 55 Jahre oder älter ist, mindestens zehn Jahre in der PKV war, einen Zuschuss vom Arbeitgeber zur Krankenversicherung bekommt und maximal bei 53.550 Euro pro Jahr (Versicherungspflichtgrenze in der GKV) verdient, darf ebenfalls rein und wird so versorgt wie in der GKV.
- In den Basistarif, der Leistungen auf GKV-Niveau finanziert, können grundsätzlich alle Versicherten wechseln, die nach 2008 von einem privaten Versicherer aufgenommen wurden. Derzeit liegt der Höchstbeitrag bei 627,75 Euro monatlich.
Nicht drängen lassen
Wer erst 2009 oder später in die PKV gewechselt ist, kann zu einem anderen privaten Anbieter gehen, verliert dabei jedoch einen Teil der Alterungsrückstellungen. Dies lohnt sich nur, wenn die Beitragsersparnis den Verlust an Rückstellungen mehr als kompensiert. In der Regel ist das nur bei Versicherten der Fall, die erst seit wenigen Jahren privat versichert sind.
Wer 2008 oder früher zu einem privaten Versicherer gewechselt ist, büßt die kompletten Rückstellungen ein, ein Wechsel lohnt sich nicht. Tipp: Lassen Sie sich von einem Vermittler nicht zum Versichererwechsel drängen. Oft denkt der dabei mehr an seine Provision als an Ihre Interessen.
Statt Anbieter oder Tarif zu wechseln, können Versicherte, die nicht älter als 55 sind, zurück in die gesetzliche Kasse.
Rückkehrwillige können nachhelfen – so wie die von der Central gekündigte Andrea Lippmann. Als kein Versicherer sie aufnehmen wollte, verzichtete sie auf einen Teil ihres Gehalts und rutschte so unter die Versicherungspflichtgrenze. Die Techniker Krankenkasse nahm sie dann ohne Probleme auf.