Altersvorsorge Abkassieren mit Fondspolicen

Seite 2/4

Grafik: Marktführer und ihre Verflechtungen

Verlässt sich der Kunde nur auf den Rat des Vertreters oder Bankers, der ihm seine Police verkauft, werden ihm besonders gute Fonds mitunter vorenthalten. Das belegt eine aktuelle Studie der Ratingagentur Feri Euro Rating Services. Die Feri-Fondsexperten haben das Fondsangebot von 60 Lebensversicherern geprüft, die mehr als 90 Prozent des Marktes abdecken. Die Mehrheit der Fonds könne qualitativ nicht überzeugen, schreiben die Autoren. Bei den von den Versicherern angebotenen 3000 Fonds falle nur ein Viertel gemäß dem Feri-Fondsrating in die Kategorie sehr gut bis gut.

In der Auswertung fand Feri rund 500 Fonds von Deutsche-Bank-Töchtern wie dem Branchenprimus DWS. 45 von 60 Lebensversicherern arbeiten mit der DWS. Mit neun der zehn größten Fondspolicenanbieter hat die DWS eine Vertriebsvereinbarung. Und da auf diese Top-Anbieter allein 67 Prozent des Fondspolicenmarktes entfallen, wird auch die DWS entsprechend üppig versorgt. So verwaltet die Deutsche-Bank-Tochter schon heute mit zwölf Milliarden Euro rund jeden vierten Spar-Euro, der bereits in Fondspolicen eingezahlt wurde. Das hat einen simplen Grund: Deutschlands größte Fondsgesellschaft ist als Marke bekannt – nicht zuletzt durch den Einsatz von Oliver Kahn als Kopf einer Werbekampagne für den Fondsriesen.

Neben Platzhirsch DWS buhlen auch die amerikanischen Fondsriesen Fidelity und Franklin Templeton um Aufmerksamkeit bei Fondsverkäufern und Anlegern. So schaffen es die beiden ebenfalls auf die Verkaufslisten vieler Policenanbieter, ermittelte Feri. Erstaunlicherweise ist das Templeton-Fondsfossil, der vor 56 Jahren aufgelegte Templeton Growth, noch immer einer der meistgekauften Fonds in den Policen der Anbieter Allianz, Aspecta und auch Skandia.

Üppige "Kickbacks" für die Versicherer

Der internationale Aktienfonds hat das Vermögen der Anleger gut durch die Crashjahre 2000 und 2001 gebracht und sich dadurch einen untadeligen Ruf erworben. Nach einigen Fondsmanagerwechseln hat er in den vergangenen Jahren aber zunehmend abgewirtschaftet. Die Feri-Experten bewerten ihn nur noch als unterdurchschnittlich. Profis nennen die alten Modelle „Vintage-“ oder Jahrgangsfonds. Sie sind etwas abgenutzt, verkaufen sich aber immer noch gut, weil sie seit Jahren zur engen Auswahl der Finanzverkäufer zählen.

Fondshäuser zahlen Versicherern, wenn diese ihre Fonds in fondsgebundene Policen aufnehmen, üppige Rückvergütungen, im Branchenjargon „Kickbacks“ genannt. So zahlt die DWS aktuell 0,45 Prozent aus der jährlichen Verwaltungsvergütung des Aktienfonds Vermögensbildungsfonds I an Zurich. In einem anderen Angebot ist zu lesen: „Von den in die Fonds eingerechneten Kostenpauschalen erhält Zurich derzeit einen Anteil von 50 %.“

Mindestens die Hälfte davon müssen Versicherer zwar wieder ihren Kunden gutschreiben. Für die Konzerne bleibt aber genug hängen, wie das Beispiel Heidelberger Leben, früher MLP Leben, zeigt: Der auf Fondsprodukte spezialisierte Versicherer kassierte im vergangenen Jahr 25,5 Millionen Euro Rückvergütungen von Investmentfondsanbietern. Noch immer sind Vertreter des Finanzvertriebs MLP dem einst hauseigenen Versicherer sehr verbunden. Zum Beispiel der MLP-Berater von Anleger Jonathan Schlich*: Bei ansonsten „umfangreicher und kompetenter Beratung drängte der doch immer wieder auf einen Abschluss bei Heidelberger Leben“. „Fünf oder sechs“ Lebensversicherungen sammelte der selbstständige IT-Berater so zusammen, rund 1500 Euro zahlt er Monat für Monat ein.

Hohe Kostenbelastung

Der Stuttgarter Versicherungsberater Karl Eberhardt fällt nach einer Analyse von Schlichs Verträgen ein eher negatives Urteil: „Im Vergleich mit anderen Angeboten“ habe die Heidelberger Leben eine „relativ hohe Kostenbelastung“. So erhalte Schlich bei einer Kündigung nach knapp zwölf Jahren nur 56,7 Prozent seiner eingezahlten Beiträge zurück. „Eine Geldanlage sieht für mich anders aus“, schreibt Eberhardt. Insgesamt habe er in seiner Laufbahn schon mehr als 100 Verträge des Konzerns analysiert. „Nach allem, was ich bisher von Heidelberger Leben gesehen habe, war die Kostenbelastung immer vergleichsweise hoch“, sagt er. So würde Schlich aus seinem am längsten laufenden Vertrag, in den er in elf Jahren und sechs Monaten bereits 15.581 Euro eingezahlt hatte, heute bei vorzeitiger Auflösung nur 8840 Euro bekommen.

„Anhand der Zahlen sehe ich nicht, wie bis Vertragsende eine vernünftige Rendite zustande kommen soll“, fürchtet Schlich. Verluste müsse man am Kapitalmarkt zwar einkalkulieren. „Aber wenn die Versicherung so schlecht wirtschaftet und ein völliges Totalversagen an den Tag legt, dann ist das für meine Altersvorsorge doch eine Katastrophe.“ Die Heidelberger wollte sich aus Datenschutzgründen nicht zu dem Fall äußern, obwohl Anleger Schlich sich schriftlich damit einverstanden erklärt hatte.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%