Altersvorsorge Das sind rentable Alternativen zur Lebensversicherung

Garantierte Verluste bei der Lebensversicherung - die am weitesten verbreitete Altersvorsorge der Deutschen lohnt sich nicht mehr. Die gute Nachricht: Es gibt Alternativen. Und die können sich lohnen.

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Akten - Lebensversicherung Quelle: Fotolia

So anschaulich war die Misere der Lebensversicherer selten: Wollen Vorsorgesparer, die etwas älter als 50 Jahre sind, eine Riester-Versicherung abschließen, werden sie heute von den meisten Anbietern abgewiesen. Die Mindestverzinsung der Policen reicht nicht, um die berechneten Kosten aufzufangen, Anleger würden Geld verlieren. Und diese garantierten Verluste würden gegen die gesetzlich vorgeschriebene Regel verstoßen, dass Sparer am Ende mindestens ihre eingezahlten Beiträge auf dem Konto haben.

Bei herkömmlichen Renten- und Lebensversicherungen ist die Lage – unabhängig vom Alter der Neukunden – ähnlich mies, aber nicht so offensichtlich. Eine heute neu abgeschlossene Police wirft über 25 Jahre im Branchenschnitt noch schlappe 0,4 Prozent garantierte Rendite auf den gezahlten Beitrag ab, hat die Ratingagentur Assekurata ermittelt. Zwar bekommen Neukunden aktuell 1,25 Prozent Mindestzins versprochen. Doch den gibt es erst nach Abzug der Kosten, also nur auf den sogenannten Sparanteil.

Alternativen zur Lebensversicherung: breit gestreut sparen

Von den höheren, aber unverbindlichen Überschüssen sollten sich Interessenten nicht blenden lassen. Klar, noch schreiben die Versicherer mehr als den aktuellen Garantiezins gut. 2015 wird es im Schnitt aller Verträge 3,3 Prozent Zins auf den Sparanteil geben. Selbst Kunden mit garantierten 1,25 Prozent bekommen 3,2 Prozent. Doch dieser laufende Zins sinkt seit Jahren, und das immer schneller.

Der Befund ist eindeutig: Die Niedrigzinsen haben die mit 88 Millionen Verträgen häufigste Altersvorsorge der Deutschen zum Auslaufmodell gemacht. Lebensversicherer legen das Geld ihrer Kunden zu gut 90 Prozent zu festen Zinsen an und werden vom historischen Niedrigzins besonders hart getroffen. Eine zehnjährige Bundesanleihe brachte 1981 noch 11,4 Prozent Rendite pro Jahr; fast 34 Jahre später sind es nur noch mikroskopische 0,3 Prozent. Noch helfen den Versicherern höher verzinste Anleihen, die sie früher gekauft haben. Doch der durchschnittliche Garantiezins aller Kunden – aktuell rund drei Prozent – sinkt langsamer als die Zinseinnahmen. Schon in weniger als zehn Jahren könnten die laufenden Erträge deshalb nicht mehr reichen, um die Garantien zu finanzieren. Angesichts der ultralockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank ist Besserung nicht in Sicht.

Alternativen zur Lebensversicherung: Bonussparpläne

Weg zu mehr Rendite verbaut

Die alten Zinsversprechen von bis zu vier Prozent lasten milliardenschwer auf den Versicherern. Weil auch die Finanzaufsicht BaFin das weiß, zwingt sie die Versicherer, viel Geld zurückzulegen. Nur engt das deren Spielraum in der Kapitalanlage weiter ein. So können sie womöglich zwar die alten Versprechen erfüllen, sind für Neukunden jedoch schon jetzt unattraktiv. Seit 2003 haben sich die laufenden Einzahlungen von Kunden in neue Policen fast halbiert (siehe Grafik Seite 89). Sparer haben es mitbekommen: Nur alte Policen mit hohen Garantiezinsen und (bei Abschluss vor 2005) steuerfreier Einmalauszahlung rechnen sich noch, neue Verträge nicht.

Den Lebensversicherern ist der Weg zu mehr Rendite verbaut. Obwohl die Zinsen seit Jahrzehnten sinken, sind sie eher noch abhängiger vom Zins geworden. So hat die Generali Lebensversicherung ihre Aktienquote „kontinuierlich auf weniger als ein Prozent zurückgefahren“, berichtet Generali-Finanzvorstand Torsten Utecht. Von Kursgewinnen, der Dax hat in fünf Jahren gut 90 Prozent zugelegt, hatten Versicherte nichts. „Wir scheuen die möglichen Abschreibungsrisiken, die zwangsläufig mit einem umfangreichen Aktieninvestment verbunden sind“, sagt Utecht. Neue Kapitalvorschriften werden die Lebensversicherer in dieser Ansicht noch bestärken. Denn für Aktien müssen sie vom kommenden Jahr an mehr Geld vorhalten, damit Verluste nicht auf das für Kundenansprüche gebundene Kapital durchschlagen.

Jahresbeitrag neuer Versicherter.

Freies Kapital wird schon jetzt wegen der hohen Reserveforderungen der Aufsicht knapp. Bislang haben die Lebensversicherer über 20 Milliarden Euro in die Zinszusatzreserve gesteckt. Sie soll die Einhaltung der Zinsversprechen auch bei Dauer-Niedrigzinsen gewährleisten. Dieses Jahr dürften rund neun Milliarden Euro fällig werden. 2016 müssten die Lebensversicherer laut Ratingagentur Standard & Poor’s bei gleichbleibenden Zinsen dann schon zwölf Milliarden Euro zurücklegen – das wäre so viel, dass Versicherer gezielt Anleihen mit Kursgewinnen verkaufen müssten, um die Reserven aufzubauen zu können. Eine Aufweichung der Reserveregeln gilt deshalb als wahrscheinlich.

Verpflichtungen werden gestutzt

Wo es möglich ist, werden die Verpflichtungen der Versicherer – und damit die Ansprüche der Kunden – schon gestutzt. Ein neues Gesetz hat ausscheidende Kunden getroffen. Dabei geht es um die stillen Reserven aus Anleihen, sogenannte Bewertungsreserven in Höhe von 57,8 Milliarden Euro Ende 2013. Weil die Zinsen fielen und alte, hoch verzinste Anleihen wertvoller wurden, sind diese Reserven 2014 noch deutlich gestiegen. Bevor die Lebensversicherer sie aber wie früher zur Hälfte an ausscheidende Kunden auskehren, müssen sie vorher nun berechnen, wie viel Geld sie künftig brauchen, um die Kunden bedienen zu können. Das ist angesichts eines niedrigen Vergleichszinses (derzeit unter 0,7 Prozent) sehr viel Geld. Deshalb greift nun branchenweit ein Ausschüttungsstopp bei Bewertungsreserven.

Von den zehn größten Lebensversicherern bestätigten die Allianz, R+V, AachenMünchener, Generali, Debeka, Cosmos, Ergo, Axa und Bayern-Versicherung, derzeit keine von der Neuregelung betroffenen Reserven aus Festverzinslichen mehr an Kunden ausschütten zu dürfen. Eigentlich sollten betroffene Versicherer auch keine Dividenden mehr an ihre Anteilseigner überweisen dürfen. Doch das Gesetz lässt ein Schlupfloch. So hat die Allianz Leben zum Beispiel einen Gewinnabführungsvertrag mit der Allianz Deutschland AG geschlossen – Versicherer können das Ausschüttungsverbot so umgehen.

Um die Lage etwas zu entspannen, brachte die Bundesregierung vergangene Woche eine Verordnung auf den Weg, die es Versicherern erlaubt, alte Reserven, die mit den Beiträgen von vor 1994 eingestiegenen Kunden aufgebaut worden sind, künftig auch für Ausschüttungen an später eingestiegene Kunden zu nutzen. Dabei geht es um etwa 15 Milliarden Euro.

Große Versicherungskonzerne nutzen außerdem Quersubventionierungen, um die Kapitaldecke ihrer Lebensversicherer zu stärken. Obwohl Versicherungssparten streng getrennt geführt werden müssen, stützen dann die Sachversicherer, etwa Haftpflicht- oder Autoversicherer, die Lebensversicherer. „Die Sachversicherer sind meist deutlich besser kapitalisiert als Lebensversicherer“, sagt Johannes Bender von der Ratingagentur Standard & Poor’s. Sachversicherer können eine Dividende an den Mutterkonzern zahlen, der das Geld dann für den Lebensversicherer nutzt.

Um etwas mehr Rendite rauszuholen, kaufen Versicherer höher verzinste länger laufende Anleihen. Nach Daten des Branchenverbands GDV ist die Restlaufzeit der gehaltenen Anleihen seit 2009 von neun auf knapp zwölf Jahre gestiegen. Risiko: Steigen die Zinsen, wären die Lebensversicherer länger an diese dann relativ schlecht verzinsten Anleihen gebunden. Zusätzlich sollen Unternehmensanleihen und Infrastruktur – von Autobahnen bis hin zu Stromleitungen – den Versicherern mehr Rendite bringen. Weil die aber riskanter sind als Staatsanleihen, machen sie nur einen Bruchteil der Kapitalanlagen aus.

Versicherer lotsen Neukunden daher in Policen ohne Garantiezins, die Allianz etwa in ihr Produkt „Perspektive“. Bei den neuen Policen fließt das Geld der Kunden in den gleichen Topf wie das der alten Kunden. Einen jährlichen Mindestzins auf den Sparanteil gibt es meist nicht. Stattdessen wird nur garantiert, dass zu Ruhestandsbeginn wenigstens die Summe der Einzahlungen erhalten ist. Die größere Freiheit wollen Versicherer nutzen, um risiko- und ertragreicher zu investieren.

Der Ansatz ist richtig. Doch ob er im Anlageuniversum der Lebensversicherer mit ihrer starken Zinsabhängigkeit gelingt, ist fraglich. Sparer können auf Garantien auch gänzlich verzichten – angesichts von 20 bis 30 Jahren Laufzeit schützt der rein nominale Erhalt der Einzahlungen ohnehin kaum.

Ein Depot aus Aktien, Anleihen, Gold und Tagesgeld bietet bessere Renditeaussichten und Stabilität (siehe Tabelle). Kostenlose Depots und günstige Sparpläne, mit denen regelmäßig Indexfonds bespart werden können, helfen dabei. Hätte ein Sparer nach der Musteraufteilung seit 2010 monatlich 200 Euro gespart und die Depotanteile jährlich auf das Ausgangsniveau gebracht, käme er bislang auf 5,4 Prozent Rendite nach Steuern und Gebühren. Aus 12 400 Euro wären 14 260 Euro geworden.

Wer Kursrisiken partout vermeiden will, geht zu Banken und Baugenossenschaften, die Bonussparpläne anbieten. So wirft ein Sparplan der Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 zum aktuellen Basiszins über 25 Jahre 2,9 Prozent Gesamtrendite ab. Die stammen vor allem aus langsam steigenden Boni auf die jährliche Sparrate. Selbst wenn der variable Basiszins ausfallen würde, blieben dank Boni noch zwei Prozent Rendite. Gegen 300 Euro Einlage können Sparer aus dem Bundesgebiet Mitglied werden.

Anders als bei der Lebensversicherung kommen Anleger hier mit dreimonatiger Frist auch wieder problemlos an ihr Geld, ohne Verluste fürchten zu müssen.

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